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Glück, ich sehe dich anders

Glück, ich sehe dich anders

Titel: Glück, ich sehe dich anders Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Ahrens
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den Katzen der Nachbarn unterwegs. Ich erinnere mich, dass er irgendwann einmal um die Ecke der Terrasse lugte, sich abwandte, noch einmal schaute … Und seither hatten wir ihn nie wieder gesehen. Vielleicht fühlte er sich ausquartiert, vernachlässigt, und er hatte sich ein neues Zuhause gesucht. Vielleicht war er überfahren worden, aber wo sollte ich ein Jahr später nach ihm suchen? Ich behielt ihn so in Erinnerung, wie ich ihn das letzte Mal gesehen hatte.
    Im Frühling fuhren meine Freundin Regina und ich für ein paar Tage zu ihrer Tante Inge nach Ostfriesland. Die Kinder wurden von Rolf und Oma Karin versorgt. Regina und ich waren als Teenager oft bei ihrer Tante gewesen, hatten dort, auf dem alten Bauernhof mit Pferden und Hühnern, unsere Ferien verbracht.
    Wir genossen die Zeit dort. Ich schlief morgens bis zehn Uhr, dann gab es ein ausgiebiges Frühstück. Wir unternahmen Radtouren, gingen viel spazieren und bummelten durch die angrenzenden Orte. Die paar Tage waren viel zu kurz. Wir nahmen uns vor, öfter hinzufahren und dann etwas länger zu bleiben. Auf einmal geschah wieder ein Zwischenfall. Louise hatte eines Morgens kleine rote Pünktchen am Körper. Es sah aus wie beim Ausbruch der Leukämie, so als hätte sie jemand am ganzen Körper mit einer dünnen Nadel gestochen. Ich hatte solche Angst. Panik stieg in mir auf. Ich sah uns schon wieder auf der Kinderkrebsstation, Infusionen, Chemotherapie, womöglich noch Knochenmarktransplantation oder sogar das Ende von allem … Ich sah schon die Beerdigung vor mir und den kleinen Sarg. Meine Freundinnen versuchten mich zu beruhigen, aber das Schicksal hatte zu oft zugeschlagen. Ich konnte mich nicht beruhigen, malte mir das Schlimmste aus. Wir fuhren mit Louise ins Krankenhaus zur Blutuntersuchung.
    Es vergingen Stunden, bis wir das Ergebnis bekamen. Ich umsorgte Louise in diesen Stunden besonders liebevoll, fotografierte sie, bis der Film voll war, als wäre es das letzte Mal, dass ich dazu Gelegenheit hatte. Ich beobachtete sie die ganze Zeit, schaute sie an. So ein umwerfend hübsches Mädchen mit so viel Charme. Ich ließ Wasser in beide Planschbecken laufen, ließ sie mit Loreen darin spielen, danach aß sie sich an Pommes frites mit Ketchup satt und sah schließlich völlig verschmiert, aber glücklich aus. Dann kam der Anruf vom Krankenhaus. Als es klingelte, fuhr ich zusammen, zitterte am Körper. Rolf ging an den Apparat, und als er die Werte auf einem Zettel notierte, da fiel mir ein riesengroßer Stein vom Herzen. Ich war unendlich erleichtert und drückte meine kleine Louise. Es war nichts Beunruhigendes an ihrem Blutbild zu erkennen. Trotzdem mussten wir die Blutwerte weiter beobachten lassen. Meine Güte, welche Ängste hatten wir zu durchleben und wie erleichternd und befreiend war eine gute Nachricht!

BELOHNUNG
    M ein Erziehungsurlaub endete an Loreens drittem Geburtstag. Ich sollte genau an ihrem Ehrentag meine Arbeit im Büro aufnehmen. Wenige Wochen zuvor erhielten wir überraschend die Zusage für eine Betreuung beider Kinder am Vormittag, fünf Tage pro Woche. Ich jubelte vor Freude. Plötzlich klappte alles so, wie wir es uns gewünscht hatten: Rolf konnte den ganzen Tag arbeiten, ich einen halben Tag, die Kinder wurden vormittags im Haus betreut. Es war eine Art Kindergartenersatzbetreuung, die uns das Jugendamt unseres Kreises ganz unbürokratisch bewilligte und vollständig finanzierte – und zwar so lange, wie sich Louise noch in der Dauertherapie befand und bis für beide Kinder ein Integrationsplatz frei wurde.
    Unser ganzer Einsatz, die vielen Stunden für allen Schriftwechsel, für das Betteln an verschiedenen Bürotüren hatten endlich genutzt. Zusätzlich bewilligte uns die Krankenkasse die höchste Stufe von Leistungen aus der Pflegeversicherung für Louise, bis die Dauertherapie komplett überstanden war. Rolf und ich würden Abwechslung durch die Arbeit, eine fürsorgliche Betreuung für beide Kinder bis zur Kindergartenzeit und keine finanziellen Sorgen mehr haben.
    Die Betreuerin kam zunächst einmal pro Woche, um sich an die Kinder zu gewöhnen und die Kinder an sie. Die ersten Male klappte alles prima, dann jedoch verweigerten die Kinder das Essen. Sie wollten nur in meinem Beisein frühstücken und etwas trinken. Ich wollte die Mädchen an diesem Tag allein mit der Betreuerin lassen, musste jedoch nun zu den Essenszeiten anwesend sein. Es schlich sich wieder das schlechte Gewissen bei mir ein, ob es richtig war,

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