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Glück, ich sehe dich anders

Glück, ich sehe dich anders

Titel: Glück, ich sehe dich anders Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Ahrens
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zurück. Es gab wieder mal nur eine Möglichkeit: Oma Karin musste vormittags auf die Kinder aufpassen, bis die Kindergartenzeit begann. Als Rolf im Winter wegen schlechter Auftragslage wieder arbeitslos war, konnte er die Kinder betreuen.
    Wir hatten gerade einen guten Rhythmus gefunden, als wir die Nachricht erhielten, dass in der Integrationsgruppe des Kindergartens in der Nähe zum nächsten Sommer nur ein Platz frei werden würde. Jetzt hieß es also: schnell wieder alles umorganisieren. Aber darin waren wir ja geübt. Unsere beiden Mädchen bekamen schon zu Ostern des Folgejahres zwei Integrationsplätze in einem Kindergarten zugesagt, der sich im gleichen Ort wie meine Arbeitsstätte befand. Leider gab es dort keinen Fahrdienst für die behinderten Kinder, aber der Kindergarten lag genau auf meinem Weg zur Arbeit. So konnte ich die Kinder morgens selbst bringen und mittags wieder abholen. Zwischen dem Ende meiner Arbeitszeit und dem Abholen der Kinder hatte ich zwar eine Stunde zur Verfügung, aber die wollte ich für Einkäufe oder andere Erledigungen nutzen.

DIE LIEBEN BEHÖRDEN
    I ch hatte meinem Chef frühzeitig mitgeteilt, dass kurz nach meinem Arbeitsbeginn noch eine Kur für die ganze Familie geplant sei. Sie vorzuziehen war leider nicht möglich gewesen. Mein Chef hatte den Umstand akzeptiert. Diese Kur – unsere zweite – war allerdings nicht leicht durchzusetzen. Die Krankenkasse bewilligte für mich und die Kinder eine Reha-Maßnahme und eine erweiterte Betreuung für die Kinder im Kurkindergarten, da die Pflege und Aufsicht unserer Mädchen besonders gewährleistet sein mussten. Für Rolf wurde der Kurantrag seitens der zuständigen Behörden – des Rententrägers – abgelehnt.
    Die Bürokraten saßen auf ihren Bürostühlen und handelten ihre Fälle nach Aktenlage ab. Aus den Papieren war wohl nicht ersichtlich, dass Rolf genauso wie ich nervliche Belastungen hatte. Die Untersuchung von Rolf hatte nur leichte Rückenbeschwerden und Migräne ergeben. Dies jedoch konnte man zu Hause mit Massagen, Krankengymnastik und Tabletten behandeln. Doch wir gaben nicht auf. Wir mussten wieder einmal einen großen Verwaltungsakt in Gang setzen, um die Leistungen, die uns zustanden, zu erkämpfen. Jeder Übergewichtige, jeder Alkoholiker, jede allein erziehende Mutter bekam eine Kur verordnet. Wer, wenn nicht wir, sollte denn noch zur Kur fahren?
    Rolf musste zur Psychologin, um sich bescheinigen zu lassen, dass seine Gesundheit und sein weiteres Berufsleben gefährdet waren, wenn er jetzt nicht bald eine Kurmaßnahme wahrnahm, um wieder Kraft für sich und die Familie zu tanken. Mit dem Schriftwechsel beauftragten wir die Hilfsstelle vom Ministerium, die uns schon häufig mit Rat und Tat zur Seite gestanden hatte. Von unserem Rententräger erhielten wir eine Absage. Zunächst hieß es, Rolf sei nicht kurfähig, da er nervlich nicht so belastet sei wie ich. Als wir in Widerspruch gingen, hieß es, da Rolf nun wieder über den Winter arbeitslos sei, brauchte er nicht zu Kur, da kein Bedarf bestünde, mit einer Kurmaßnahme Arbeitskraft zu sichern. Das hatten die sich fein ausgedacht. Als wir den Antrag für eine Kur stellten, war Rolf noch voll berufstätig gewesen. Doch die Behörden waren mal wieder im Irrtum. Rolf fand gerade wegen der belastenden Familiensituation keine feste Anstellung. Er brauchte dringend eine Auszeit, um aufzutanken, auch für eine neue Anstellung.
    Ich fühlte mich schlecht. Wir waren doch keine Schmarotzer! Ich malte mir aus, wie diese Bürokraten über uns lästerten. Vielleicht sagten sie: »Ein Arbeitsloser mit zwei behinderten Kindern und einer nervenschwachen Ehefrau, was will der denn jetzt auch noch zur Kur? Kann sich doch schön ein paar freie Tage zu Hause machen. Aber stattdessen will der auch noch auf Kosten des Staates in Kurlaub.«
    Etwas ironisch gemeint hatten wir dem Kurantrag für die Behörden noch beigefügt, dass wir sehr kurreif seien, da der ganze Behördenärger und der Ärger mit den Gutachtern, die unsere Kinder in Pflegestufen eingruppieren sollten, uns so sehr zermürbe – und auch dies sei ein gravierender Grund, zur Kur zu müssen.
    Plötzlich kam die Kurbewilligung für die ganze Familie von der Krankenkasse. Es gab dort einen sehr engagierten Sachbearbeiter und eine ebenso tatkräftige Sachbearbeiterin, die uns unterstützten. Na bitte! Im Schreiben stand, dass die Kasse es unbedingt befürworte, dass wir zusammen eine Familienkur machen. Nun konnten

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