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Glück muß man haben

Glück muß man haben

Titel: Glück muß man haben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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an, der ihren Blick ohne erkennbare Regung erwiderte. Gerade deshalb hätte Marianne gern gewußt, was hinter seiner Stirn vorging. Ihm den Gleichmut abzunehmen, den er zur Schau trug, fiel ihr nicht leicht.
    Eine kleine Gruppe Betrunkener zog singend über die Straße, ohne den Signalen der Ampel Rechnung zu tragen. Autos mußten scharf abbremsen; ihr grelles Hupen erzielte auf Seiten der Sangesbrüder nur Belustigung. Niemand regte sich über das Schauspiel besonders auf. Als dann Marianne und Wilhelm – bei Grün – die Straße überquert hatten, ging sie ein Mann, der auch nicht mehr fest auf den Beinen war, um Feuer an.
    »Habt ihr ein Streichholz für mich?« fragte er.
    Wilhelm war Nichtraucher.
    »Nein«, sagte er.
    »Deine Alte auch nicht?«
    Marianne, die sich den ganzen Weg wieder bei Wilhelm eingehängt hatte, spürte, wie sich sein Arm anspannte.
    »Kommen Sie«, sagte sie eindringlich.
    Die Explosion entlud sich dadurch nicht. Marianne und Wilhelm gingen weiter und sahen nicht mehr, daß ihnen der Mann wütend seine Zigarette, die er kalt zwischen den Fingern gehalten hatte, nachwarf.
    »Brav«, sagte Marianne, Wilhelms Arm drückend.
    Wilhelm schwieg. Marianne spürte, daß es ein verbissenes Schweigen war.
    »Lassen Sie die doch reden«, fuhr sie deshalb fort. »Kümmern Sie sich nicht um so etwas.«
    »Können ich nicht dulden Beleidigung gegen Dame«, sagte er, »wenn stehen sie unter meinem Schutz.«
    Marianne hängte sich noch stärker bei ihm ein, legte sogar beim Gehen ihren Kopf kurz an seine Schulter.
    »Ich weiß ja, daß Sie mich verteidigen wollen«, sagte sie. »Und das genügt mir vollkommen.«
    »Aber mir nicht genügen vor mir selbst. Ich haben das Gefühl, daß ich sein nicht richtiger Mann, wenn das dulden. Verstehen Sie?«
    »Ach, Wilhelm, reden Sie doch keinen solchen Unsinn.«
    »Doch, Marianne! Deshalb aber ich nicht sein Schläger, wie Sie heute schon behaupten zu mir. Zu mir die Leute können alles sagen – oder fast alles – und mir das sein egal, ich fühlen keine Beleidigung. Sein das aber ganz andere Sache, wenn Beleidigung gegen Sie. Dann ich werden in meinem Inneren ganz … ganz …«
    Er suchte nach einem Wort.
    »Furchtbar«, half ihm Marianne.
    »Ja«, nickte er.
    »Das sollen Sie aber nicht.«
    »Das ich müssen. Ich nicht anders können.«
    »Auch, wenn ich Ihnen sage, daß ich mich dann vor Ihnen ebenfalls fürchte?«
    Das war ein Schlag ins Kontor, den Wilhelm nicht fassen konnte.
    »Sie … furch… fürchten mich?« stotterte er.
    »Dann ja«, fuhr sie fort, ihn sich zurechtzubiegen.
    »Aber sein das große Wahnsinn von Ihnen.«
    »Trotzdem! Auch ich kann nicht anders, Wilhelm – wie Sie!«
    Daran hatte er nun zu kauen. Marianne ließ ihm dazu Zeit. Sie lief ein paar Minuten schweigend neben ihm her, ehe sie sagte: »Ich kann mir aber nicht denken, daß daran unsere Beziehung zerbrechen soll.«
    Dieser geschwollene Satz paßte gar nicht zu ihr und zu der Welt, aus der sie kam. Er entstammte dem Roman des Adels, von dem Wilhelms Anruf sie heute abend weggeholt hatte.
    Wilhelm schickte seiner Antwort einen tiefen Seufzer voraus. Dann sagte er etwas ungewollt Komisches.
    »Sie mich entmannen, Marianne.«
    Weiß der Teufel, wo er diesen Ausdruck, dessen Sinn er fälschlicherweise im Psychischen statt im Physischen suchte, aufgegabelt hatte.
    Für Marianne war eine schwierige Lage entstanden. Sie mußte unwillkürlich lachen, aber wie sollte sie ihm erklären, warum sie lachte? Sie wäre dabei vor der Aufgabe gestanden, im Gespräch den Begriff ›Kastration‹ aufzuhellen, und das verbot sich einem gesitteten jungen Mädchen ganz eindeutig. Zum Glück enthob Wilhelm selbst sie der Zwickmühle, in der sie steckte, indem er auf gar keine Antwort mehr wartete, sondern unbefangen fortfuhr: »Sie mich um Finger wickeln wie Wachs in Hand.«
    Auch das hätte zu einer sprachlichen Aufdröselung herausgefordert, doch Marianne erwiderte, sich freuend, nur: »Wir verstehen uns also?«
    »Ja.«
    »Prima.«
    Ein rascher fester Armdruck belohnte ihn. Zum erstenmal erlaubte er sich, gegenzudrücken.
    »Wilhelm«, sagte dann Marianne.
    »Ja?«
    »Mir geht Ihre Miete nicht aus dem Kopf. Wer bezahlt die?«
    Wilhelm schien die Frage nicht verstanden zu haben.
    »Meine Miete?« erwiderte er.
    »Ja.«
    »Wer die bezahlt?«
    »Ja.«
    »Ich. Wer sonst?«
    Nun hatte Marianne dieses Kapitel schon einmal angeschnitten, nun fuhr sie auch fort: »Und woher haben Sie das Geld?«
    Wilhelms

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