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Glück muß man haben

Glück muß man haben

Titel: Glück muß man haben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Verwunderung wuchs.
    »Woher haben man Geld? Von Arbeit.«
    »Sie arbeiten?«
    »Natürlich.«
    Marianne atmete ganz tief auf. Und sie preßte sich so fest an ihn, daß er, weil er nicht darauf gefaßt war, ein bißchen zur Seite weichen mußte.
    »Ach, Wilhelm!« stieß sie glücklich hervor.
    Das hätte ich einen Tag früher wissen müssen, dachte sie, um gewappnet zu sein. Ein halber Tag hätte auch schon genügt.
    »Was ist?« fragte Wilhelm.
    »Nichts.«
    »Doch«, widersprach er. »Ich ahnen.«
    »Was?«
    »Sie sich freuen.«
    »Ja.«
    »Weil Sie denken an Sprichwort, nämlich: Man sollen nicht werfen alle in eine Korb.«
    »Topf.«
    »Bitte?«
    »Topf – nicht Korb, Wilhelm.«
    »Danke.«
    »Aber von diesem kleinen Fehler abgesehen«, sagte Marianne, ihn anstrahlend, »haben Sie einen Nagel hundertprozentig auf den Kopf getroffen.«
    Ihre Freude war so groß, daß sie ihren eigenen Kopf – oder was immer – verlor und hinzusetzte: »Ich will jetzt noch nicht nach Hause gehen, sondern ich möchte mit Ihnen noch eine Tasse Kaffee trinken.«
    »Wo?« stimmte Wilhelm natürlich sofort zu. »In Bahnhofswartesaal? Sein nahe.«
    »Nein, auf Ihrem Zimmer.«
    »Was?«
    Wilhelm war wie vom Blitz getroffen stehengeblieben.
    »Oder nicht?« fragte ihn Marianne und zog ihn weiter.
    »Doch.« Mehr erlaubte ihm der plötzliche Gedankenwirbel in seinem Kopf nicht.
    Marianne wollte vor der eigenen Courage nicht mehr zurückschrecken.
    »Ich sehe, Sie sind überrascht«, sagte sie.
    »Sie wollen trinken Tasse Kaffee«, antwortete Wilhelm, dem immer noch nichts Besseres einfiel. »Das nicht sein möglich bei mir.«
    »Warum nicht? Sie sagten doch, daß Ihnen Ihre famose Frau Krupinsky jederzeit heißes Wasser abtritt? Was brauchen wir sonst noch? Milch. Zucker. Fehlt's Ihnen daran?«
    »Nein, an Kaffee.«
    Ehe dies jedoch Mariannes grandiose Idee total scheitern lassen konnte, setzte Wilhelm, seine Fassung zurückgewinnend, rasch hinzu: »Aber Tee haben ich. Guten schwarzen Tee. Noch aus Rußland. Für Samowar. Auch gut ohne Samowar.«
    Nun gab es nur noch ein letztes potentielles Hindernis: Frau Krupinsky. Wie stellte sie sich zu Damenbesuch nach zehn Uhr abends? Legte sie sich quer? Kam das heutzutage überhaupt noch vor?
    Diese Frage blieb ungeklärt, vorläufig jedenfalls, denn Frau Krupinsky trat nicht in Erscheinung. Entweder schlief sie und hörte nichts. Oder sie war gar nicht zu Hause. Oder sie bekam mit, was los war, und hatte nichts dagegen einzuwenden. Letzteres hätte ihr Wilhelm aber auf alle Fälle auch angeraten, oder sie hätte einen anderen Untermieter kennengelernt als den gutmütigen, netten, immer freundlichen jungen Mann, mit dem sie es bisher zu tun gehabt hatte.
    »Bitte nicht sein erschreckt«, sagte Wilhelm zu Marianne, als er seine Tür aufdrückte und den Blick in das Zimmer freigab. »Überall Spuren sehen Sie von eine Junggesellen.«
    Das stimmte auch. Das Zimmer war zwar sauber – insofern zeigte sich die allwöchentliche Hand der Wirtin –, aber es ließ die nötige Ordnung vermissen. Kleidungsstücke, die in den Schrank gehört hätten, lagen herum. Auf dem Tisch häuften sich Zeitungen und Zeitschriften, die nicht mehr die neuesten waren. Zwischen zwei Blumenstöcken am Fenster sah Marianne einige Bücher liegen, auf die sie gleich lossteuerte. Es war aber nicht das, was sie zu sehen hoffte, nämlich Unterhaltendes, sondern es war Lernmaterial – der Duden, ein deutsches Wörterbuch, eine Grammatik. Das Wörterbuch war am abgegriffensten und ließ dadurch seine Priorität erkennen, die ihm von Wilhelm zuerkannt wurde, da es ihm am wichtigsten erschien, sich einen rasch wachsenden Wortschatz anzueignen. Wenn er den einmal hatte, konnten Orthographie und Grammatik nachfolgen. Dieses Bild bot sich ja auch sehr anschaulich jedem, der Wilhelm Thürnagel sprechen hörte. Die Lücken, die sein Wortschatz aufwies, wurden von Tag zu Tag geringer; mit dem anderen lag es freilich noch sehr im argen.
    »In letzte Zeit«, sagte er, auf die Bücher zeigend, »ich sie nachlässigen.«
    Er meinte: vernachlässigen.
    »Ich nicht lernen«, fuhr er grinsend fort. »Sitzen in ›Sonnenblume‹.«
    »Das ist wahr«, sagte Marianne auch vergnügt.
    »Ich haben schlechte Gewissen und mir selbst versprechen in jede Woche, daß nachholen mit Lernen wieder, wenn ›Sonnenblume‹ haben Ruhetag.«
    »So wie heute«, nickte Marianne, sich das Lachen verbeißend.
    »So wie heute.«
    »Das muß anders

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