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Glück muß man haben

Glück muß man haben

Titel: Glück muß man haben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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das Alleinsein.«
    Wilhelm verstummte.
    »Oder sind Sie anderer Ansicht?« fragte Marianne.
    »Nein.« Mehr sagte Wilhelm nicht.
    In das Wartehäuschen gingen die beiden dann nicht mehr zurück. Die Stimmung dazu war ihnen abhanden gekommen. Außerdem wurde es nun langsam auch wirklich schon kühl. Wilhelm hatte keine Ahnung, in welchem Teil der Stadt sie sich befanden, aber Marianne kannte ja sozusagen jedes Haus. Nach einigen Schritten blieb sie noch einmal stehen, wandte Wilhelm ihren Rücken zu und sagte: »Ihre Jacke, nehmen Sie sie.«
    Das kam natürlich nicht in Frage für ihn. Ein kleiner Streit entbrannte, in dem erwartungsgemäß Marianne unterlag. Bis vor ihre Haustür wolle er, erklärte Wilhelm energisch, über diese lächerliche Angelegenheit kein Wort mehr verlieren.
    Marianne machte einen halbherzigen Vorschlag.
    »Wir können auch mit dem Bus fahren.«
    »Wenn sein lieber Ihnen, ja.«
    »Ich würde eigentlich noch ganz gern ein bißchen laufen«, sagte sie mit schmerzenden Füßen.
    »Ich auch«, strahlte er.
    Unterwegs erinnerte der Mond die beiden noch einmal an die Vereinbarung, die sie getroffen hatten.
    »Sie nicht vergessen das Gedicht?« sagte Wilhelm.
    »O nein«, beteuerte Marianne, »ich besorge es Ihnen ganz bestimmt.«
    »Wann?«
    »Sobald ich ein Buch finde, in dem es steht.«
    »Gut«, nickte er zufrieden. »Sie wissen, wo stehen; Sie rasch finden das Buch. Wir uns also sehen früh wieder.«
    »Bald.«
    »Bitte?«
    »›Bald‹ heißt das. Wir sehen uns bald wieder. ›Früh‹ würde etwas anderes bedeuten.«
    »Danke.«
    »Lesen Sie gern, Wilhelm?«
    »Viel.«
    Das bedurfte einer näheren Erklärung. ›Viel‹ war etwas anderes als ›gern‹.
    »Wenn ein Mensch sein allein«, fuhr Wilhelm fort, »dann viel lesen. Sitzen auf Zimmer und lesen, auch wenn nicht immer gern. Was sonst machen?« Er zuckte die Achseln. »Oder Hund haben.«
    Marianne blickte ihn von der Seite an. Er lächelte ein bißchen bitter.
    »Deshalb ich wissen«, sagte er, »was bedeuten Alleinsein. Mich müssen das niemand fragen.«
    »Aber Wilhelm!« stieß Marianne, die sich angegriffen fühlte, hervor. »Sie können doch jederzeit zu uns in die ›Sonnenblume‹ kommen. Das wissen Sie, und außerdem«, setzte sie hinzu, »lasse ich mich von Ihnen gerne auch wieder zu einem Kinobesuch einladen.«
    Wilhelms bitteres Lächeln wandelte sich um in ein belustigtes Grinsen. »So wie heute, Marianne?«
    Sie lachten beide.
    Der Moment der Trennung rückte näher. Sie hatten nicht mehr weit bis zu Mariannes Elternhaus. An der Kreuzung Bahnhofstraße/Weststraße, über die noch lebhafter Verkehr flutete, sagte Wilhelm: »Aber nächstes Mal nicht vergessen Mantel, bitte. Dann können noch länger dauern Spaziergang.«
    Marianne sah auf die Uhr.
    »Mutter wartet schon jetzt auf mich«, sagte sie.
    »Alle Mütter sein gleich«, meinte seufzend Wilhelm.
    »Wie wohnen eigentlich Sie, Wilhelm?«
    »Nicht weit von Bahnhof.«
    »Das weiß ich. – Wie habe ich Sie gefragt, nicht wo.«
    »Wie?«
    »Ja. Schön? Oder weniger schön?«
    Wilhelm wiegte den Kopf.
    »Schön und weniger schön.«
    »Was heißt das?«
    »Schön heißen, daß Zimmer sein sauber; daß Frau Krupinsky geben gutes Frühstück; und daß holen ich können jederzeit heißes Wasser aus Küche. Frau Krupinsky haben nichts dagegen, wenn sie sein zu Hause; sie sein gute Mensch.«
    »Und was ist weniger schön?« fragte Marianne.
    »Weniger schön sein, daß Fenster gehen hinaus zum Bahnhof – dadurch Zimmer laut; und daß Frau Krupinsky nicht glauben, daß ich sein Deutscher.«
    »Wie?« antwortete Marianne. »Sie glaubt nicht, daß Sie Deutscher sind?«
    »Nein.«
    »Sie müssen ihr das sagen!«
    »Schon hundertmal.«
    »Und?«
    »Sie nicht glauben. Sie hören mich sprechen deutsch und sagen, das sein Beweis für sie.«
    »Blödes Weib!« regte sich Marianne auf.

Wilhelm winkte ab.
    »Sie sein wie viele.«
    »Was verlangt sie denn als Miete?«
    »Dreihundertzwanzig Mark.«
    »Waaas?« rief Marianne. »Mit oder ohne Frühstück?«
    »Ohne.«
    »Wahnsinn! In Gelsenkirchen! Und da bezeichnen Sie diese Wucherin als guten Menschen?«
    »Doch«, erwiderte Wilhelm aus Überzeugung. »Sollen ich Ihnen sagen, warum?«
    »Ja, das würde ich gerne wissen.«
    »Weil sie glauben, ich sein Ausländer, und sie mir trotzdem geben Zimmer für dreihundertzwanzig Mark. Normalerweise Ausländer müssen zahlen noch viel mehr.«
    Marianne verstummte. Sie sah mit fragenden Augen Wilhelm

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