Glücklich gestrandet
…«
»Nein!«
Dora trat hinter ihre Freundin. »Nein«, wiederholte sie sanfter, aber genauso entschieden.
Jo gab es auf und nippte an ihrem Pimm’s. Das Glas enthielt jetzt hauptsächlich Wasser von dem geschmolzenen Eis.
»Jo«, begann Bill, »darf ich dir ein Glas Wein einschenken? Philip ist beschäftigt.«
»Danke«, flüsterte sie und räusperte sich. Sie durfte nicht so nervös klingen, wie sie sich fühlte, das war würdelos für eine Frau ihres Alters – und mit ihrem neuen BH wahrscheinlich auch unnötig.
»Darf ich mir deinen Garten ansehen?«, bat Marcus plötzlich.
»Natürlich!«, antwortete Jo, begeistert über den Gedanken, ein paar Minuten lang seine beunruhigende Gegenwart nicht ertragen zu müssen. Sie machte eine weit ausholende Handbewegung. »Tu dir keinen Zwang an!«
»Nein«, erwiderte er entschieden, »ich möchte, dass du ihn mir zeigst.«
»Wir werden die Dinge hier im Auge behalten«, sagte Miranda gut gelaunt.
»Wollt ihr nicht auch mitkommen?«, erkundigte sie sich.
»Oh nein, Gärten sind an mich verschwendet. Ich werde mich von Philips Grillkünsten überzeugen und dafür sorgen, dass Bill immer wieder nachschenkt.« Miranda lächelte ermutigend – für die aufgewühlte Jo war es wie das Lächeln einer Anstandsdame, die ihrem Mündel die Erlaubnis gab, mit einem überaus wünschenswerten Partner zu tanzen.
Ihr blieb nichts anderes übrig: Sie würde Marcus durch ihren Garten führen und mit ihm allein sein müssen – buchstäblich zum ersten Mal, seit sie aus demselben Bett gestiegen waren. Es wäre einfacher gewesen, hätte sie nicht immer das Gefühl gehabt, dass Gärten besonders sinnliche Orte waren. Es waren der Duft, die samtigen Texturen, das sanfte Rascheln hie und da – all diese Dinge ließen Jo schwach werden, selbst wenn sie nicht mit einem Mann zusammen war, mit dem sie kürzlich eine ihr Leben verändernde sexuelle Erfahrung gemacht hatte. Trotz der Wärme des Tages schauderte sie.
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Kapitel 27
S ie geleitete ihn den Pfad entlang und wünschte zum ersten Mal, sie hätte ihn nicht so angelegt, dass er auf dem längstmöglichen Weg durch den ganzen Garten führte und an einer Bank an einem abgeschiedenen Fleckchen endete. Eine Rose, die längst hätte zurückgebunden werden sollen, hing darüber und schuf einen Ort wohlduftenden Schattens. Ihr graute davor, diese Bank zu erreichen – ihre Gefühle würden vielleicht explodieren. Jo empfand immer noch genauso für ihn wie zuvor, aber sie fragte sich trotzdem, ob er das, was er an jenem Abend gesagt hatte, ernst gemeint hatte. Sie hatte sich eingeredet, dass es lediglich ein One-Night-Stand gewesen sei, und er hatte ihr nicht einmal eine SMS geschickt. Aber jetzt war er hier und offensichtlich über irgendetwas erregt.
Sie blieb unterwegs mehrmals stehen und hoffte, ihn so zu langweilen, dass er zu den anderen zurückkehren würde. Sie wollte nicht mit ihm allein sein. »Dort habe ich früher Gemüse angebaut – nur ein paar Kleinigkeiten, Zuckererbsen, Fadenbohnen und solche Dinge. Aber mein Petersilienbeet hat überlebt. Und auf meinen goldenen Hopfen bin ich besonders stolz, obwohl er ein wenig zurückgeschnitten werden müsste …«
Sein offenkundiger Mangel an Interesse ließ sie innehalten. Er griff nach ihrem Arm. »Ich möchte nicht über Kräuterbeete reden, ich möchte über uns reden.«
Jo hielt den Atem an. »Gibt es ein ›uns‹?« In den Augenblicken, da sie sich gezwungen hatte, einen Realitätscheck vorzunehmen (etwas, das sie so selten wie möglich tat), hatte sie angenommen, dass es ihr und Marcus nicht bestimmt war, ein Paar zu sein. Warum sollte er bei einer fünfzigjährigen Frau bleiben, wenn er so mühelos eine jüngere bekommen konnte?
»Ich weiß es nicht. Du und Philip, ihr scheint euch ja wieder sehr nahezustehen. Du hast ihn ›Liebling‹ genannt.«
Sie drehte sich zu ihm um. »Oh, das war reine Gewohnheit!«
»Ach ja? Du willst wirklich nicht zu ihm zurückkehren?«
»Ich habe es dir schon einmal gesagt: nein. Außerdem könnte ich es gar nicht. Seine Freundin ist schwanger. All dies gehört jetzt ihr.« Und dann tat sie das, was sie unbedingt hatte vermeiden wollen: Sie brach in Tränen aus.
Er legte sofort die Arme um sie, und sie schluchzte an seiner Brust und spürte die harten Muskeln unter ihrer Wange. »Hör zu, Joanna, ich möchte nur, dass du glücklich bist. Wenn es das ist, was du willst,
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