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Glückliche Ehe

Glückliche Ehe

Titel: Glückliche Ehe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klett-Cotta Verlag
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aus seiner Affäre Liebe wurde, versuchte er sich einzureden, dass Margaret ihn garantiert betrog, wo sie doch nie Sex mit ihm wollte und so oft so spät nach Hause kam. Und seine Geliebte Sally spekulierte ebenfalls laut, ob Margaret wohl eine Büroromanze hatte – zweifellos, um ihn zu ermutigen, seine Ehe zu beenden. Doch schon kursorische Nachforschungen überzeugten ihn, dass Margaret zeitlich allenfalls gelegentlichen Sex hinbekommen hätte, ihre Tage aber mit Arbeit und Muttersein viel zu vollgepackt waren: Sie hätte gar nicht die Zeit für eine Affäre gehabt. Sally, die blonde, üppige, superscharfe Sally mit ihren vollen, weißen Brüsten und dicken braunen Brustwarzen, die entzückt über seine Witze lachte und ihn aus ihren grünen Augen bewundernd ansah, wenn er eines seiner brillanten Aperçus über die Absurditäten des Filmgeschäfts zumBesten gab, Sally mit ihren rückhaltlosen Orgasmen, die so anders waren als das widerwillige Stöhnen der jungen Mutter Margaret, deren sexuelle Entladung eher erzwungen als gewollt wirkte.
    Enrique hingegen genoss den Luxus, jeweils eine ganze Woche jeden Abend und jeden Morgen Zeit mit Sally genießen zu können, im komfortablen Liebesnest eines Viersternehotels in LA, bezahlt von Warner Brothers, Columbia oder Universal, da er und sein Bruder fast jeden zweiten Monat erster Klasse dort eingeflogen und abends ins schicke Spago oder ins altmodische Musso & Frank ausgeführt wurden, vermutlich, damit sie am nächsten Tag den unzähligen Änderungswünschen am Drehbuch zustimmen würden. Sally war nach LA gezogen, nachdem sie ihre desaströse erste Karriere als Verlagsassistentin – sie hatte mehr auf die Nase bekommen als verlegerisch Näschen bewiesen – an den Nagel gehängt hatte, um sich selbst in der Crack-Szene des Schreibens zu versuchen: der Hollywood-Stoffentwicklung.
    Enrique kannte Sally aus New York, also war es selbstverständlich und plausibel, dass sie sich trafen, wenn sie beide in Los Angeles waren. Margaret, Lily, Enriques New Yorker Freunde und die Leute, die er in LA kannte, fanden nichts dabei, schließlich hatte Sally mit Margaret und Lily studiert. Ja, sie war sogar eine von Margarets engsten Freundinnen, die Dritte im Bunde dieser jungen Cornell-Frauen, die eine parfümierte Phalanx gebildet hatten, um Manhattan zu erobern. Sally war nicht bei dem Waisendinner gewesen, weil sie über die Weihnachtsferien nach Hause gefahren war. Wenn es ihm schien, als könnte er die Intensität ihrer körperlichen Vereinigung noch in den Adern pochen spüren, fragte sich Enrique manchmal – und das fand er noch schändlicher als die Affäre selbst, da er damit in Gedanken die Existenz seines geliebten Sohnes Gregory rückgängig machte –, ob er, wenn Sally statt der langweiligen Pam neben ihm an MargaretsGlastisch gesessen hätte, jetzt mit der sinnlichen Miss Winthrop verheiratet und es nie zu dem ganzen traurigen Irrtum seiner Ehe mit Margaret gekommen wäre.
    Dass er seine Frau verriet und seine Ideologie, machte Enrique so gierig, manipulativ und hinterlistig wie Jago. Und aus demselben Grund war der Sex mit Sally – nach einem Essen in Beverly Hills mit gemeinsamen Bekannten und seinem ahnungslosen Halbbruder (der viel zu beschäftigt mit seinen eigenen Seitensprüngen war, um Enriques leidenschaftliche Affäre zu bemerken) und einer gutgespielten Verabschiedung auf dem Restaurant-Parkplatz, worauf Sally eine Viertelstunde im Kreis fuhr, um dann das Chateau Marmont Hotel anzusteuern und leise an die Tür seiner Suite zu klopfen –, war jeder einzelne Kuss, jede einzelne Umarmung wie eine saftige verbotene Frucht. Und die beiden Male, als Sally nach New York kam, traf sie Enrique jeden Tag in seinem kleinen Büro, einen Block von da, wo er und Margaret ihren Sohn großzogen. Dort hielten sie sich, wenn sie auf dem schmalen Sofa oder dem rauhen Teppich zum Orgasmus kamen, gegenseitig den Mund zu, damit die Psychoanalytiker und deren Patienten nebenan nicht in Versuchung kämen, sich mit fremder Leute Libido zu befassen.
    Fast ein Jahr hatte Enrique den Sex, den er sich immer erträumt hatte. Ja mehr noch, denn in dieser enthemmten Zeit hatte es auch eine unverzeihliche, beschämende (und von ihm skrupellos genossene) Nacht gegeben, in der Margaret, zweifellos durch die gefährlichen Pheromone, die ihr Ehemann verströmte, auf die Idee gebracht, ihn verführt hatte, nachdem er am Nachmittag ihre Freundin Sally gevögelt hatte. Und das Verrückte war

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