Glückliche Ehe
verschlungenen Muster, das sich über eine Brust zur Taille hinunterzog und hinter der Hüfte verschwand.
Er akzeptierte den Vorschlag des Kellners, mit Champagner zu beginnen, und Margaret strahlte, als er den Korken knallen ließ und das sprudelnde Gold in Flötengläser goss. Enrique erhob sein Glas und sagte: »Ich liebe dich«, und sie antwortete: »Ich liebe dich .« Nach einer Pause sagte er: »Du möchtest also nicht, dass ich einen Roman schreibe.« Sie schien verlegen und beunruhigt. »Ist schon in Ordnung«, sagte Enrique. »Das bringt mich nicht aus der Fassung. Keine Angst. Sag mir die Wahrheit.«
»Ich habe keine Angst«, insistierte sie, dann seufzte sie. »Es ist reiner Egoismus. Hat nichts mit dem zu tun, was du willst. Wenn du Romane schreiben willst, dann schreib, auch wenn das für mich kein Vergnügen ist. Ich glaube, für dich auch nicht, aber das ist deine Sache.«
»Kein Vergnügen, weil ich dann schlechte Laune habe?«
»Nein!« Sie schüttelte unmutig den Kopf, wie immer, wenn er etwas nicht sofort verstand. »Du bist nicht schlechter gelaunt, wenn du Bücher schreibst. Nicht mehr. Vielleicht solltest du keine Bücher mehr schreiben, weil es für ernsthafte Romane nur ein winziges Publikum gibt. Die Menschen mögen lieber Filme. Alle Leute mögen Filme, vor allem Verleger. Aber bei mir ist es reiner Egoismus. Deine Filmprojekte sind für mich toll. Ich kann dich in Prag, London oder Paris am Set besuchen und lerne Stars und Regisseure kennen, gehe zu Premieren, bekomme auf dem Air-France-Flug Kaviar und …« Margaret hob ihre Champagnerflöte und vermied gerade noch den Zusammenstoß mit einer Biene, die aus der Pergola über ihnen zu dem anmutigen Rosenbusch an der Hausecke summte. »… kann mit meinem Mann auf Torcello zu Mittag essen.«
Während sie ihre Auswahl für das Dreigängemenü trafen und zusahen, wie gutgekleidete und schöne oder alte undreiche Gäste sich an den Tischen niederließen, bereitete sich Enrique schon einmal darauf vor, das heikle Thema anzusprechen. Schließlich war sie damit herausgerückt, dass sein Ehrgeiz im Leben für sie etwas Langweiliges war. Wenn es nach ihr ginge, müsste er nicht schreiben. Da hatte er auch das Recht, sein Problem anzusprechen. »Margaret.« Er setzte sich in seinem Korbstuhl auf und sah sie an. »Ich möchte dir etwas sagen.«
»Huch!«, sagte sie und machte ein ängstliches Kleinmädchengesicht.
Verdutzt blickte er ihr in die Augen, sah den Schrecken einer Erwachsenen und war erst recht verwirrt. Er wusste immer noch nicht genau, wie er die Frage ansprechen sollte. »Nein, nichts Schlimmes. Ich möchte dich nur fragen, ob ich der Grund bin, oder auch nur teilweise, warum du aufgehört hast zu malen.«
Sie blinzelte irritiert. Er hatte die Frage nicht richtig formuliert. Auf dem Schiff und während des Spaziergangs hatte er sich noch einmal vor Augen geführt, was vor drei Jahren geschehen war, als sie endlich ihre Energie darauf konzentrieren wollte, zu malen. Sie verbrachte täglich viele Stunden im Atelier und hatte abends den abwesenden Blick einer Künstlerin, deren Gedanken ganz und gar von ihrer Arbeit in Beschlag genommen waren. Anders als bei früheren Anfällen von Schaffensdrang beendete sie jetzt ein Bild nach dem anderen. Noch erstaunlicher war, dass sie vier davon nach Hause mitbrachte und aufhängte, so dass jeder sie sehen konnte. Es waren selbstbewusste Arbeiten, großformatige Porträts ihrer Söhne nach eigenen Fotos, mit einem scharfsichtigen Blick für die kindliche Illusion und Sehnsucht nach Aufmerksamkeit – durch die starke Vergrößerung erahnte man hinter dem rührenden, fröhlichen Narzissmus der Kinder bereits das Erwachsenensein samt den Enttäuschungen.
Die Freunde waren beeindruckt und wollten Bilder von ihren Kindern in Auftrag geben. Margaret lächelte, ging aber nicht darauf ein. Erst als Enrique sie so drängte, dass es fast zum Streit kam, erklärte sie ihm, wie sie die Sache sah. Sie wolle nicht auf Bestellung malen. Schließlich erschien die Freundin einer Freundin, eine der führenden New Yorker Galeristinnen, schaute sich die Bilder in der Wohnung an, ging dann ins Atelier, um auch die anderen zu sehen, und befand, es seien hervorragende Arbeiten, die sich verkaufen ließen und in einer Ausstellung gezeigt werden sollten. Man könne allerdings nicht gleich ganz oben einsteigen, deshalb erbot sie sich, Margaret an ein Dutzend der angesagtesten kleineren Galerien in SoHo und der Lower
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