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Glückliche Ehe

Glückliche Ehe

Titel: Glückliche Ehe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klett-Cotta Verlag
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braucht sie einen Mann, den das nicht stört. Und wenn sie recht damit hat, dass ich es nicht verstehe, mit ihr glücklich zu sein, dann braucht sie einen Mann, der es versteht. Wer bei der Beweiserhebung gelogen hatte und wer nicht, war für das Urteil unerheblich.
    »Er schläft«, sagte Enrique, der bemerkt hatte, dass Gregs schwere Lider herabgesunken waren und seine Brust unter dem gelben Stoff sich jetzt stetig hob und senkte.
    »Ich weiß«, sagte sie.
    »Muss er nicht bald ins Bett, so dass es vielleicht besser wäre, wenn er jetzt nicht schläft?«
    Sie sah ihn achselzuckend an, als wollte sie sagen, wen kümmert’s, die Welt geht sowieso unter. »Ich muss pinkeln«, verkündete sie.
    »Gib ihn mir.«
    Sie funkelte ihn an. »Weck ihn ja nicht«, warnte sie ihn.
    »Natürlich wecke ich ihn nicht«, sagte er empört. Sie stand vorsichtig auf. Greg schlug kurz die Augen auf und beschwerte sich mit einem leisen Knötern. Sie gurrte besänftigend, küsste ihn auf die Stirn und ließ ihn langsam auf Enriques Schoß hinab. Greg schmiegte den warmen Kopf an die Schulter seines Vaters und schlief beruhigt wieder ein.
    Margaret stand immer noch da, betrachtete den Kopf ihres schlafenden Kindes an der Schulter seines Vaters und lächelte befriedigt ob der geglückten Übergabe und nur deshalb.
    »Lassen wir uns was zu essen kommen?«, fragte Enrique.
    »Chinesisch«, sagte sie und ging.
    Enrique schaute durchs Wohnzimmerfenster. Sie wohnten in der Tenth Street, einen Block nördlich von Margarets altem Studio-Apartment, doch der Blick ging auf einen nach Süden gelegenen, nicht ganz geschlossenen Hof, und so sah man auf die Ninth Street. Er erinnerte sich nicht mehr, dass er einst nervös zwischen diesen Bäumen auf und ab gegangen war, um die Zeit bis zu Margarets Waisendinner totzuschlagen. Er beobachtete einfach nur, wie sich die Äste im leisen Wind bewegten, roch den Muffinduft seines Sohns und sah sich im Geist in einem burgunderroten Beemer-Cabrio den Sunset Boulevard entlangfahren, neben sich Sallys flatterndes Haar, und dachte: Ich lüge mir in die Tasche.
    Er besprach seine Entscheidung mit Porter und nur mit ihm. Sonst wusste nur sein Halbbruder von der Affäre, und der war selbst so ein notorischer Ehebrecher, dass sein Rat nutzlos wäre. Porter riet ihm gar nichts. Er seufzte nur und beklagte sich über seine eigene kindgeplagte, sexlose Ehe.
    Zwei Tage später rief Enrique Sally in Santa Monica an. Er erklärte ihr, dass er sie liebe, dass sie ihm guttue, dass er aber einen Fehler gemacht habe. Er habe mit Margaret einen Sohn, und wenn er sie auch nicht liebe und nie lieben werde, wäre es doch für alle – Margaret, Greg und ihn selbst – schlimmer, wenn er ginge.
    Sie argumentierte natürlich, aber das Frustrierende für sie war, dass er sich nicht mal verteidigte. Er gab zu, dass er unglücklich war und es für den Rest seines Lebens sein würde. Er gab zu, dass Margaret letztlich glücklicher wäre, wenn er sie verließe. Er räumte sogar ein, dass eine Scheidung vielleicht besser für Gregory wäre. »Ich kann’s einfach nicht«,war seine einzige Erklärung, und so weit er seine Gefühle durchschaute, war das die reine und ganze Wahrheit.
    Es bedurfte einer guten Woche täglicher schmerzhafter Telefonate, bis Sally aufgab. Natürlich litt sie, aber er versuchte nicht, sie zu trösten, indem er ihr sagte, wie verloren und verlassen er sich ohne ihre Liebe fühlte. Nach ein paar weiteren unaufrichtigen Paartherapiestunden erklärte Enrique Goldfarb und Margaret, er wolle eine Einzeltherapie machen, er habe Probleme, die er lösen müsse, bevor sich in seiner Ehe etwas bessern könne. Es war nicht komplett gelogen, ja, es war fast die Wahrheit. Er war in allen Bereichen seines Lebens unglücklich. Seine Ehe konnte nicht der einzige Grund sein. Margaret und er beschlossen, die Stunde, die sie für die Therapie reserviert hatten, auf ein regelmäßiges Date zu verwenden – ein Moment der Zweisamkeit im überfüllten Terminplan ihres Alltags. Und sie besorgten sich für dienstags einen Babysitter, um einen Abend pro Woche allein miteinander zu verbringen. Ihr Verhältnis, das sexuelle eingeschlossen, wurde freundlicher, wenn auch nicht leidenschaftlicher.
    Und er machte tatsächlich eine Therapie, um um das zu trauern, was er verloren hatte. Er erzählte niemandem außer seinem neuen Therapeuten von seiner Affäre und nahm Porter und seinem Halbbruder das Versprechen ab, Stillschweigen zu bewahren.

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