Glücksgriff
Wütend zeigte sie auf das Auto hinter ihr. »Deshalb hast du meine Tochter verlassen? Nun, lass mich dir sagen, ich werde das nicht dulden! Du wirst dich deiner Verantwortung stellen, mein Junge, Chloe braucht ihren Mann, das Baby braucht einen Vater, und du hast eine Pflicht zu …«
»Pamela, nicht jetzt.«
Greg erstarrte, als er Miranda auf dem Beifahrersitz erblickte, die das Ganze beobachtete. Das war ein Albtraum. Er musste schnell hier raus.
»O nein, so nicht«, schrie Pamela Greening, als er die Haustür hinter sich zuschlug und versuchte, an ihr vorbeizukommen. »Ich bin hergekommen, um mit dir zu reden.«
»Ich will das aber nicht.« Mit knirschenden Zähnen riss er ihre klammernde Hand von seinem Arm. »Ich brauche das nicht.«
Im Auto starrte Miranda mit offenem Mund auf die bizarre Szene. Bis vor ein paar Sekunden hatte sie nichts bemerkt, hatte mit den Hacken gewippt und mit Bono mitgesungen. Erst als die letzten aufwühlenden Takte des Songs verebbt waren, hatte sie die Augen geöffnet und gesehen, wie Greg mit einer Frau mittleren Alters vor seiner Tür rang.
Nun sah sie zu, wie er sich an ihr vorbeischob und zum Auto eilte. Als er die Fahrertür aufriss, hörte sie die Frau – die ihm knapp auf den Fersen war – wütend brüllen: »Damit wirst du nicht davonkommen!«
»Mein Gott, was ist denn los?«, rief Miranda.
»Achte einfach nicht auf sie.«
»Du kannst mich nicht einfach so stehen lassen! Dir wird es noch Leid tun …«
Während der Motor ansprang, gelang es Greg, die Tür zu schließen. Die Frau, deren Hände am Türgriff zerrten, sprang weg, als er den Fuß senkte und quietschend die Straße hinunterfuhr.
»Tut mir Leid.«
»Greg, wer war das?« Miranda rutschte auf ihrem Sitz herum und starrte zurück auf die Frau auf dem Bürgersteig. »Was, zum Teufel, war das denn?«
Er schüttelte den Kopf und bremste ab, als sie um die Ecke bogen.
»Kundin mit einem Groll. Das passiert leider. Sie und ihr Mann haben sich hoch versichern lassen. Dann hat er sich umgebracht. Die Police deckte Selbstmord nicht ab, aber sie will das nicht akzeptieren.« Greg atmete langsam aus. Sie waren nun in Sicherheit, seine Hände bebten nicht mehr. »Arme Frau, ich glaube, sie hat den Verstand verloren. Ich habe ihr hundertmal gesagt, dass die Versicherung nicht gültig ist und dass die Firma nichts auszahlen wird. Aber sie kapiert es einfach nicht. Sie denkt, ich betrüge sie um ihre dreihunderttausend.«
»Du machst Witze!« Mirandas Augen waren so groß wie Untertassen. »Das ist ja schrecklich.«
Greg nickte.
»Sie hat mich im Büro belästigt. Jetzt hat sie offenbar meine Adresse rausgefunden. Ich meine, sie tut mir Leid, aber was kann ich machen?«
»Es erst mal der Polizei erzählen.« Sie umklammerte seinen Arm. »Sie könnte gefährlich werden!«
Verdammt gefährlich, dachte Greg.
»Wir haben schon mit der Polizei gesprochen. Es bringt nichts. Sie können sie erst verhaften, wenn sie tatsächlich etwas Illegales tut. Aber sie kennen die Situation«, fügte er hinzu. »Wenn meine Fenster eingeschmissen werden oder das Haus abbrennt, werden sie eine Ahnung haben, wem sie das anlasten sollen.«
»Wenn dein Haus abbrennt?«, echote Miranda entsetzt.
»Keine Sorge.« Greg lächelte sie an. »Ich bin voll versichert.«
Sollte sie das beruhigen? Miranda war kein bisschen beruhigt. Es war, dachte sie empört, ein entsetzlicher Zustand.
»Aber was ist mit Ruhestörung, können sie sie nicht deswegen kriegen? Oder … oder, diese Gesetze gegen Stalker«, rief sie aus. »Ich meine, das macht diese Verrückte doch, oder? Sie verfolgt dich ja?«
Greg spürte, dass Miranda nun bereit war, zur nächsten Telefonzelle zu stürzen und den Notruf anzuwählen.
»Sie ist eine alte Dame«, sagte er zu ihr, »die gerade ihren Mann verloren hat. Sie hat vor Trauer den Verstand verloren. Würde ein Aufenthalt in Holloway wirklich etwas Gutes bewirken? Und außerdem«, fuhr er sanft fort, »stell dir nur vor, wie ich mich fühlen würde, wenn ich wüsste, dass ich mitgeholfen habe, sie da reinzubringen. Ich könnte nicht damit leben.«
»Halt das Auto an«, sagte Miranda.
»Was?«
»Ich habe gesagt, halt das Auto an.«
»Warum?«
Nervös sah sich Greg nach einer Telefonzelle um. Er konnte keine entdecken, aber wollte er das Risiko eingehen?
»Weil du der netteste, freundlichste, großzügigste Mann bist, dem ich je begegnet bin.« Ihre Stimme zitterte vor Gefühl, als sie ihn umarmte. »Und es tut
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