Glücksgriff
du?«
»Tanzen«, antwortete Florence.
»Oh, ha ha, sehr gut.« Bruce klang aufgesetzt heiter – wie sie diese Mischung aus Sarkasmus und Jovialität in seiner Stimme hasste. »Aber doch nicht mit dem Gigolo, nehme ich an.«
»Er heißt Orlando«, antwortete Florence kühl. »Und er ist kein Gigolo. Warum rufst du an, Bruce? Wenn du mit Chloe sprechen willst, sie ist im Bett.«
»Ich war heute Nachmittag bei dir …«
»Ich weiß. Chloe hat die Ladenschlüssel, sie sind in Sicherheit.«
»Mutter, unterbrich mich bitte nicht. Das ist wichtig. Dein so genannter Freund Orlando betrügt dich.«
Lange Pause. Jaaa, dachte Bruce triumphierend.
Endlich sagte Florence: »Was meinst du damit?«
»Orlando. Und Miranda. Ich sah sie vor deinem Haus, ziemlich frech. Sie waren ganz schön dabei.«
»Orlando und Miranda? Meine Miranda? Und sie waren dabei, sagst du? Ich glaube es nicht!«
Florence war echt verblüfft.
»Und ich meine ganz schön dabei«, fuhr Bruce scheinheilig fort. »Wir reden hier nicht von einem schnellen Kuss auf die Wange, o nein, das war ernst. Und dann – es tut mir Leid, dass ich dir das sagen muss, Mutter – sind sie zusammen verschwunden. Im Haus.«
»Und dann sind sie zusammen in diesem Haus verschwunden?«, echote Florence, deren Augenbrauen fast bis zum Haaransatz hoch gesprungen waren, während sie Tom Barrett mit Zeichensprache an den Entwicklungen teilhaben ließ. »Du meinst, um Sex zu haben?«
Tom, der immer noch seine Kutte und seinen weißen Überrock trug, füllte Florence’ Glas mit Bourbon nach und gab pfarrermäßige Geräusche von sich.
Bruce erwiderte: »Tut mir Leid, ja.«
»Aber das ist phantastisch!«, jubelte Florence und konnte ihr Entzücken nicht verhehlen.
»Was?«
»Danke, Liebling, ich bin so froh, das du angerufen hast! Das ist die Krönung dieses Tages!«
Bruce stotterte immer noch, während Florence ohne große Umstände auflegte und ihn mitten im Satz unterbrach.
»Ja, was sagt man dazu? Der böse, böse Junge! Dass ich tatsächlich auf den Quatsch reingefallen bin, er müsse Miranda heimfahren, weil sie betrunken war.« Florence’ Gesicht strahlte. »Und die ganze Zeit waren sie … ha!« Sie klatschte befriedigt in ihre knorrigen Hände. »Wurde verdammt nochmal auch Zeit!«
39
Es dauerte eine Weile, bis Miranda sich orientieren konnte. Ihre Uhr zeigte sieben an, aber hieß das Morgen oder Abend? Sie hatte absolut keine Ahnung, wie lange sie geschlafen hatte.
Hilfe erschien kurz darauf in Gestalt von Chloe. Mit einem Tablett.
Miranda sah es an und suchte nach Hinweisen.
»Hi. Ist das …?«
»Frühstück«, ergänzte Chloe.
Aha.
»Nur Tee und Toast. Ich wusste nicht, ob dir nach viel mehr ist.«
Miranda wusste es auch nicht. Es war noch zu früh dafür.
»Du hast fünfzehn Stunden geschlafen«, fuhr Chloe fort, während sie das Tablett absetzte.
Himmel, wirklich? Miranda testete ihren Kopf und entdeckte, dass er kaum wehtat. Erstaunlich, sie schien ihren Kater wohl verschlafen zu haben.
Ausgezeichnete Nachrichten!
Sie fühlte sich schon viel fröhlicher, hievte sich in eine sitzende Haltung und schlürfte geräuschvoll ihren Tee. Wunderbar, genauso, wie sie ihn mochte, zweiundeinhalb Zuckerstückchen und super stark …
Eine Sekunde noch.
»Warum schaust du mich so an?«
»Es geht um Florence.« Chloes tapferer Versuch, ein gleichmütiges Gesicht aufzusetzen, scheiterte. »Sie möchte, äh, mit dir sprechen.«
»Florence ist schon auf?« Miranda war verblüfft. Das war unerhört.
»Sie hat mich dich wecken lassen.«
»Warum?« Miranda blickte misstrauisch über den Rand ihrer Bart-Simpson-Tasse. Etwas ging hier vor, und sie konnte sich einfach nicht vorstellen, was es sein mochte. »Warum?«, drängte sie. »Ist Florence krank?«
Florence konnte eigentlich nicht krank sein, das wusste sie. Warum sonst würde Chloe so blöde grinsen?
»Ich glaube, sie stirbt nur …«, setzte Chloe an.
Was?
»… vor Neugier.« Noch eine Pause, dann stürzten die Worte hervor. »Sie will alle Details über dich und Danny wissen.«
»Mich und Danny? Um Himmels willen, welche Details?«
»Na ja, wer den ersten Schritt gemacht hat.« Chloes Schultern bebten. »Wie oft ihr … äh, es gemacht habt. Oh, und sie will vor allem wissen, ob er phantastisch im Bett ist.«
Miranda ließ ihren Toast fallen. Bis zu diesem Augenblick war ihr Hirn gnädig gewesen und hatte ihr erspart, sich an die Ereignisse zu erinnern, die sie so viel lieber vergessen
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