Glücksgriff
einen glücklosen Friseurlehrling aus Notting Hill in seine Sendung einzuladen.
So blöd kann nur ich sein, dachte Miranda.
Sie sah auf die Uhr.
»Ich muss weg. Ich komme zu spät zur Arbeit.«
Aus irgendeinem Grund schien das Danny nicht zu stören.
»Meine Liebe, zu spät zur Arbeit, das wirkt niemals.«
»Was willst du?« Miranda knirschte mit den Zähnen. »Eine Entschuldigung, ja?«
»Sei nicht blöd.« Danny klang amüsiert. »Obwohl du mir danken könntest, wenn du magst. Weil ich mich wie ein Gentleman benommen habe.«
Heiße Schamwellen überschwemmten sie. Da stand sie nun, gekränkt und unfähig zu sprechen.
Sadist.
»Und glaub nicht, dass es leicht war«, fuhr Danny fort, »denn das war es nicht. Ich war in Versuchung, muss ich zugeben. Solche Angebote abzulehnen liegt nicht in der Natur heißblütiger Männchen, musst du wissen …«
»Okay, okay«, platzte Miranda heraus. »Danke, danke, danke, dass du nicht mit mir geschlafen hast, ich bin dir ja so dankbar!«
»Beruhige dich, du brauchst nicht zu brüllen.« Jetzt klang er beleidigt. »Ich war verantwortungsvoll. Du hast dich über Greg aufgeregt, und du hattest ziemlich viel getrunken. Leute machen dumme Sachen, wenn sie zu sind …«
Was du nicht sagst, dachte Miranda verzweifelt.
»… und ich wollte nicht, dass du heute Morgen aufwachst, bei meinem Anblick zurückzuckst und denkst: O Gott, nein.« Danny machte eine Pause. »Das ist natürlich nur das Worst-Case-Szenario. Es hätte auch ganz anders kommen können. Du hättest entzückt gewesen sein können, weil es passiert ist, und gar nicht verlegen. Du hättest vielleicht gedacht: Das war fabelhaft, warum haben wir es nicht schon vor Monaten getan?«
In seiner Stimme lag ein merkwürdiger Ton. Miranda konnte ihn nicht bestimmen und wollte es auch nicht versuchen. Ihr Hirn beschwor hässliche Bilder von ihr selbst herauf, bei denen sie sich im Auto Danny an den Hals warf, ihn mit Küssen überschüttete, an seinen Hemdknöpfen herumfummelte und schrie: »Ich will Sex mit dir haben!«
Und die Bilder kamen immer wieder wie bei einem Video, das auf Replay gestellt war.
»Also, ich muss zur Arbeit.« Sie versuchte, ihre Fransen aus den Augen zu pusten, doch Schweiß hatte sie ihr an die klamme Stirn geklebt. »Aber du hast Recht, es wäre katastrophal gewesen, der größte Fehler meines Lebens. Gott, schon der Gedanke lässt mich schaudern. Ich muss verrückt gewesen sein.«
»Okay.« Danny klang betreten, als ob er so eine brutale Abweisung nicht erwartet hätte. »Nun ja, das wäre also erledigt. Alles vergessen. Wie wär’s mit Essen heute Abend, um zu feiern, dass wir nicht miteinander geschlafen haben und immer noch Freunde sind?«
»Nein, danke.« Miranda konnte ihm nicht gegenübertreten, sie schämte sich zu sehr. Es war in Ordnung für Danny, er war nicht derjenige, der um Sex gebettelt hatte. Und sie glaubte nicht einen Augenblick, dass alles vergessen wäre. Von nun an würde jedes Gespräch ein Minenfeld sein, weil sie einfach wusste, dass Danny nicht widerstehen könnte, sie zu necken, ab und zu eine sarkastische Bemerkung zu machen und sie daran zu erinnern, dass sie sich zum Gespött gemacht hatte.
»Weiter«, drängte Danny.
»Ich will wirklich nicht.«
»Was ist mit dem Video? Ich wollte es rüberbringen. Willst du es nicht sehen?«
»Ich gehe jetzt zur Arbeit.« Miranda hatte genug. »Und ich will dich oder dein Video nicht sehen.« Ihr Geduldsfaden riss, und ihre Stimme wurde hysterisch. »Ich will nur in Frieden gelassen werden.«
Gegenüber den Kunden im Salon Fröhlichkeit vorzutäuschen war etwas, das man tun musste, ob man wollte oder nicht. Für Miranda war es ein harter und mühsamer Tag. Das einzige Mal, dass sie munterer wurde, war, als sie Fenn das Paket überreichte, das Chloe ihr gegeben hatte, und dabei zusah, wie er es aufmachte.
»Das ist dein Hemd.« Sie sah es erstaunt an. Es war eindeutig das Hemd, das Fenn gestern getragen hatte und das jetzt gewaschen, gebügelt und so sauber gefaltet wie ein Pullover in einem Benetton-Laden da lag.
»Chloe hat darauf bestanden.« Fenn fuhr mit dem Finger über die Vorderseite, wo der Weinfleck gewesen war. »Nachdem Leila mit dem Claret geworfen hat.«
Verwirrt blickte Miranda zu ihm auf. Fenn war über einen Meter achtzig groß und hatte breite Schultern.
»Wenn du also dein Hemd bei uns gelassen hast, was hast du dann angezogen?«
»Das Einzige, was mir gepasst hat.« Die Winkel von Fenns
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