Glückskekse
den Vorhang. Und plötzlich beginnt mein Herz das Blut in ungeahnter Geschwindigkeit durch die Adern zu pumpen. Ich bin froh, dass ich meinen Einsatz nicht verpasse.
Nach Mariettas erster Drehung trete ich auf den Laufsteg, gehe ein paar Meter und drehe mich ebenfalls. Im Weitergehen knöpfe ich mir die Jacke auf und lasse meine Hand cool in die Hosentasche gleiten. So stolziere ich bis zum Ende, streife mir dort die Jacke ab und werfe sie mir lässig über die Schulter. Auf dem Rückweg sehe ich, wie meine Partnerin von Amors Pfeil getroffen wird. Lächelnd folge ich ihr und werde am Ende direkt von Ma beiseite gezogen, damit ich Platz für die nächsten machen kann.
Hinter der Bühne strahlt Marietta mich an und zeigt mir ihre nach oben gestreckten Daumen. Anscheinend habe ich meine Sache ganz gut gemacht.
Zügig kleide ich mich um. Diesmal trage ich eine enge, schwarze Stoffhose, schwarze Weste, darunter ein weißes Hemd, welches auf der rechten Seite unter der Weste hervorguckt, während der linke Ärmel verwegen hochgekrempelt ist.
Auch der Run läuft gut.
Besonders viel Spaß mach mir aber der Nächste. Da auch im „Honey Moon“ nicht immer die Sonne scheint, gibt es nun ein Outfit für schlechtes Wetter.
Blue Jeans, dunkelgrauer Regenmantel, darunter ein schlichtes T-Shirt. Um das Ganze farblich aufzupeppen, trage ich einen bunten Schirm und als besonderer Clou, regenbogenfarbene Regenboots.
Spielerisch öffne und schließe ich den Schirm einige Male und tanze elegant um die imaginären Pfützen herum.
Zwei Minuten bleiben mir zum Verschnaufen, dann muss ich mich fürs Finale umziehen. Auch die anderen, die nicht mehr raus müssen, machen sich fertig.
Alle tragen oder halten ihren Pfeil.
Nur ich bin leer ausgegangen.
Vielleicht sollte es mir zu denken geben, dass es nicht einmal hier einen Partner für mich gibt.
Fürs Finale trage ich einen äußerst edlen schwarzen Anzug. Dazu ein dunkelrotes Hemd mit Stehkragen, bei dem die ersten beiden Knöpfe offen stehen. So soll Eleganz und Lässigkeit kombiniert werden.
„Leo“, ruft Pa mich zu sich, „jetzt kommt der Schluss, der krönende Auftritt. Wenn du raus gehst, wirst du noch vor dem ersten Paar angeschossen. Mit dem Pfeil in der Hand gehst du an den anderen vorbei und wirst immer betrübter, weil du noch alleine bist. Vorne bleibst du stehen und wartest auf die Dinge, die dann geschehen. Schauspieler ein bisschen, ansonsten sei einfach du selbst. Du machst das schon.“ Aufmunternd erhalte ich noch einen kleinen Schlag auf die Schulter und schon geht es los.
Nach drei langen Schritten spüre ich den Pfeil auf mich zukommen. Mit ihm in der Hand gehe ich von Paar zu Paar, immer in der Hoffnung, dazu zu gehören. Doch alle geben sich verliebt, stehen Hand in Hand da, manche tanzen sogar ein wenig zur Musik.
Je weiter ich nach vorne komme, desto schleppender wird mein Gang und ich lasse meine Schultern immer mehr hängen.
Wenn man nicht weiß, für welches Thema wir hier laufen, könnte man echt denken, dass ich auf dem Weg zu einer Trauerfeier wäre.
Ganz am Ende bleibe ich mit gesenktem Kopf und dem Pfeil zwischen den Fingern stehen, als ich hinter mir ein leises Trippeln von Schuhen höre und von den Zuschauern Bemerkungen wie „ach ist die niedlich“ und „nein, wie goldig“.
Als ich mich ein wenig zur Seite drehe, sehe ich ein kleines Mädchen von ungefähr sechs Jahren auf mich zukommen. Sie sieht in ihrem weißen Kleidchen einfach bezaubernd aus.
Sie hat strahlend blaue Murmelaugen und auf ihrer Nase und Stirn tanzen lustige Sommersprossen. Doch das Auffälligste an ihr sind wohl ihre langen, kupferfarbenen Haare, die von kleinen Röschen zurück gehalten werden. Lächelnd beuge ich mich zu ihr runter.
„Na kleine Maus, wer bist denn du?“, frage ich sie höflich und nehme sie kurzer Hand einfach auf den Arm.
„Ich bin die Madita. Und du bist der Leo? Haben die mir dahinten nämlich schon gesagt“, grinst sie mich ziemlich wissend an und zeigt mit ihren kleinen Fingern in die Richtung, in der meine Eltern stehen.
„Okay, Madita Maus, willst du für heute Abend meine Begleitung sein?“
„Neee“, schüttelt sie so entschieden den Kopf, dass mir ihre Haare um die Ohren fliegen, „du bist mir viel zu alt!“
Amüsiertes Gelächter erklingt auf den Besucherreihen und von meinen Kollegen hinter mir.
„Das ist wirklich schade. Aber ich kann dich verstehen. Ich würde auch nicht mit so einem alten Knacker ausgehen. Was
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