Glückskekssommer: Roman (German Edition)
Taktieren habe ich keine Zeit mehr, wenn ich Basti aus den Armen der Superfrau reißen will.
Ich habe beschlossen, einfach auf seiner Arbeit aufzukreuzen!
Und da bin ich nun. Kleines katholisches Krankenhaus, lange, blitzsaubere Flure, ein Gewusel von Patienten, Besuchern und Personal. Es ist nicht schwer, die HNO-Station zu finden. Ich unterscheide mich tatsächlich nicht von den Patienten hier im Haus. Allerdings von den Menschen draußen umso mehr. Meine Hausschuhe waren die Sensation in der U-Bahn (ausgerechnet heute hatte ich für ein Taxi kein Geld mehr). Ich hätte sie zehnmal an die Mütter quengelnder Kleinkinder, die auch so tolle Schuhe haben wollten wie die ›Tante‹, verkaufen können.
Es fällt nicht weiter auf, dass ich mich ein wenig auf der HNO-Station umsehe. Zwischendurch muss ich allerdings Pause auf einer Bank machen. Mein Fuß ist keineswegs gesund und zeigt sich erbost, dass ich sein Liege- und Ausruhgebot gebrochen habe.
Sorry. Es gibt Wichtigeres als Füße. Herzen zum Beispiel.
»Der Nächste bitte.« Eine freundlich lächelnde Krankenschwester hält mir eine Tür auf. Ich gucke sie fragend an.
»Sie Ärmste, da hat es Sie ja doppelt erwischt«, sagt sie mit Blick auf mein bandagiertes Bein.
Na klasse, ich habe ausgerechnet vor dem Arztsprechzimmer eine Pause eingelegt. Intelligent, Rosa. Wirklich.
Jetzt muss ich schnell eine Ohrenkrankheit erfinden, um die nette Schwester nicht zu enttäuschen. »Äh, ich … wollte, ich meine … Ich …« Was zum Teufel mache ich hier eigentlich?
»Jetzt kommen Sie bitte«, sagt die Schwester schon etwas resoluter. »Der Doktor muss nach der Sprechstunde gleich noch einmal in den OP.«
Ich denke fieberhaft nach. Was soll ich dem Arzt denn erzählen?
Die Schwester lässt ein gereiztes »Hämmh« ertönen. Ehe sie mich noch an den Haaren ins Sprechzimmer schleift, rücke ich lieber mit der Wahrheit heraus.
»Ich wollte mich hier nur kurz ausruhen. Bin schon wieder weg. Entschuldigung.«
»Das heißt, Sie haben gar keinen Termin bei Dr. Andrees?«
»Haben …« Mir rutscht ein irres Kichern heraus. »Haben Sie Dr. Andrees gesagt?«
»Ja. Er hat jetzt Sprechstunde.« Der Blick, mit dem die Schwester mich bedenkt, ist eindeutig. (»So jung und schon so einen Sprung in der Schüssel.«)
»Ich habe nämlich doch einen Termin bei ihm«, sage ich und werde knallrot. »Jetzt erinnere ich mich.«
»Dann kommen Sie doch bitte umgehend herein«, sagt sie honigsüß. »Haben Sie sich denn unten in der Patientenaufnahme angemeldet?«
»Ähm … ja?« Ich würde mich nicht wundern, wenn sie gleich eine Spritze mit Psychopharmaka aufzieht.
Im Schwindeln bin ich so grottenschlecht. Die Schwester scheint mir dennoch zu glauben und geht aus dem Zimmer. Vielleicht holt sie ja auch den Sicherheitsdienst.
Ich sehe mich ein wenig um. Mein letzter Besuch in einer HNO-Praxis ist 20 Jahre her. So furchterregend hatte ich das nicht in Erinnerung. Ein großer, erhöhter Stuhl steht im Raum und auf dem blanken Metalltisch liegen geschätzte 100 verschiedene Metallinstrumente. Da würde ich nicht durchblicken. Meine Bewunderung für Basti steigt.
Die Schwester schaut noch einmal herein. »Der Doktor kommt gleich«, sagt sie säuerlich und verzieht sich wieder.
Zum Glück. Wenn sie sehen würde, weshalb ich wirklich hier bin, würde sie mich endgültig für wahnsinnig erklären.
Da kommt Basti endlich herein.
Schlagartig weiß ich, warum Ärzte sich für unwiderstehlich halten. Sie sind es!
Basti sieht in seiner weißen Kluft einfach umwerfend aus. Ein paar Instrumente lugen aus seiner Tasche und am Kittel hat er ein Namensschild. Heute trägt er mal eine Brille. Er liest in einer Patientenakte und telefoniert gleichzeitig mit seinem Handy.
»Ein kongenitales Cholesteatom in dieser Größe sollten wir in absehbarer Zeit operieren. Eile scheint mir aber nicht geboten. Da können Sie ganz beruhigt sein. Lassen Sie sich einen Termin für nächsten Monat geben.«
Lieber Himmel! Ist der Mann sexy.
Von ihm würde ich mich sofort operieren oder mit diesen tausend verschiedenen Pinzetten kneifen lassen. Kein Problem. Aber noch lieber würde ich jetzt aufspringen (Okay! Vorsichtig aufstehen und zu ihm humpeln.) und ihn küssen. Aber vor das Vergnügen hat der liebe Gott die Arbeit gesetzt und die kommt jetzt.
»Sie sind Frau …«, sagt er, legt endlich auf und guckt auf die nächste Akte.
»Redlich«, sage ich. Meine Stimme zittert. »Rosa
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