Glückskekssommer: Roman (German Edition)
freue mich halb kaputt. Endlich! »Ich habe so oft versucht, dich zu erreichen. Es tut mir so leid, dass ich zu spät kam. Es war wegen Lila … Nein, das ist Quatsch. Ich war selber schuld, aber ich kann dir alles erklären. Es ist nämlich …«
Am anderen Ende der Leitung ist es verdächtig still. Kein Wunder! Ich rede ja auch wie ein Wasserfall. »Bist du noch dran?«
»Ja.«
Erst jetzt realisiere ich, dass er nicht gerade wie ein verliebter junger Mann klingt. Eher wie jemand, der gerade einen Termin beim Zahnarzt macht.
»Ist … Ist alles okay?«, frage ich. »Wie gesagt. Es tut mir leid wegen neulich.«
»Mir tut es auch leid«, antwortet er. »Ich musste eilig zum Flughafen. Mein Bruder hat mich mit einem Überraschungstrip zu meiner Mutter nach Sardinien überfallen. Sie hatte Geburtstag. Mein Handy … Na, das weißt du ja.«
»Das muss dir nicht leid tun.«
Obwohl er total sachlich und kühl klingt, freue ich mich. Endlich weiß ich, warum er nicht angerufen hat. Ohne Handy ist man heute gar kein vollständiger Mensch mehr, zumindest aber außerstande, seine Kommunikation am Laufen zu halten.
»Es tut mir aber leid, denn in zwei Tagen kann viel passieren«, sagt er jetzt und fügt rätselhaft hinzu: »Das müsstest du doch wissen.«
Da gebe ich ihm auf jeden Fall recht. Aber es erklärt kein bisschen, warum er so kühl ist.
Hat er etwa im Flugzeug eine Traumfrau kennengelernt und jetzt bin ich abgemeldet?
»Rosa, ich muss arbeiten«, sagt er.
Mir wird plötzlich ganz elend beim Klang seiner Stimme.
»Mach’s gut.«
»Mach’s gut«, antworte ich. Mechanisch lege ich auf. Dann breche in Tränen aus.
Es ist so ungerecht. Zwei Tage haben wir uns nicht gesehen. Und schon hat er eine Superfrau. Und ich? Ein Supertrauma. Oder wie das Dingsbums heißt. Jedenfalls nichts, was wirklich super ist.
Ich füge noch ein neues Ziel für meine Zukunft hinzu.
Nie wieder einen Termin verschwitzen!!! Nicht mal um eine klitzekleine Stunde (oder zwei!). Männer werfen sich nämlich direkt und ohne Zögern in die Arme einer anderen Frau, wenn man nicht pünktlich ist.
Ich muss auch irgendwas werfen. Wie wäre es mit meinem Handy?
Vicki kommt gerade nichts ahnend in mein Zimmer.
»Was ist denn mit dir los?«, schreit sie entsetzt und duckt sich.
»Basti hat eine andere kennengelernt«, jammere ich.
»Ehrlich? Hat er dir das gerade gesagt?«
»Ja!«
»Direkt ins Gesicht? Das ist hart.«
»Er hat es gar nicht gesagt.«
»Wie jetzt? Hat er oder hat er nicht?«
»Jetzt frag mich doch nicht so komplizierte Sachen!«
Vicki fängt an zu lachen. Nachdem ich ihr das Telefonat in Kurzform geschildert habe, zeigt sie mir einen Vogel.
»Was erwartest du eigentlich?«, sagt sie kopfschüttelnd. »Er umwirbt dich seit Wochen und du stellst dich an wie die Prinzessin auf der Erbse und Dornröschen gleichzeitig.«
Zimperlich und verpennt – tolle Kombi. Überhaupt, den Vergleich mit irgendwelchen Märchentanten hatte ich lange nicht. Scheint wieder schlimmer zu werden mit mir.
»Was soll ich denn jetzt machen?«, frage ich ratlos.
»Du musst ihm endlich verklickern, dass du ihn auch willst«, fordert Vicki. »Sonst wird das nichts. Reiß ihn aus den Armen der Superfrau, aber schnell.«
»Und wie soll ich das machen?«
Vicki seufzt nur. »Keine Ahnung.«
Als sie weg ist, bleibe ich mit meinen Gedanken allein.
Los Rosa! Denk an deine Vorsätze. Zeig ihm endlich, dass du ihn auch willst!
Es dauert nicht allzu lange, dann habe ich tatsächlich eine Idee.
*
Mit meinen Winnie-Pooh-Schuhen und der Jogginghose sehe ich aus wie ein waschechter Krankenhauspatient.
Ich habe gezogen und gezerrt, aber über meinen Fußverband passte keine Jeans. Aber ein Kleid sah zu den Schuhen noch bescheuerter aus als die Jogginghose, die wenigstens von Adidas ist.
Es gibt verführerischere Outfits. Wahrlich. Aber ehrlich – war ich schon ein einziges Mal, wenn ich Basti getroffen habe, wirklich verführerisch? Ich meine so, wie Marlene mit dem sinnlichen Augenaufschlag oder Marilyn mit ihren geschürzten Lippen und dem atemberaubenden Dekolleté? Ich glaube nicht. Trotzdem hat er irgendetwas in mir gesehen und sich bemüht, mich näher kennenzulernen.
Also kann ich wohl auch in Jogginghosen und Hausschuhen vor ihn treten. Oder?
Ich weiß auch nicht, ob meine Einstellung selbstbewusst oder einfach nur wahnsinnig ist. Oder von beidem ein bisschen. Aber eines weiß ich genau. Zum Nachdenken, Stylen oder
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