Glückskekssommer: Roman (German Edition)
Redlich.«
Endlich schaut er von seinem Papierkram weg zu mir. »Rosa?«
Ich schlucke schwer. »Ja.«
Er lächelt. Schief und unsicher, aber er lächelt. »Was führt dich hierher?«
»Du.«
Er schluckt. Dann entdeckt er meine Schuhe. »Hast du dich hübsch gemacht für mich?«
»Ich habe mir den Fuß verknackst«, sage ich hilflos. »Ich habe sonst nur Zehn-Zentimeter-Absätze.«
»Und du bist so durch die ganze Stadt gefahren?« Er lächelt schon viel mehr.
»Ja.« Ich will ihn küssen.
»Warst du schon beim Arzt deswegen?«
»Gestern Abend. Der Nachbar hat mich gefahren.«
»Der Nachbar?«
Ich will ihn immer noch küssen, und er fragt nach dem Nachbarn? Meine Geduld wird auf eine harte Probe gestellt.
»Es hat so wehgetan. Der Ärmste musste mich halb tragen.«
»Und dann hast du den Kopf an seine Schulter gelegt?«
Habe ich das? Kann sein. Ist das jetzt wichtig?
»Äh?« Ich habe das Gefühl, dass wir uns vom eigentlichen Thema entfernen.
»Das war also der Nachbar?«
Himmel! Für einen Arzt scheint er mir gerade etwas begriffsstutzig. Im Fernsehen sind die Typen jedenfalls schneller. Sie rammen ihre Spritzen oder Messer immer blitzschnell und ohne nachzudenken in ihre halb toten Patienten.
Oder halt! Es dämmert. Bin ich vielleicht diejenige, die begriffsstutzig ist?
»Warst du …«, frage ich unsicher. »Warst du gestern Abend bei mir zu Hause?«
»Mit Rotwein, Baguette und französischem Käse.«
»Und da hast du mich gesehen, als ich mit Leo aus der Haustür kam?«
»Ihr saht ziemlich innig aus.«
»Ich hätte ihm beinahe auf die Schuhe gekotzt.«
Wir stehen uns gegenüber.
Es ist wie in einem Film – in einem weltklasse, oscarprämierten Liebesfilm, in dem sich endlich mal die Richtigen kriegen! Wir schauen uns an und alles um uns herum wird nebensächlich. Es gibt nur noch ihn und mich.
»Rosa!«
»Basti!«
Endlich, endlich nehmen wir uns in die Arme und alles ist gut. Ich hab’s geahnt. Nein, besser, ich habe es die ganze Zeit gewusst, dass dieser Mann verdammt gut küssen kann.
*
Ich liebe meine Ziele. Sie sind alle so was von großartig.
Ich liebe Glückskekse. Sie sind einfach unglaublich schlau und führen einen genau dahin, wo man hin will – Umwege inklusive.
Und … ich liebe Basti!
Glückskeks 13
Rüge deine Familie im Verborgenen und lobe sie in der Öffentlichkeit!
»Halt das hier kurz fest«, sagt Basti.
Er reicht Vicki das Seil, mit dem er gerade Omas Festpavillon spannt. Es wackelt heftig, weil noch nicht alle Heringe in den Boden geschlagen sind.
»Haaalten! Bitte.«
Sebastian klingt beunruhigt. Seit Vicki die Strippe in der Hand hat, kommt das Zelt in bedrohliche Schieflage. Sie quiekt aufgeregt und gibt sichtlich ihr Bestes. Jedoch ohne nennenswerten Erfolg. Ich stehe auf, um ihnen zu helfen.
»Du bleibst sitzen!«, rufen sie wie aus einem Mund.
Pah, dann eben nicht. Soll ihr blödes Zelt doch einstürzen.
Ich sitze seit zwei Stunden wie die Königin von Saba auf Omas Hollywoodschaukel und schaue den anderen beim Arbeiten zu. Das passt mir überhaupt nicht. Sogar meine Großmutter, die heute 79 wird, wuselt schwer beschäftigt durch den Garten.
»Kann ich nicht wenigstens schon die Servietten falten? Ich habe Langeweile«, nörgele ich.
»Später, Kind«, antwortet Oma. Sie schleppt gerade einen Stapel weißer Leinentischdecken nach draußen. »Jetzt bleibst du erst einmal sitzen. Ich bringe dir Kaffee und einen Glückskeks.«
Na gut, dann vertreibe ich mir eben die Zeit mit ein wenig Hellseherei. Ist ja auch so eine Art Beschäftigung. Ich habe schon gesehen, dass meine Großmutter ein paar Schachteln Glückskekse gekauft hat. Das wird ein Hit nachher auf der Feier.
Vielleicht sollte ich mich als Hellseherin verkleiden und die Kekse unter die Leute bringen? Das wäre doch ein schöner Spaß.
Ich hoffe, dass ich heute endlich mein großes Liebesorakel bekomme. So wie Vicki, die schon einen ganzen Stapel davon in ihrer Teebüchse hat. Ich habe keinen einzigen. Als Oma mir Kaffee und Keks an meinen Platz bringt, schaue ich sofort nach. Enttäuschend …
Rüge deine Familie im Verborgenen und lobe sie in der Öffentlichkeit!
… wobei auch durchaus passend, schließlich sind sie alle im Anmarsch, um mit meiner Großmutter zu feiern. Andererseits hatte ich nicht vor sie zu rügen. Warum sollte ich? Ich stecke den Zettel in meine Hosentasche. Wie ich meine lieben Glückskekse so kenne, werde ich am Ende des Tages
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