Glückskinder – Warum manche lebenslang Chancen suchen - und andere sie täglich nutzen
wächst, gehört den Armen. Natürlich haben 2 000 stürmische Jahre diese Regeln ein wenig abgeschliffen. Und die Wirtschaft kennt inzwischen Verrichtungen, die über das Einbringen der Feldfrüchte und die Weinlese hinausgehen. Doch das Sabbatjahr ist so beliebt wie nie. Immer mehr Menschen nehmen sich eine Auszeit vom Job.
Ein Sabbatical steigert Motivation und Kreativität enorm. Und es beugt dem Burn-out vor. In Dänemark wird es sogar vom Staat gefördert. Auch Finnland und die Niederlande haben ein vergleichbares Programm. Wir Deutschen warten gerne erst mal ein wenig, bevor wir solche Chancen ergreifen. Wir haben ja genug andere Dinge zu erledigen. Aber das wird kommen. Das Gegengift ist: Abstand. Wir sollten einfach mal ein wenig auf Abstand gehen. Wir ahnen das, wir wünschen uns das – weshalb ein Buch mit dem Titel
Ich bin dann mal weg
zum Mega-Bestseller geworden ist.
Glückskinder halten Abstand zu sich selbst. Um sich näher zu sein.
Mal weg zu sein, ist natürlich ein Investment. Und wir wissen ja jetzt schon, wie schlecht wir im Investieren sind. Lieber lesen wir ein Buch, um uns vom vorbildlich abschaltenden Fernsehclown eine Scheibe abzuschneiden – dann müssen wir es ja selbst nicht tun. Dabei sollten wir einfach mal hochrechnen, was wir gewinnen, wenn wir weniger und dafür intelligenter arbeiten. Das Richtige tun statt das Falsche immer besser zu tun. Nicht nur die Dinge richtig machen, sondern auch die richtigen Dinge machen. Dann finden wir wieder zu uns. Glückskinder halten Abstand zu sich selbst. Um sich näher zu sein.
|191| Wenn Sie also die Bäume vor lauter Wald oder den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr sehen, müssen Sie eine Lichtung aufsuchen und sich dort mal hinsetzen. Dann drehen Sie am Filter, verändern den Fokus und sehen die Dinge mit anderen Augen an. Sie gehen auf die Metaebene, der Psychologe sagt, Sie nehmen eine dissoziierte Perspektive ein, Sie denken quasi »außer sich«, Sie blicken auf sich herunter, wie Sie da auf der Lichtung sitzen, und Sie fragen sich: Was tu ich da eigentlich? Wozu tue ich eigentlich, was ich da tue? Was bewirke ich eigentlich mit dem, was ich da tue? Was ist das eigentlich, was ich da tue, hinter dem, was ich vordergründig tue?
Sich selbst und sein Handeln einmal so anzuschauen ist so, als würden wir das Spielfeld des Lebens verlassen. Wer den Standpunkt verlässt, der bekommt einen anderen Blickwinkel und ein anderer Blickwinkel ergibt eine andere Sichtweise. Es ist wie im Sport. Sportler schauen sich ihre Gegner und sich selbst auf Video an, um aus einer anderen Perspektive zu sehen, was da passiert. Was sie tun und wie sie selbst agieren. Derjenige, der im Tennisspiel selbst mitspielt, kann sich fragen: Was ist passiert? Was passiert gerade? Derjenige, der auf der Tribüne sitzt, kann sich zusätzliche Fragen stellen: Was wäre machbar gewesen? Wie ist das Zusammenspiel? Was haben sie gefühlt? Was haben sie darüber gedacht? Jemand der nicht selbst den Tennisschläger führen muss, dürfte mehr Zeit haben, den Gegner und sich selbst zu beobachten. Das ist ein Unterschied. Auf der Metaebene werden die Prinzipien untersucht, nach denen das, was auf der Objektebene als einzelne Instanz auftritt, geschieht. Die Vermischung von (Objekt-)Ebene und Metaebene ist eine Möglichkeit, um selbstbezügliche Aussagen oder Bilder zu erstellen. Derjenige, der außerhalb seines eigenen Spielfelds steht, kann sich auch selbst coachen – größer und besser denn je.
Vielleicht kann kein Leben wirklich Abstand zu sich selbst nehmen – es kann jedoch innehalten und Abstand von seinen üblichen Lebensverhaltensweisen nehmen. So etwas erleben wir manchmal beim Fernsehschauen, wenn wir eine vollkommen unverständliche Talkshow über die Menschen, die uns so fremd sind, sehen, wenn wir die Nachrichten hören, in der eine Schreckensmeldung die andere jagt, wenn wir von Raub, Mord, Tod und Kinderschändung |192| hören, dann meinen wir, es ist etwas falsch auf dieser Welt. Und wir sitzen da drauf auf dieser Welt – und schütteln den Kopf. Und manchmal sitzen wir auf unserer Lichtung des Lebens und schütteln den Kopf – über uns selbst.
Dann sehen Sie auf einmal, wie die Puzzleteilchen in das große Bild passen. Sie bekommen den Überblick. Sie schaffen es plötzlich, Ihre Probleme als Chancen im auf links gedrehten Gewand zu sehen. Dann schaffen Sie es, komplett infrage zu stellen, was Sie bislang ständig optimiert hatten. Dann fällt von
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