Glückskinder – Warum manche lebenslang Chancen suchen - und andere sie täglich nutzen
wird doch niemand bestreiten wollen. Es gab noch nie so viele Informationen für jedermann verfügbar. Das macht es doch kinderleicht! – Sofern ich die Fähigkeit habe, erstens die richtigen Probleme auszuwählen und zweitens mich auf die Lösung des Problems zu fokussieren. Das ist wirklich nicht komplex! Wenn auch für die meisten ganz offensichtlich eine beinahe unüberwindbare Herausforderung. Wir sind lediglich nicht in der Lage, uns die Dinge aus den praktikablen Perspektiven anzuschauen – und nennen das dann Komplexität.
Wenn ich mir vorstelle, ich würde 1711 in New York ankommen, ohne iPhone, ohne Tripadvisor, ohne Kreditkarte, ohne Taxi, ohne …
Aber seien Sie sicher: Vor 300 Jahren gelebt zu haben, das war wirklich komplex! Wenn ich mir vorstelle, ich würde 1711 in New York ankommen, ohne iPhone, ohne Tripadvisor, ohne Kreditkarte, ohne Taxi, ohne … das wäre schwierig! Gut, spannende Frage: Was werden die Menschen in 300 Jahren über uns sagen?
Und er sah, dass es gut war
Es klingelt an der Tür. Der Hund ist zum Bellen zu faul. Der Hausherr stöhnt, als er sich aus dem Sessel schält, um zur Tür zu humpeln. Er öffnet die Tür – das offene Gesicht eines hübschen Mädchens strahlt ihm entgegen. Viel älter als 19 wird sie nicht sein. Ihr T-Shirt spannt sich über den festen Brüsten, die den aufgedruckten Pandabär so plastisch wirken lassen, dass man ihn am liebsten streicheln würde. Zum ersten Mal an diesem Tag erhellt sich das Gesicht des Mannes. Er ist sturmreif geschossen, bevor das erste Wort ihre vollen Lippen verlassen hat. Sie könnte ihm jetzt einen Zeppelin verkaufen, wenn sie wollte. Aber das will sie gar nicht.
»Guten Tag! Ich komme von der Organisation Grüner Frieden. Also Tierschutz, Sie wissen schon. Wollen Sie uns mit einer kleinen Spende unterstützen? Wir sammeln nur Mikrospenden, damit jeder mitmachen kann. Also, es geht um 1,50. Äh, monatlich.«
|185| »Umpf. Also. Kein, äh, Bargeld im Haus«, stottert der Mann verschämt, ein Schweißtropfen rollt von seiner Stirn in die Bartstoppeln.
»Kein Problem. Das geht mit Einzugsermächtigung. Geht dann von selbst. Sie müssen nur hier unterschreiben!«
Mit der Unterschrift in der Tasche verlässt die junge Frau das Grundstück für immer. Die Haustür schließt sich erst, als sie hinter der Hecke des Nachbarhauses verschwunden ist.
Ganz klar, der Mann hat investiert. Na gut, es geht nur um einen kleinen Betrag, aber die Geste ist doch, was zählt, oder nicht? Für die Allgemeinheit. Die armen Tiere. Sauerei, wie die ausgerottet werden! Die armen Pandabären. Das ist es doch mal wert. Jetzt ist er auch mal für was. Und nicht immer nur gegen alles! Naja, und wie sollte er dem blitzsauberen Mädel auch irgendwas abschlagen?
Was weder die erfolgreiche Spendensammlerin noch der engagierte Spender wissen: Wie viel diese Unterschrift denn nun in etwa wiegt. Dabei ist das keine höhere Mathematik. 1,50 Euro monatlich für den Rest des Lebens inklusive Zins und Zinseszins sind locker mal eben 4 500 Euro. Hoppla!
Ein paar Tausend Euro spenden, nur weil das T-Shirt der Spendensammlerin eine Nummer zu klein ist …
Im Investieren sind wir schlecht. Das liegt zum einen daran, dass wir nicht rechnen können, zum anderen, dass wir kein Gefühl dafür haben, wann wir knauserig sein sollten und wann wir in die Vollen gehen müssen. Ein paar Tausend Euro spenden, nur weil das T-Shirt der Spendensammlerin eine Nummer zu klein ist, ist vielleicht keine ganz blendende Entscheidung, vor allem, wenn sich der Mann eine solche Ausgabe schlicht nicht leisten kann. Spenden sind Investitionen in Emotionen. Oder genauer: in ein gutes Gewissen. Aber auch da muss das Preis-Leistungsverhältnis stimmen.
Andererseits ist das Teurere manchmal das Bessere − und auf Dauer Sparsamere. Einen teuren Rechner fünf Jahre lang nutzen, während die anderen in der gleichen Zeit zwei billige Computer verschleißen, ist gut gerechnet. In eine gute Geschäftsidee nicht zu |186| investieren, weil gerade kein Geld verfügbar ist, ist nicht nur schlecht gerechnet, sondern dumm. Und sich nicht weiterzubilden, weil der Chef es nicht bezahlt, ist verantwortungslos.
Aber der Reihe nach: Natürlich müssen wir alle unsere Kosten im Griff behalten. Ein guter Kaufmann rechnet mit spitzem Bleistift. Denn wenn die Fixkosten die monatlichen Einnahmen dauerhaft überschreiten, ist das Geschäft schneller geschlossen, als der Kaufmann »aber« sagen kann. Also wird
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