Glückskinder – Warum manche lebenslang Chancen suchen - und andere sie täglich nutzen
jeder Kostenfaktor dreimal umgedreht und gespart, was das Zeug hält. Jedenfalls in guten Unternehmen und Haushalten. Das Prinzip ist nicht das des Bundeshaushalts, sondern das der Badewanne: Aus dem Zulauf muss mehr Wasser kommen als aus dem Ablauf aus der Wanne herausfließt. Das ist das schlichte Geheimnis des Reichtums.
Aber jetzt kommt das große Aber: Investitionen sind keine Kosten! Für sie gilt die Regel nicht. Als Richard Branson 28 Jahre alt war und gerade ein frisch gebackener Jungunternehmer, der sein gesamtes Kapital in sein Plattenlabel Virgin Records gesteckt hatte, verliebte er sich in eine kleine Insel im Archipel der Britischen Jungferninseln in der Karibik: Necker Island. Seine Vision: Er wollte dorthin seine Rockstars einladen. Er ergatterte die Insel zu einem relativ moderaten Preis von 180 000 englischen Pfund von seinem klammen Vorbesitzer, aber das brachte Branson bereits an seine finanziellen Grenzen. Der Haken an dem Deal war, dass die Regierung der British Virgin Islands die Auflage machte, dass innerhalb von fünf Jahren ein funktionierendes Ferienresort aufgebaut und in Betrieb genommen sein musste, andernfalls würde die Regierung die Insel enteignen und wieder dem Staatsvermögen einverleiben.
Doch Branson hatte kein Geld. Was also tun? Sein Vorbesitzer hatte in einer ähnlichen Situation die Insel wieder abgestoßen. Aber Branson wäre heute nicht Sir Richard und ein weltweit berühmter Unternehmer und Multimilliardär, wenn er seine Vision kurzerhand verkauft hätte. Er sagte sich wohl sinngemäß: Den Bagger hole ich, wenn der Berg abzutragen ist, nicht, wenn der Weg frei ist – ich investiere nicht, wenn ich kann, sondern wenn die Gelegenheit da ist!
Also langte Branson so richtig zu. Er trieb mit aller Macht und größtem Einsatz in drei Jahren 10 Millionen Pfund auf und steckte |187| sie in den Bau eines wunderschönen, höchst exklusiven Villenkomplexes mit allerfeinster Ausstattung für zehn, später 28 Betten – inklusive Traumstränden, Pools, Tennisplätzen und allem möglichen Schnickschnack sowie Personal von 60 Köpfen. Und das alles auf einem der schönsten Fleckchen, die diese Welt zu bieten hat. Eine Übernachtung in diesem Ambiente kann man für 50 000 Dollar oder mehr pro Nacht verkaufen, dafür gibt es einen Markt. Hätte Branson es preiswerter gemacht, um die Investitionssumme zu drücken, wäre er in Konkurrenz mit vielen hundert anderen Luxusresorts auf der Welt gegangen. Das hätte den am Markt erzielbaren Preis gemindert, und dann wäre es für ihn höchst schwierig geworden, sein Investment wieder zurückzubekommen. Aber in dieser Super-Kategorie war noch Platz, er erzielte mit seinem traumhaften Resort traumhafte Renditen und mittlerweile hat er die investierte Summe locker zigfach wieder eingespielt.
Es hatte ihn anfangs fast seine Existenz gekostet. Jeder vernünftige Berater hätte ihm abgeraten: Junge, du übernimmst dich! Aber Branson hatte genau gewusst, was er tat. Er wusste, diese Gelegenheit kommt nicht wieder. Er hat die Rendite gesehen, nicht die Kosten. Er hatte den Chancenblick.
Manchmal lohnt sich also das Teuerste am meisten. Auch die besten Sportclubs der Welt wissen das, ob es nun die Basketballteams in den USA sind oder die großen Fußballvereine: Die teuersten Spieler sind oftmals für den Verein die lukrativsten. Und nicht nur in den großen Unternehmen gilt das: Eine Mitarbeiterin von mir mag Ringe. Sie mag sie so sehr, dass sie an jedem Finger durchschnittlich zwei Ringe trägt, insgesamt wohl über 20. Ja, und es sind billige Ringe. Ich finde das sehr schade. Nur einen zu tragen und dafür einen richtig tollen, einen der richtig teuer ist, das wäre schön!
Klar, das ist nur meine bescheidene Meinung. Wenn jemand wirklich lieber viele billige Ringe trägt als einen schönen, dann ist das natürlich trotzdem die richtige Wahl. Viele lieben ja auch den saisonalen Wechsel und kaufen bewusst bei accessorize.com für jede Saison neue Schmuckstücke ein. Bestens. Nun manchmal sehen die Leute gar nicht, dass die vielen kleinen Preise höher sind als der eine |188| hohe Preis und dass das eine schöne Stück unterm Strich preiswerter sein kann als die vielen billigen Stücke.
Hohe Kosten sind schlecht, hohe Investitionssummen aber oft richtig günstig. Die Kunst besteht darin, beides zu können, sparen und großzügig investieren. Aber wer kann das schon?
Um zu investieren, brauche ich Zugang zu einer großen Vision, weil ich
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