Glücksklee
Ja, Nina, du solltest Cathy fragen. Sie weiß das bestimmt.»
«Aber sie ist nicht hier, oder?», erwiderte Nina zähneknirschend.
«Du solltest deine Mutter fragen», wiederholte Patrick, als hätte seine Tochter keinen Ton gesagt.
Nina schaute ihre Freundinnen an. «Tut mir leid», seufzte sie, während Patrick sich in die Küche verzog. «Es hat keinen Sinn. Lasst uns wieder gehen.»
«Ach, verdammt», rief Trish und folgte ihm in die Küche. «Mr. Hughes, bitte, wenn Sie sich nur mal kurz diesen Artikel anschauen könnten, dann lassen wir Sie auch gleich wieder in Ruhe.» Sie hielt Patrick das Stück Papier unter die Nase. «Wir möchten gerne mehr darüber wissen, was damals passiert ist.»
Ninas Vater warf nun tatsächlich einen Blick auf den Artikel. Er schien ihn etwa bis zur Hälfte zu überfliegen, doch dann schaute er plötzlich auf den Boden.
«Warum sind Sie damit zu mir gekommen?», fragte er tonlos.
Ruth mischte sich ein. «Wie gesagt, Mr. Hughes, wir dachten, Sie wüssten vielleicht noch etwas über den Vorfall», sagte sie erwartungsvoll.
«Weißt du denn etwas darüber, Dad?»
«Ja, ich weiß etwas darüber.»
Ruth starrte Patrick an, als könne sie allein durch die Kraft ihres Blickes weitere Informationen aus ihm herausholen.
Jetzt wisst ihr, was ich hier durchmache, dachte Nina.
«An was kannst du dich denn erinnern, Dad? Was ist damals passiert?»
Instinktiv wusste Nina plötzlich, dass sie behutsam vorgehen mussten. Patrick ließ sich nie zu etwas zwingen, und wenn sie ihn zu sehr drängten, würde er wieder dichtmachen und aus der Küche verschwinden.
«Bitte, Mr. Hughes, wir sind einfach neugierig. Wir hatten noch nie etwas von dieser Sache gehört», versuchte Trish es erneut.
Patrick seufzte tief auf und schüttelte den Kopf. Er ließ den Blick durch die Küche wandern, als suche er etwas. Doch bei genauerem Hinsehen entdeckte Nina etwas in seiner Miene, was sie sich nicht erklären konnte, fast so, als fechte er einen inneren Kampf aus.
«Mr. Hughes, das ist doch wirklich eine Kleinigkeit.»
«Nein, das war keine Kleinigkeit!», brüllte er. Schockiert über seine plötzliche Heftigkeit zuckten die drei Frauen zurück.
Ninas Herz klopfte wie rasend. Was spielte sich hier ab? Warum ging das Thema Patrick so nahe? Sie verstand seine Reaktion nicht. Hatte er … hatte er etwa selbst etwas damit zu tun?
«Vielleicht sollten wir wieder gehen», meinte Ruth leise. Sie schaute Patrick an. «Es tut mir leid, dass wir Sie so aufgeregt haben, Sir. Wir wollten nur fragen, ob Sie etwas darüber wissen. Wir dachten, es könnte vielleicht wichtig sein, aber das spielt keine Rolle. Bitte entschuldigen Sie.»
Während Ruth und Trish sich zum Gehen wandten, blieb Nina wie angewurzelt stehen. Sie und ihr Vater starrten sich an.
Es war, als hätte das Haus plötzlich angefangen zu schrumpfen, als würden die Wände bedrohlich näher rücken. Auf einmal wusste Nina, dass sie die Frage stellen musste, obwohl sie die Antwort bereits kannte.
«Dieses Baby», begann sie atemlos, «das Baby, das vor dreißig Jahren auf der Treppe vor dem Café ausgesetzt wurde … das war ich, oder?»
Patrick hatte den Blick nicht von ihr abgewandt. Sein Gesicht war so ausdruckslos wie immer. «Ja, Nina», antwortete er schlicht, «das warst du.»
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Kapitel 36
Nina stand in der Küche, so tief verletzt wie noch nie in ihrem Leben. Sie konnte nicht sprechen, konnte sich nicht rühren, vermochte kaum zu atmen. Trish war wie erstarrt und schaute Patrick entsetzt an. Auch Ruth blieb reglos stehen, als hätte sie Angst, sich zu bewegen. Ninas Vater jedoch hatte sich, nachdem seine Worte eingeschlagen waren wie eine Bombe, einfach umgedreht und bereitete weiter sein Essen zu.
Ihre Eltern hatten sie als Baby ausgesetzt! Cathy hatte sie verstoßen! Aber warum? Was hatte sie falsch gemacht? Was stimmte nicht mit ihr? Oder besser, was stimmte nicht mit ihrem Vater? Wie konnte er ihr so etwas vor die Füße knallen und sich dann gleich wieder seinen alltäglichen Beschäftigungen widmen, als wäre nichts geschehen?
«Nina?» Ruth berührte ihren Arm und riss sie damit aus ihren Grübeleien.
«Das glaube ich dir nicht!», schrie Nina Patricks Hinterkopf an. «So was würde Mum niemals machen. Sie hat mich lieb! Sie hat immer alles für mich getan. Du bist derjenige, der –» Sie brach ab, denn plötzlich ging ihr ein Licht auf. «Ach so», flüsterte sie, wie zu sich selbst. «Das war
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