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Glücksklee

Glücksklee

Titel: Glücksklee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holly Greene
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gar nicht Mum, die mich ausgesetzt hat. Du warst es, stimmt’s?»
    Patricks Rücken wurde plötzlich steif. Aus den Augenwinkeln nahm Nina wahr, dass Ruth und Trish sich langsam aus der Küche verdrückten. Offenbar hielten sie es für das Beste, Vater und Tochter allein zu lassen.
    Doch Nina wollte gar nicht mit ihrem Vater allein sein. Nein, sie wünschte sich möglichst weit von ihm fort. Vorher jedoch musste sie die Wahrheit erfahren.
    «Deswegen hat sie dich verlassen, stimmt’s? Deswegen hat sie mich aus Lakeview weggebracht. Und das war richtig so – jetzt weiß ich, warum du nie irgendwas unternommen hast, um mich zu sehen, warum du nie länger mit mir zusammen sein wolltest. Selbst jetzt grüßt du mich ja kaum! Warum hast du so einen Hass auf mich, dass du mich schon als kleines Baby loswerden wolltest? Was habe ich dir denn bloß getan?»
    Mit zornfunkelnden Augen wartete Nina darauf, dass Patrick sich zu ihr umdrehte, doch er zog eine Schublade auf und fing an, darin herumzukramen.
    Nina stieß ein kurzes, bitteres Lachen aus. «O Mann», sagte sie, «was bist du bloß für ein kalter, herzloser Unmensch. Habe ich nicht wenigstens eine Erklärung verdient?»
    «Es tut mir leid, Nina», erwiderte Patrick nur, aber seine Stimme war so leise, dass Nina sich anstrengen musste, um ihn zu verstehen.
    «Das ist alles? Mehr hast du mir nicht zu sagen? Du setzt mich aus, verdammt noch mal, in einem Pappkarton, und sagst dazu nur ‹Tut mir leid›?»
    Inzwischen war Ruth wieder in die Küche gekommen. «Nina, vielleicht solltest du ein paar Minuten rausgehen. Frische Luft schnappen. Das würde dir helfen, einen klaren Kopf zu kriegen.»
    «Ja, ich gehe jetzt raus, sofort», erwiderte Nina scharf. «Aber ich gehe für immer, und ich werde nie, nie wieder einen Fuß in dieses Haus setzen!»
    Patrick blieb regungslos am Herd stehen. Nina zitterte. Sie merkte kaum, dass Ruth sie am Arm nahm und aus der Küche und dann durch die Haustür ins Freie führte.
    «Er hat mich ausgesetzt», murmelte sie. «Er hat mich ausgesetzt! Er wollte mich nicht.»
    «Pst.» Trish kam dazu und legte den Arm um sie. «Ist ja gut.»
    «Jetzt kann ich nirgends mehr hin.» Nina begann zu weinen.
    «Mach dir deswegen keine Sorgen, Nina. Wir kümmern uns um dich. Du kannst bei mir wohnen», tröstete Ruth sie sanft.
    «Ich will ihn nie mehr sehen.»
    «Und das musst du auch nicht, wenn du es nicht willst», meinte Trish.
    Langsam entfernten sie sich von Patricks Haus. Trish und Ruth führten Nina den Weg entlang, der auf die andere Seite des Städtchens führte.
    «Ich muss mit Mum sprechen», erklärte Nina und wischte sich die Tränen aus dem Gesicht. Sie suchte in ihrer Handtasche nach ihrem Handy, aber Ruth hielt sie zurück.
    «Ich finde, das ist eine gute Idee, aber warte vielleicht noch ein bisschen, bis du dich beruhigt hast. Deine Mutter ist doch weit weg, da wird sie sich doppelt erschrecken, wenn du sie in deiner jetzigen Verfassung anrufst. Warte, bis du den ersten Schock überwunden hast.»
    Nina war klar, dass Ruth recht hatte, aber sie musste Cathy unbedingt erreichen. Ihre Mutter war der einzige Mensch, der Licht ins Dunkel der Ereignisse bringen konnte. Patrick würde ihr nichts weiter sagen, und sonst gab es niemanden, der –
    «Ella!», rief Nina aus und blieb abrupt stehen.
    Trish schaute sie an. «Was ist mit Ella?»
    «Ich muss noch mal mit ihr sprechen. Ich muss sie fragen, was an jenem Morgen passiert ist, an dem Tag, als sie … als sie mich gefunden hat.» Nina sah ihre Freundinnen an. «Ich verstehe ja, dass sie vorhin auf keinen Fall darüber reden wollte.» Sie kniff die Lippen zusammen. «Aber jetzt hat sie keine Ausrede mehr.»
    «Nina, meine Liebe, du stehst noch unter Schock. Es ist vielleicht gar nicht so gut, wenn …»
    Doch Nina beschleunigte ihre Schritte. «Ist mir egal. Ich muss rauskriegen, was passiert ist – alles.»
    Als Trish und Ruth klar wurde, dass sie in dieser Angelegenheit nicht mitreden konnten, verstummten sie und ließen Nina gewähren.
    Ein paar Minuten später erreichten die Freundinnen das Café. Wie auf Kommando blieben sie stehen und betrachteten die Treppe. Alle drei hatten den gleichen Gedanken.
    Nachdem Nina den anderen erklärt hatte, dass sie allein mit Ella sprechen wolle, machte sie vorsichtig einen Schritt über die oberste Stufe hinweg, über eben die Stufe, auf der Ella sie vor dreißig Jahren gefunden hatte.

    Langsam ließ sie den Blick durch das Café schweifen.

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