Glücksklee
Sonntagszeitung, ein Boulevardblatt, das ein «Interview» mit einem Exfreund von Ruth abgedruckt hatte. «Vor zehn Jahren sind die zusammen gewesen, und er kann sich angeblich noch an jede Einzelheit erinnern?» Ungläubig schüttelte Trish den Kopf. «Manchmal schäme ich mich für meine Kollegen.»
«Ja, aber du selbst machst solche Sachen doch nicht, oder?», fragte Nina.
«Nee, natürlich nicht. Aber bestimmt sind diese Bettgeschichten ein bisschen interessanter als ‹Einheimischer klaut Schokoladen-Eier›», bemerkte sie trocken.
«O Mann, hoffentlich behält die arme Ruth einigermaßen die Nerven», sagte Nina vorsichtig. «Ich gebe ja zu, ich habe sie damals kaum gekannt, aber jemand, der so mit Schmutz beworfen wird, ist einfach nicht zu beneiden.»
Trish brachte nicht so viel Mitgefühl auf. «Ich finde, das hätte sie sich vorher überlegen sollen, bevor sie sich sinnlos betrunken hat und dann mit ihrem Filmpartner ins Bett gehüpft ist, oder? Jemand wie sie müsste es doch wirklich besser wissen, vor allem, wo sie inzwischen so im Rampenlicht steht.»
«Ich verstehe, was du meinst, aber tun wir nicht alle mal etwas, was wir lieber für uns behalten möchten? Selbst wenn es stimmt, dass Ruth betrunken einen One-Night-Stand hatte, ist das doch ihre Sache, oder?»
Trish warf ihr einen Seitenblick zu, und Nina befürchtete, dass sie zu viel gesagt haben könnte, aber dann grinste ihre Freundin. «Ist ja schon gut, ich hab’s kapiert – tut mir leid, Mama!»
Nina schluckte und bemühte sich, ihre Gesichtszüge unter Kontrolle zu behalten. Hatte sie wirklich wie eine ermahnende Mutter geklungen? Sicher hatte Trish das Wort Mama nur so dahingesagt, aber ihre Bemerkung enthielt doch unabsichtlich eine gewisse Ironie.
Bald erreichten sie das Hotel Clancy und betraten den Festsaal, wo die Party stattfinden sollte.
Nina schaute sich unter den Anwesenden um. Manche Gesichter erkannte sie wieder, viele nicht, aber Lakeview hatte sich seit ihrer Kindheit natürlich sehr verändert.
Während sie sich zur Bar durchdrängten, grüßte Trish nach allen Seiten und machte Nina mit zahlreichen Gästen bekannt. Nina war klar, dass sie sich so viele Namen gar nicht merken konnte.
«Sekt, oder was meinst du?», fragte Trish, als sie die Bar erreicht hatten.
«Hm, ja, warum nicht?», murmelte Nina. Verflixt, wie würde sie es unter Trishs wachsamem Blick schaffen, auf Alkohol zu verzichten?
Der junge Kellner reichte jeder von ihnen eine Sektflöte. Nina nahm ihr Glas entgegen, und Trish prostete ihr zu: «Auf das Nachhausekommen!»
«Ja, auf die Heimkehr», antwortete sie, und die beiden Frauen stießen an.
Nina wollte gerade an ihrem Sekt nippen – ein Schlückchen konnte doch wohl nicht schaden, oder? –, als ein hochgewachsener, attraktiver Mann zu ihnen trat. Trish strahlte ihn an.
«Dave, wie geht’s?», fragte sie ihn.
Er hatte eine sehr gute Figur, dunkle Augen, kurzgeschnittenes braunes Haar und eine Ausstrahlung, die vermuten ließ, dass er auf irgendeine Weise wichtig war.
«Nina, das ist Dave Kellerman», stellte Trish ihn vor.
Nina überlegte, ob sie sich von einem früheren Besuch her kannten: Sein Familienname sagte ihr etwas, aber andererseits hätte er dann sicherlich eine Bemerkung gemacht.
«Das ist meine Freundin Nina Hughes. Sie ist gerade wieder nach Lakeview gezogen.»
«Nur für kurze Zeit», fügte Nina schnell hinzu, auch wenn sie immer noch nicht recht wusste, warum sie diese Erklärung für nötig hielt.
«Zurückgezogen?», erkundigte Dave sich mit einem Lächeln. «Dann sind Sie also keine Zugezogene, ganz im Gegensatz zu mir.» Er erzählte, er sei erst vor ein paar Jahren von Dublin nach Lakeview gekommen, um für die hiesige Brauerei zu arbeiten.
«Wir sponsern diese kleine Abendveranstaltung heute. Wobei unser Gerstensaft für einen Hollywood-Star natürlich nicht angemessen ist, deswegen mussten wir die Konkurrenz mit ranholen», schmunzelte er und deutete auf den Sekt. «Das hat uns fast umgebracht», fügte er munter hinzu, und Nina merkte, dass sie diesen gesprächigen Mann mit seinem gewinnenden Lächeln mochte.
Sie blickte sich im Festsaal um und betrachtete die Dekoration für den festlichen Abend. Hübsche weiße und rote Rosen zierten die Tische. Mit dem, was Ruth aus Los Angeles gewohnt war, konnte dieser Raumschmuck zwar sicherlich nicht mithalten, aber Nina fand ihn trotzdem beeindruckend.
«So, der Ehrengast muss unterwegs sein», sagte Dave, als
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