Glücksspiel der Liebe
und was nicht ergibt sich in der Regel gegen Ende eines langen, ausschweifenden Abends. Üblicherweise nachdem wir den traurigen Zustand der modernen Politik gründlich seziert haben, und bevor wir uns der philosophischen Frage nach dem wahren Sinn des Lebens zuwenden.«
»Dazu muss man in der Tat viel getrunken haben«, murmelte Cavendish.
»Wobei wir festhalten sollten, dass Helmsleys Anforderungen an die ideale Frau sich nicht nennenswert unterscheiden, ob er sie nun betrunken oder stocknüchtern vorträgt. Man kann ihm wohl ein gewisses Maß an Beständigkeit nicht absprechen. Oder vielleicht ist es auch nur Starrsinn.« Oliver musterte seinen Freund.
Man sah ihm seinen störrischen Charakter nicht unbedingt an. Jonathon Effington war ein attraktiver Mann, und sein gutes Aussehen wurde noch betont durch sein zuversichtliches, freundliches Wesen. Wenn man dazu noch seinen Titel und das Familienvermögen bedachte, war es eigentlich ein Wunder, dass er noch keine Braut gefunden hatte, die seine Erwartungen erfüllte. Sicherlich mangelte es nicht an bemühten Kandidatinnen, die um die Stellung der künftigen Duchess of Roxborough wetteiferten. Doch Helmsley hatte schon vor langer Zeit durchblicken lassen, dass ihm der Sinn nicht nach dem fügsamen, wohlerzogenen Typus von Ehefrau stand, den die englische Gesellschaft so unfehlbar hervorbrachte. Er behauptete vielmehr, eine solche Gattin würde ihn zu Tode langweilen; und Oliver war sich nicht sicher, ob er nicht vielleicht sogar Recht hatte. Dennoch hatte auch Cavendish Recht: Eine solche Ehefrau würde eine Menge Ärger mit sich bringen.
»So töricht das auch für den Rest von uns klingen mag — Helmsley wünscht sich erklärtermaßen keine sanftmütige oder blind gehorsame Frau.« Oliver erhob das Glas auf seinen Freund. »Möge Gott ihm gnädig sein.«
»Das wollen wir hoffen«, bemerkte Warton. »Denn eine Frau von solchem Charakter wird es sicherlich nicht sein.«
»Ich persönlich hätte nichts gegen blinden Gehorsam einzuwenden.« Cavendish hielt einen Moment inne, als erwöge er die Vorteile des Gehorsams, sei er nun blind oder sonstiger Art. »Eine Frau, die genau das tut, was ich wünsche, wenn ich es wünsche, ohne enervierende Fragen zu stellen. Man sollte meinen, dass das eine ausgezeichnete Charaktereigenschaft bei einer Ehefrau wäre. Ja, das könnte mir durchaus gefallen.« Er runzelte die Stirn. »Dennoch wäre ich bereit, ein gewisses Maß an Gehorsam für das äußere Erscheinungsbild zu opfern. Sie sollte auf jeden Fall hübsch sein, eine hässliche Frau würde ich nicht wollen. Und sie sollte selbstverständlich aus guter Familie kommen und eine ansehnliche Mitgift besitzen.«
» Nichts von alledem ist von wahrer Bedeutung, wenn man sich für eine Frau entscheidet, mit der man den Rest seines Lebens zu verbringen gedenkt«, bemerkte Helmsley beinahe hochmütig. Dann grinste er. »Zugegeben, gutes Aussehen und all das andere sind natürlich nicht zu verachten.«
»Immerhin hat man auch eheliche Pflichten zu erfüllen.« Warton nippte nachdenklich an seinem Brandy. »Wenngleich ein ansehnliches Vermögen ein nicht ganz so hübsches Gesicht oder eine unvorteilhafte Figur sicherlich reizvoller machen kann.«
Helmsley sah ihn zweifelnd an. »Ich hätte es kaum für möglich gehalten, aber du bist heute Abend noch zynischer als sonst.«
»Das liegt an der Jahreszeit. All dieser Frieden auf Erden und den Menschen ein Wohlgefallen, die Gören singen auf den Straßen, diese besinnliche Hochstimmung macht einem das Leben zur Hölle.« Warton schauderte. »Das widerspricht einfach meinem Charakter.«
Das war gelogen und jeder im Raum — einschließlich Wartons — wusste das. Aber er liebte es nun einmal, die Rolle des abgestumpften Zynikers zu spielen. Und wer wollte ihm das verwehren? Unter den langjährigen Freunden herrschte stilles Einvernehmen darüber, dass niemandem seine Illusionen über sich selbst genommen werden durften. Nur im äußersten Notfall.
Rem äußerlich betrachtet bildeten die Männer em seltsames Grüppchen. Zwar waren sie sich ähnlich , was gesellschaftliche Position und Alter betraf; doch waren ihre Persönlichkeiten so verschieden, als stammten sie aus unterschiedlichen Zivilisationen. Warton mit seinen dunklen, attraktiven Gesichtszügen und seinem grüblerischen Wesen stand in direktem Gegensatz zu Cavendishs jungenhaft gutem Aussehen und seinem Talent, sich Ärger einzuhandeln.
Helmsley war der Optimist unter
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