Glücksspiel der Liebe
vollständig bezahlt wurden und vielleicht ein oder zwei Gläubiger sich die Mühe machen werden, uns zu folgen...«
Oliver zog eine Augenbraue hoch. »Den ganzen weiten Weg von Florenz?«
Sie winkte ab. »Unsere Ausgaben könnten Vaters Erwartungen ein klein wenig überschritten haben. Ehrlich, Oliver, du musst mich nicht so ansehen. Der Tod ist eine kostspielige Angelegenheit. Trauerkleidung für vier junge Damen ist nicht gerade billig...«
Er runzelte die Stirn. »Eure Kleider scheinen mir nicht eben passend für trauernde Töchter.«
»Das ist ebenfalls Vaters Werk. Er bestimmte, dass wir nicht länger als drei Monate Trauer tragen sollten, da er Schwarz an jungen Frauen nicht attraktiv fand. Ich gehe davon aus, dass ich meinen künftigen« — wieder kräuselte sie die Nase — »Ehemann nicht wie eine zerzauste Krähe empfangen sollte. Wie überaus rücksichtsvoll von ihm.« Sie blickte Oliver kummervoll an. »Ich sehe furchtbar aus in Schwarz.«
»Das bezweifle ich«, murmelte er.
»Wie dem auch sei, du machst dir keine Vorstellung, was wir für Ausgaben hatten«, fuhr sie fort. »Wie viele Menschen wochen-und monatelang nach Vaters Tod zu uns kamen, um uns ihr Beileid auszusprechen. Und alle erwarteten Bewirtung. Vater zu Grabe zu tragen war ziemlich kostspielig.«
»Ich hatte ja keine Ahnung.«
»Nein, wie solltest du auch«, seufzte Fiona.
Olivers Vater war gestorben, als er noch ein kleiner Junge war. Schon der bloße Gedanke, jemand könnte seine Finanzen kontrollieren, war ihm vollkommen fremd — sei es nun jemand aus dieser Welt oder aus dem Jenseits. Und warum sollte das auch jemand tun? Er war ein Mann und hielt sein Schicksal selbst in der Hand. Fiona war gern eine Frau und glaubte sich durchaus versiert in weiblichen Künsten und Tüchtigkeiten. Dennoch, in Augenblicken wie diesem war es doch überaus enttäuschend, nicht ähnliche Macht in dieser Welt zu besitzen wie em Mann. Und das, wo ihr eigenes Land von einer Frau regiert wurde.
»Es steht alles hier drin.« Sie trat zu ihrer Reisetasche auf dem Tisch und nahm eine Kopie des Testaments ihres Vaters heraus. »All die unschönen Einzelheiten.« Sie reichte Oliver das Papier. »Vaters Anwalt in Florenz sagt, man könne nichts dagegen unternehmen. Und die beiden anderen, die ich konsultierte, stimmen ihm zu. Zwar gibt es keinen bestimmten Termin, aber ich denke doch, es wäre am besten mich mit einem anderen Mann zu verloben, bevor mein Zukünftiger — ich habe leider seinen Namen vergessen — aus Amerika eintrifft.«
»Amerika? Er ist also nicht in Italien?«
»Nein.« Sie strich sich das Haar aus dem Gesicht. Nach ihrer Ankunft hatte sie sich nicht die Zeit genommen, sich frisch zu machen. Zweifellos wirkte sie momentan etwas derangiert, was eigentlich nicht ihrer Gewohnheit entsprach; doch im Moment war es kaum von Bedeutung. »Vielleicht habe ich das alles nicht vernünftig erzählt. Es ist ein wenig kompliziert.«
»Vielleicht«, meinte Oliver trocken.
»Also gut.« Sie sammelte sich einen Augenblick. »Als Vater bewusst wurde, dass er sterben müsste, änderte er sein Testament. Das Vermögen wurde auf vier Mitgiften aufgeteilt, wovon meine etwas größer ist, um bis zur Eheschließung meiner Schwestern für sie sorgen zu können. Wir alle erhalten das Geld erst bei meiner Verheiratung. Selbst wenn Genevieve, Arabella und Sophia heiraten wollten — alle sind im passenden Alter dazu, obwohl Belle und Sophie erst siebzehn sind, was ich persönlich für viel zu jung halte, außerdem sind sie ein wenig flatterhaft...«
»Was ist dann?«
»Dann...« Sie stockte. Dieser Teil war besonders bestürzend und immer noch schwer zu glauben. »Selbst wenn meine Schwestern heiraten, werden sie ihre Mitgift erst erhalten, wenn ich heirate. Ihre Zukunft hängt voll und ganz von meinem Verhalten ab.«
»Kann dein Vater so etwas bestimmen?« Oliver warf einen flüchtigen Blick auf das Papier in seinen Händen. »Ist das legal, meine ich? Dich zur Heirat zu zwingen?«
»Mein Vater war ein kluger Mann mit einem bis dato unbekannten diabolischen Zug.« Sie verengte die Augen. »Er zwingt mich zu gar nichts; ich habe die freie Wahl. Wenn ich mein Erbe möchte und meine Schwestern gut verheiraten will, werde ich selbst heiraten müssen. Bis ich das tue, sei es nun in einem Monat oder in zehn Jahren, bleibt das Geld fest angelegt auf einem Treuhandkonto, verwaltet von seinen Londoner Anwälten.«
»Wenn du also nicht heiratest, bekommen deine
Weitere Kostenlose Bücher