Glücksspiel der Liebe
schwören, dich bis ans Ende der Welt zu verfolgen und dich wie einen Truthahn zu stopfen, solltest du nur eine falsche...« Cavendish zog den Kopf ein. »Betrifft das wieder nur mich?«
Warton musterte seinen Freund gleichermaßen mit Ehrfurcht und Ungläubigkeit. »Man fragt sich, wo du die Zeit hernimmst.«
Cavendish grinste frech. »So viel Zeit muss sein.«
»Das ist überhaupt nicht lustig. Ich bin so leidenschaftlich wie ihr alle, wahrscheinlich sogar noch mehr. Ich lasse einfach nur einen Großteil meiner Leidenschaft in meine Prosa fließen.«
Oliver verbiss sich ein Grinsen. Helmsley hielt sich für den nächsten Charles Dickens, doch bislang hatte er noch keine einzige Zeile veröffentlicht. Was in vielerlei Hinsicht für seine Integrität sprach, denn Helmsleys Patenonkel war ein hochangesehener Verleger, und seine Mutter verfasste erfolgreiche Abenteuer-und Liebesromane. Es wäre sicher ein Leichtes für ihn gewesen, eine Veröffentlichung zu erreichen. Doch er zog es vor, seine Versuche unter falschem Namen einzusenden. Er wollte durch die Qualität seines Schreibens Erfolg haben, nicht durch seine familiären Verbindungen. So blieb seine Integrität intakt, sein Stolz allerdings litt empfindlich.
»Vielleicht« — Helmsley betrachtete seine Freunde nachdenklich — »war es nicht mein Mangel an Leidenschaft, der diese Vorwürfe gegen mich erregte, sondern meine Fähigkeiten und, wenn ich das so sagen darf, mein Erfolg im Umgang mit dem schönen Geschlecht.«
Oliver und Warton tauschten Blicke, Cavendish schnaubte verächtlich. »Nur, weil du noch niemals in einen Skand...«
»Das werde ich auch niemals.« Helmsley stand auf und verbeugte sich mit viel Pathos vor den anderen. »Ich bin ein echter Gentleman. In Verbindung mit meinem Charme und meinem angeborenen Einfühlungsvermögen in das Wesen der Frau, ist das der wahre Grund, warum die Damen im Falle einer einvernehmlichen Trennung von Anschuldigungen, Beteuerungen und« — er warf Cavendish einen mitleidigen Blick zu — »Gewaltandrohungen absehen. Was die Frage nach der idealen Braut betrifft, werde ich mich keinesfalls dafür entschuldigen, genau zu wissen, was ich mir wünsche; und ebenso unfehlbar die fragliche Lady umgehend zu meiner Frau zu machen, sollte ich sie tatsächlich finden. Darüber hinaus gebe ich gerne zu, dass dieses Wissen mich mit tiefer Befriedigung erfüllt, wie auch die Tatsache« - er grinste triumphierend — »dass es euch in den Wahnsinn treibt.«
»Eines Tages, mein Guter, wird diese Zuversicht dein Untergang sein«, verkündete Warton mit unheilschwangerer Stimme.
Es war nicht so, dass Helmsley sich unbedingt besser benahm als seine Freunde; er war einfach noch nie in eine Situation geraten, aus der er sich nicht hätte herausreden können. Dazu kam noch die ärgerliche Neigung von Frauen, ihm auf der Stelle zu vergeben, egal welche Verfehlung er sich hatte zuschulden kommen lassen — einfach nur, weil er so verflucht nett war. Und nicht zuletzt hatte er bislang auch noch das erforderliche Ouäntchen Glück gehabt, so dass sein Ruf wenn schon nicht vollkommen untadelig, so doch höchst respektabel geblieben war.
»Nimm zum Beispiel das Rendezvous, das du jedes Jahr während des Weihnachtsballs deiner Familie hast.« Warton musterte Helmsley neugierig. »Machst du dir keine Sorgen, jemand könnte einmal ungebeten das kleine Stelldichein stören?«
Helmsley dachte kurz nach und zuckte dann die Achseln. »Nein.«
Jeder der Freunde wusste, dass Helmsley eine Art Weihnachtstradition pflegte: ein vertrauliches Treffen mit der Frau, die es ihm in diesem speziellen Jahr angetan hatte, und zwar in der Bibliothek von Effington House während des Weihnachtsballs. Helmsley behauptete beharrlich, diese Begegnungen seien immer recht harmlos und bestünden lediglich aus Unterhaltung, Champagner und vielleicht einer Umarmung und dem em oder anderen Kuss. Nichts, so versicherte er, was einen echten Skandal verursachen könnte; keine Schändung von Jungfrauen, kein Wälzen auf dem Läufer vor dem Kamin. Doch wurden diese Behauptungen mit einem deutlichen Zwinkern im Auge vorgebracht; und so sehr sich Helmsley auch seines ehrbaren Charakters und seiner Stellung als wahrer Gentleman rühmte, niemand — außer den beteiligten Damen — war sich so ganz sicher, was genau jeden Heiligabend in der Bibliothek geschah.
Jonathon Effington, Marquess of Helmsley, Erbe des Duke of Roxborough, war noch niemals ertappt worden. Das
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