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Glücksspiele: Kollers sechster Fall (German Edition)

Glücksspiele: Kollers sechster Fall (German Edition)

Titel: Glücksspiele: Kollers sechster Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Imbsweiler
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sah ich ihn! Er musste es einfach sein: ein
schwerfälliger Typ, der eben den Schutz der letzten Bäume verließ. In einer Hand
hielt er eine Kamera mit großem Objektiv. Vierschrötig, ja, das traf es. Seine dunkelbraunen
Haare waren kurz geschoren und schimmerten an den Schläfen grau, seine Jacke trug
er trotz des schönen Vorfrühlingstags bis oben hin geschlossen.
    Vorsichtig
folgte ich dem Stalker Richtung Ausgang. Anstatt am Leichtathletikplatz vorbeizugehen,
umrundete er die Bogenschießanlage und erreichte so weitgehend unbeachtet den Parkplatz
bei der Einfahrt. Ich sah ihn in einen schwarzen Peugeot einsteigen.
    Ein kleines
Auto für so einen massigen Typen. Aber immer noch größer als ein Smart.
    Er ließ
den Motor an. Gut, dass ich an den Wagenschlüssel gedacht hatte! Während der Stalker
langsam vom Parkplatz rollte, sprintete ich zu meinem Auto, schloss auf und fuhr
ihm hinterher.
    »Nun zeig
mal, was du drauf hast«, sagte ich und tätschelte das Lenkrad meines Liliputmobils.
    Bei dem
Tempo, das der Mann einschlug, war das jedoch gar nicht nötig. Erst ging es gemächlich
durch den Wald, dann wechselten wir von der L 385 auf die B 1/B 5 Richtung Berlin.
Die flache Landschaft erlaubte mir, ausreichend Abstand zu halten, und irgendwann
bestand auch kein Zweifel mehr daran, dass er in die Hauptstadt wollte. Sein Wohnort,
wie das Kennzeichen seines Wagens verriet.
    An einer
Ampel fingerte ich mein Handy aus der Jackentasche und wählte die eingespeicherte
Nummer von Kommissar Fischer. Er meldete sich sofort.
    »Ich möchte
Sie um Amtshilfe ersuchen, Herr Fischer. Es ist dringend! Können Sie mir den Halter
eines Fahrzeugs nennen, wenn ich Ihnen sein Kennzeichen durchgebe?«
    »Sie haben
wohl den Arsch offen!«
    »Hören Sie,
es geht um Katinka Glücks Stalker, oder was er auch immer ist. Der Typ fährt gerade
200 Meter vor mir, und ich brauche seinen Namen und seine Adresse.«
    »Amtshilfe,
ja? Wissen Sie, was, Koller? Sie können …«
    »Verdammt,
nun spielen Sie nicht den Bürokraten! Sie wollen doch auch, dass dem Mädel nichts
zustößt – Ihre Worte, Herr Fischer. Erinnern Sie sich?«
    Der folgende
Mix aus Gegrummel, Geknurre und Verwünschungen ließe sich in keiner Sprache dieser
Erde auch nur annähernd wiedergeben. Mir egal, wichtig war allein, dass sich der
Kommissar nach dem Ende dieses seismischen Bebens bequemte, das Autokennzeichen
des Unbekannten zu notieren.
    »Und wenn
irgend möglich, schnell«, flötete ich zum Abschied.
    Er legte
auf.
    Mittlerweile
hatten wir den Stienitzsee erreicht. Ich ließ den Stalker so weit davonziehen, dass
ich seinen Wagen gerade noch erkennen konnte. Einmal fürchtete ich ihn schon verloren
zu haben, aber nach einem kleinen Zwischenspurt mit rauchenden Reifen auf der Überholspur
hatte ich ihn wieder. Gleich darauf kündigten Hinweisschilder die A 10 an, den Berliner
Stadtring. Doch der Stalker fuhr weiter geradeaus, auf die tief im Westen stehende
Sonne zu.
    Die Bebauung
wurde immer dichter, der Verkehr ebenso. Hoppegarten hieß der nächste Vorort. Gab
es da nicht eine berühmte Galopprennbahn? Nutzloses Detailwissen, das irgendeine
Gehirnzelle in Beschlag nahm. Dann Mahlsdorf, Kaulsdorf – von wegen Dörfer! Eine
Abzweigung nach Marzahn kündigte sich an. Aber auch sie ignorierte der Mann vor
mir. Hielt unbeirrt auf das Stadtzentrum zu.
    Plötzlich
mein Handy. Kommissar Fischer!
    »Wie sind
Sie diesem Herrn auf die Spur gekommen?«, begann er ohne Vorrede. »Was hat er angestellt?«
    »Herr Fischer!
Ich habe jetzt keine Zeit für Plaudereien. Geben Sie mir den Namen?«
    »Den kriegen
Sie, keine Sorge. Trotzdem wüsste ich gern, unter welchen Umständen Sie auf ihn
gekommen sind.«
    »Nicht jetzt,
verdammt noch mal! Ich verspreche Ihnen hoch und heilig, dass ich Sie informieren
werde. Aber erst muss ich den Berliner Stadtverkehr überleben.«
    »Soso«,
murmelte der Kommissar.
    »Den Namen,
Herr Fischer!«
    »Tietje
heißt der Mensch. Ralf Tietje.«
    »Und seine
Anschrift?«
    Er nannte
mir eine Adresse in der Landsberger Allee. Vor mir leuchteten die Bremslichter eines
Kleinlasters auf. Einhändig zog ich links an dem Hindernis vorbei, verringerte aber
sofort die Geschwindigkeit, als ich Tietjes Wagen in geringer Entfernung zu Gesicht
bekam.
    »Das liegt
in Friedrichshain«, drang es aus dem Handy.
    »Danke,
dann kann ich jetzt einen Gang runterschalten. Der Kerl scheint auf dem Heimweg
zu sein.«
    »Tja, Hals-
und Beinbruch, oder wie man so sagt. Sie

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