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Glücksspiele: Kollers sechster Fall (German Edition)

Glücksspiele: Kollers sechster Fall (German Edition)

Titel: Glücksspiele: Kollers sechster Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Imbsweiler
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Wobei Trostlosigkeit
auch hier unten herrschte. Grüne Auslegeware auf dem Boden, Plaste und Furnier in
der Ausstattung, niedrige Decken. Die real existierende Beklemmung von damals. Dazu
der Unterdruck.
    »Hypoxie!«,
hallte das Zauberwort durch die Räume. Man habe hier, unter märkischem Sand, in
flacher Endmoränenlandschaft, Bedingungen extremen Höhentrainings simulieren können.
Bis nahezu 4000 Metern über Normalnull. Während der Westen seine Devisen verschleuderte.
In Mexiko, Kenia, den USA.
    »Alle haben
sie hier trainiert«, erklärte unser Führer. »Marathonläufer, Geher, Kugelstoßer,
Ruderer. Letztere nicht auf dem Trockenen, wie Sie vielleicht meinen. Sondern in
einer eigenen Gegenstromanlage.«
    Dazu müssten
wir einen Stock tiefer steigen, hörte ich ihn noch sagen, aber dann galt meine ganze
Aufmerksamkeit dem Handy, das in meiner Hosentasche brummte. Erstaunlich, dass wir
hier unten überhaupt Empfang hatten. Vor der Treppe ins Untergeschoss holte ich
es hervor. Eine SMS von Katinka: »Max, komm schnell!!!«
    Drei Ausrufezeichen!
Das hieß nichts Gutes. Ohne mich um die pikierten Blicke der anderen zu kümmern,
stürmte ich los. Durch das enge Geläuf, die Schleuse, den langen Gang. Im Freien
blendete mich die Sonne. Endlich frische Luft! Ich rannte zurück zu den Sportanlagen,
zum Leichtathletikplatz, auf dem ich Katinka zurückgelassen hatte.
    Als ich
dort ankam, sah ich sie wie zuvor im Kreis ihrer Trainingskollegen. Und sie sah
mich. Mit einer abrupten Handbewegung forderte sie mich auf, stehen zu bleiben.
Sofort stoppte ich. Irritiert. Was denn nun, Katinka? Kommen oder nicht kommen?
    Wieder eine
Geste mit der Hand. Ruhe bewahren, hieß das wohl. Nichts überstürzen. Dann ein Fingerzeig.
Zur Zielgeraden sollte ich? Richtung 100-Meter-Start? Gut, schlenderte ich also
in aller Seelenruhe, zu der ein abgehetzter Privatdetektiv fähig war, um den Platz
zum Anfang der Zielgeraden. Mit Überdruck aus der Unterdruckkammer. Ginge vielleicht
als neues Trainingsexperiment durch. Schade, dass keiner meine Zeit hierher gestoppt
hatte. Rekordverdächtig war die allemal.
    So, nun
hatte ich den Treffpunkt erreicht. Lehnte mich an das Geländer, das um den Platz
lief. Und wartete. Katinka tat, was alle taten: dehnte sich, plauderte, blinzelte
in die zum Horizont wandernde Sonne. Dann kam sie auf mich zu. Ohne Eile und doch
angespannt, wie ich ihrer Miene ablas. Als sie bei mir angelangt war, stützte sie
sich auf das Geländer und fuhr mit Dehnungsübungen fort.
    »Der Stalker«,
hörte ich sie zischen. »Er ist hier, ich habe ihn gesehen!«
    Schweigend
kratzte ich mich am Kopf. Der Mensch aus ihrem Ziegelhäuser Garten? Hier, in Kienbaum?
Also, um ehrlich zu sein …
    »Dort hinten
unter den Bäumen«, fuhr sie fort. »Er fotografiert uns. Max, ich bin mir hundertprozentig
sicher, dass er es ist!«
    Ich schielte
quer über den Platz. Unter welchen Bäumen? Bäume gab es hier genug. Auf der anderen
Seite der Leichtathletikanlage verlief zwischen Kiefern und Birken die asphaltierte
Laufbahn, auf der Tempotraining absolviert wurde. Und tatsächlich, da bewegte sich
etwas. Eine dunkel gekleidete Person, mehr konnte ich nicht erkennen.
    »Ganz schön
weit entfernt«, murmelte ich.
    »Vorhin
liefen wir auf der Gegengeraden, da ist er mir aufgefallen. Max, er ist es, glaub
mir!«
    Ich versuchte
mir in Erinnerung zu rufen, wie sie den Unbekannten damals beschrieben hatte. Groß,
breit und schwer. Mit einem Wort: vierschrötig. Dunkle Haare, Brille. Um die 50.
    »Okay«,
sagte ich. »Ich schaue ihn mir mal an.«
    »Danke.«
    »Trainiere
einfach weiter. In der Gruppe kann dir nichts passieren.«
    Damit ging
ich. Trollte mich wie vorhin, die Hände in der Hosentasche. Erst außerhalb der Anlage
erhöhte ich mein Tempo. Am besten war es, wenn ich mich dem Unbekannten von hinten
näherte, durch den Wald. Wo kam der jetzt her? Woher wusste er, dass Katinka in
Kienbaum war? Gehörte er zum Personal?
    Aber wenn
er zum Personal gehörte, brauchte er sich doch nicht unter den Bäumen zu verbergen.
Nein, er kam bestimmt von außerhalb, und das Bundesleistungszentrum erreichte man
nur motorisiert. Als mir das klar wurde, änderte ich meine Laufrichtung und flitzte
zu den Pavillons hinüber. Rasch den Autoschlüssel aus dem Zimmer geholt, zurück
aufs Gelände. Hoffentlich war der Kerl noch da.
    Ich schlug
nicht den direkten Weg zum Wald ein, sondern drückte mich zwischen Wurfplatz und
Bogenschießanlage hindurch. Und schon

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