Gluecksstern mit Schwips
fällt auf das Schokoriegelpapier in meiner Hand. „Ach, das hätte ich mir denken können – Schokolade während der Arbeitszeit. Essen war ja schon immer deine Lieblingsbeschäftigung.“
Ich will mich gerade verteidigen, dass das Essen eines Schokoriegels schließlich nicht verboten sei, als mein Blick auf Susannes Gesicht fällt. Die roten Punkte sind immer noch da, nur dass sie mittlerweile die Größe einer Linse angenommen haben. Ich schlucke trocken. Melanie, die gerade mit ihrer Suche fertig ist, hat es ebenfalls bemerkt, jedenfalls steht sie mit offenem Mund vor uns und starrt auf Susannes Gesicht.
„Ist was?“, fragt Susanne irritiert, als sie unsere Blicke bemerkt. „Nee ... Nee, alles okay!“, sage ich und versuche, ein möglichst unschuldiges Gesicht zu machen.
„Nein wirklich, alles prima“, piepst Melanie. Über ihrem Kopf schwebt eine Sprechblase mit den Worten „Ach-du-Scheiße!“ Sie reicht Susanne die geforderte Unterlage. Ihre Mundwinkel zucken.
Susanne wirft einen kurzen Blick in die Papiere. „Wunderbar, genau die habe ich gesucht. Dann könnt ihr zwei Hübschen euch ja gleich mal an die Arbeit machen und die alten Entwürfe ein bisschen überarbeiten. Gell!“ Sie lässt den Ordner mit einem lauten Knall auf meinem Schreibtisch fallen. „Los! Und wisch dir mal die Schokolade aus dem Gesicht!“ Sie deutet auf meinen Mund. Hastig lecke ich mit der Zunge über meine Mundwinkel, allerdings nicht, ohne Susanne aus den Augen lassen.
„Ja, was glotzt ihr denn noch“, faucht Susanne uns an. „Weitermachen, aber flott ! Das Leben ist schließlich kein Ponyhof.“
Hastig senke ich meinen Kopf. Ohne ein weiteres Wort rauscht Susanne davon.
„Hast du das auch gesehen?“, fragt Melanie vorsichtig, nachdem sie sich vergewissert hat, dass die Luft rein ist.
„Du meinst die tellergroßen Pusteln in ihrem Gesicht?“ Wir brechen in lautes Gelächter aus.
„Die hat ausgesehen wie eine Tüpfelhyäne“, gackere ich zwischen zwei Lachanfällen.
„Meinst du, das ist ansteckend?“, fragt Melanie und wischt mit dem Handrücken übers Gesicht.
„Nee, glaube ich nicht. Allerdings habe ich einen solchen Ausschlag auch noch nie gesehen. Eigenartig. Vielleicht eine Allergie?“
„Das ist es – eine Mitarbeiter-Allergie!“
„Hoffentlich nicht, sonst haben wir ein Problem. Das hat ja wirklich schrecklich ausgesehen.“ Wir brechen erneut in lautes Gelächter aus.
„Oh Gott, ich kann nicht mehr“, sage Melanie. „Nur schade, dass ich keine Kamera dabei hatte.“
„Das Leben ist eben kein Ponyhof!“, kichere ich und greife nach meinem Stift. „Ich bin mal gespannt, wann sie es herausfindet.“
Pünktlich zur Mittagspause habe wir den Entwurf für die Waschmittelkampagne überarbeitet. Melanie und ich gehen gemeinsam nach draußen, um uns in das kleine gemütliche Café, gleich in der Nähe, zu setzen. Dort läuft man wenigstens nicht Gefahr, irgendeinem bekannten Gesicht aus der Agentur über den Weg zu laufen.
Ich drücke den Knopf des Fahrstuhls, als plötzlich ein Schrei zu hören ist – ein geradezu markerschütternder Schrei. Die Stimme ist unverkennbar – Susanne!
„Klingt ganz so, als hätte Susanne in den Spiegel gesehen“, bemerke ich trocken.
Melanie fängt sofort wieder an zu lachen. „Hört sich so an, als würde es ihr auch nicht gefallen.“
Der Fahrstuhl kommt. Melanie und ich bleiben stehen. Ich schaue erwartungsvoll in den Flur. Susanne Assistentin kommt wie ein aufgescheuchtes Huhn auf uns zugelaufen.
„Hey, Beate, was ist los?“, rufe ich ihr zu.
„Susanne ... sie hat ...“ Beate ist blass wie eine Wand. „Sie ist krank. Schwer krank.“
„Die Arme.“ Ich kann mir ein Grinsen nur mit Mühe verkneifen. Die Fahrstuhltür geht auf. „Richte ihr bitte eine gute Besserung von mir aus.“ Beate nickt und rennt weiter.
„Na , dann weg hier!“ Melanie und ich steigen ein.
Als wir nach unserer Mittagspause zurück ins Büro kommen, ist alles ruhig. Kein Mensch weit und breit. Der Flur ist wie ausgestorben. Normalerweise läuft immer jemand wichtig von einem Büro zum nächsten. Melanie und ich tauschen verwunderte Blicke.
„Wo sind denn alle?“, fragte ich. „Haben wir irgendwas verpasst?“
„Sieht ganz so aus.“ Der Flur ist menschenleer. Melanie reckt den Hals, um besser sehen zu können. „Schau mal.“ Sie deutet auf ein Band, das vor Susannes Büro hängt.
„Sieht aus wie eine Absperrung“, sage ich. Langsam wird mir
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