Glueckstreffer - Roman
Miene vor sich, als sie ihm erzählt hatte, dass ihre Eltern am 21. September 1989 gestorben waren. Es war derselbe Ausdruck gewesen, der sich in seinen Augen gespiegelt hatte, als sie ihm den Unfallort zeigte. Sie wurde blass.
»O mein Gott!«, flüsterte sie, als sich die Puzzleteile plötzlich zu einem plausiblen Ganzen fügten. »Er hat es gewusst. Die ganze Zeit über hat er es gewusst.«
»Sophie, das ist nicht sicher«, warf Evalynn ein.
Sophies Blick schweifte zu Lucy und dann wieder zu Evalynn. Ihr Blick war starr. »Doch, ich weiß es.« Sie verzog den Mund. Ihr wurde übel. Die Augen auf Lucy gerichtet, sagte sie: »Sie dürfen es ihm nicht erzählen, Mrs. McDonald. Bitte versprechen Sie, Garrett nicht zu verraten, dass ich hier gewesen bin. Wenn er es erfahren muss, dann nur von mir persönlich.«
Kapitel 30
Je länger du zögerst,
umso schneller kommt das dicke Ende.
AUF DER RÜCKFAHRT von Millwood nach Tacoma gelangte Sophie zu der Überzeugung, dass Ellen mehr über Lucy McDonald, Garrett und seine Familiengeschichte gewusst haben musste, als sie je offenbart hatte. Und Sophie begriff nicht, weshalb sie selbst nicht schon viel früher darauf gekommen war. Schließlich war Ellen in jener Nacht am Unfallort gewesen, hatte mit eigenen Augen mit angesehen, was mit Tim McDonald geschehen war. Sie hatte jahrzehntelang den Polizeibericht aufbewahrt und zusammen mit Garretts Mutter auf demselben Revier gearbeitet. Hinzu kamen noch Ellens sprichwörtliche Neugier und ihre Verbindungen bei der Polizei, durch die sie ihren Wissensdurst jederzeit befriedigen konnte.
All diese Überlegungen und das beklemmende Gefühl, hintergangen worden zu sein, vergifteten Sophies Gedanken, seit sie Lucy McDonalds staubige Hauseinfahrt verlassen hatten.
Als sie schließlich die Tür von Ellens Wohnung im dritten Stock des Apartmenthauses erreichten und klingelten, hatte Sophie ihre Gefühle kaum noch unter Kontrolle.
»Einmal klopfen Freund, zweimal klopfen Feind!«
Sophie warf Evalynn einen Seitenblick zu, bevor sie dreimal kräftig pochte. Sie zögerte, dann hämmerte sie geradezu gegen die Tür, bis sich schließlich etwas dahinter rührte.
Die Sicherheitskette war noch vorgelegt, als Ellen den Kopf durch die Öffnung steckte, um nachzusehen, wer vor ihrer Tür stand. »Sophie? Ev? Was macht ihr denn hier?« Sie hakte die Sicherheitskette aus und öffnete die Tür weit. »Ich dachte, ihr wolltet den Tag in der Nähe von Spokane verbringen.«
»Wir sind schon zurück«, sagte Sophie kurz angebunden.
»War die Frau denn nicht zu Hause?«
»Oh doch! Sogar mehr als das«, blaffte Sophie. »Sie hatte sogar eine kleine Überraschung für uns.«
Ellen merkte am Tonfall von Sophies Stimme, wie aufgewühlt ihre Pflegetochter war. »Setzen wir uns, Sweets.« Sie deutete auf die Sessel im Wohnzimmer. »Also, weshalb seid ihr so aufgebracht?«
Die Antwort war zunächst bedrücktes Schweigen. Evalynn machte Anstalten, etwas zu sagen, hielt sich dann aber zurück. Es war an Sophie, diese Angelegenheit mit ihrer Pflegemutter zu regeln.
Schließlich brach es aus Sophie heraus. »Ich hätte es wissen müssen! Du kannst es einfach nicht lassen! Immer mischst du dich ein! Aber diesmal bist du zu weit gegangen! Nach allem, was ich mit Garrett durchgemacht habe … Wieso hast du mir nichts gesagt? Ich finde das ehrlich gesagt zum Kotzen!«
Ellen wich automatisch zurück. »Sophie! Ich habe keine Ahnung, wovon du redest.«
»Spar dir die Ausreden! Tu nicht so, als wüsstest du nicht, wer Lucy McDonald ist.«
»Wer soll sie denn sein?«, fragte Ellen atemlos.
»Hast du es schon gewusst, bevor Garrett die Hochzeit platzen ließ, oder hast du es erst danach erfahren?«
»Wie bitte?«
Sophie wurde dunkelrot, als ihr plötzlich noch eine andere Möglichkeit in den Sinn kam. »Du hast es vermutlich von Anfang an gewusst. Schon vor meiner ersten Verabredung mit Garrett!«
»Hör mit diesem Unsinn auf!« Jetzt wurde Ellen laut. »Augenblicklich! Ich weiß wirklich nicht, wovon du redest. Und sprich nicht in diesem Ton mit mir! Was wirfst du mir eigentlich vor?«
Sophie ballte die Hände zu Fäusten. »Beantworte mir eine Frage! Wenn du mich anlügst, sind wir geschiedene Leute. Seit wann weißt du, dass Garrett Tim McDonalds Sohn ist?«
Ellen schlug die Hand vor den Mund. »Meinst du den Kurierfahrer? Er war Garretts Vater?«
Sophie und Evalynn sahen sich verwirrt an. »Soll das heißen, du hast es nicht gewusst?«, erkundigte
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