Gluehende Dunkelheit
immer noch auf seiner Schulter ruhte, wieder vollständig menschliche Gestalt hatte annehmen lassen, schien er die Umgebung plötzlich mit neuen Augen wahrzunehmen. Die wilde Fahrt hatte in einer Wohngegend Londons geendet, die nicht ganz so vornehm war wie die Nachbarschaft des Vampirhauses, aber auch nicht so übel, wie sie hätte sein können.
»Wir sollten zusehen, dass wir Sie nach Hause bringen«, erklärte Lord Maccon und sah sich verstohlen um. Sanft löste er ihre Hand von seiner Schulter und legte sie sich in die Armbeuge, um sie mit zügigem Schritt die Straße entlangzuführen. »Sangria ist nur ein paar Häuserblocks entfernt. Dort sollte um diese Nachtzeit eine Mietkutsche aufzutreiben sein.«
»Und Sie halten es für eine gute Idee, wenn ein Werwolf und eine Außernatürliche auf der Suche nach einer Mietkutsche vor dem berüchtigtsten Vampirclub von ganz London auftauchen?«
»Ach, seien Sie still!« Lord Maccon sah leicht beleidigt aus, als hätte sie durch ihre Aussage seine Fähigkeit, sie zu beschützen, in Zweifel ziehen wollen.
»Darf ich das dann also so verstehen, dass Sie nicht erfahren wollen, was ich im Westminster-Haus herausgefunden habe?«, fragte Miss Tarabotti.
Er seufzte laut. »Darf ich das so verstehen, dass Sie es mir erzählen wollen?«
Alexia nickte, während sie an den Ärmeln ihrer Überjacke zog. Sie zitterte in der kalten Nachtluft. Schließlich war sie nur für den Weg von der Kutsche zur Tür gekleidet, nicht für einen nächtlichen Spaziergang.
»Die Countess scheint eine merkwürdige Art von Königin zu sein«, begann Miss Tarabotti ihre Geschichte.
»Sie haben sich doch hoffentlich nicht von ihrem Äußeren täuschen lassen, oder etwa doch? Sie ist sehr alt, nicht sehr nett und nur daran interessiert, ihre eigenen Pläne voranzutreiben.« Er zog sein Abendjackett aus und legte es ihr um die Schultern.
»Sie hat Angst. In den letzten zwei Wochen sind unerklärlicherweise drei neue Vampire im Westminster-Revier aufgetaucht.« Miss Tarabotti kuschelte sich in das Jackett. Es war aus einem Seidengemisch von edler Bond-Street-Qualität, perfekt geschnitten, doch es duftete nach weitem Grasland. Das gefiel ihr.
Lord Maccon sagte etwas sehr Unhöfliches und möglicherweise Wahres über Countess Nadasdys Stammbaum.
»Aus Ihrer Reaktion entnehme ich, dass sie BUR nicht darüber informiert hat.« Alexia schützte Arglosigkeit vor.
Lord Maccon knurrte, tief und bedrohlich. »Nein, das hat sie nicht!«
Miss Tarabotti nickte und sah den Earl mit großen, unschuldigen Augen an, wobei sie Ivy nachahmte, so gut sie konnte. Das war schwieriger, als man glauben mochte. »Die Countess gab mir stillschweigend ihre Erlaubnis, die Regierung miteinzubeziehen.« Klimper, klimper machten ihre Wimpern.
Diese Aussage, in Verbindung mit den Wimpern, schien Lord Maccon nur noch mehr zu verärgern. »Als ob sie das zu entscheiden hätte! Wir hätten gleich von Anfang an informiert werden müssen!«
Miss Tarabotti legte ihm vorsichtshalber eine Hand auf den Arm. »Sie hat ziemliche Angst. Obwohl sie niemals offen zugeben würde, dass sie nicht in der Lage ist, mit der Situation fertig zu werden. Sie sagte allerdings, dass es ihnen gelang, zwei dieser mysteriösen Schwärmer zu fangen, dass diese jedoch kurz darauf starben.«
Lord Maccons Gesichtsausdruck verriet, dass er es Vampiren durchaus zutraute, ihresgleichen umzubringen.
Alexia fuhr fort. »Die geheimnisvollen Neulinge scheinen völlig unerfahren zu sein. Sie sagte, dass sie bei ihrem Auftauchen nichts über die hiesigen Gepflogenheiten, die geltenden Gesetze oder die herrschende Politik wissen.«
Schweigend marschierte Lord Maccon daher, während er diese Information verarbeitete. Es gefiel ihm ganz und gar nicht, dass er es sich eingestehen musste, aber Miss Tarabotti hatte im Alleingang mehr herausgefunden über das, was vor sich ging, als irgendeiner seiner Agenten. Widerwillig empfand er … was? Bewunderung? Sicher nicht.
»Wissen Sie, wovon diese neuen Vampire außerdem keine Ahnung haben?«, fragte Alexia nervös.
Der Earl hatte mit einem Mal einen sehr eigenartigen Ausdruck der Verwirrung auf dem Gesicht. Er sah sie an, als habe sie sich gerade unerwartet in etwas völlig Alexia-unähnliches verwandelt.
»Sie scheinen weit besser informiert zu sein als jeder andere im Moment«, antwortete der Earl mit einem nervösen Schnauben.
Unter seinem taxierenden Blick strich sich Miss Tarabotti verlegen übers Haar, dann
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