Glühende Leidenschaft
lassen.
Man würde sie nicht für einen Mord hängen, den sie nicht begangen hatte.
Aber wie weit musste die ganze Geschichte aufgeklärt werden, bis sie wieder frei sein würde?
Und was dann? Würde der Graf sie nach all dem überhaupt wieder sehen wollen? Vor allem, wenn er von der Sheila erfuhr. Die Vorstellung, durch einen heidnischen Zauber manipuliert worden zu sein, würde ihm sicher nicht gefallen.
Sie blieb stehen und fragte sich, was aus ihren Geschwistern werden würde. Bestimmt machten sie sich schon jetzt Sorgen, und sie hatte sie der Gnade des Grafen ausgeliefert.
Beinahe wäre sie spontan aus dem Zimmer gerannt und zum Marlborough Square zurückgeeilt. Wenn das Gesetz nach der Gräfin von Saxonhurst suchte, dann bedeutete das, dass ihr Kopf schon halb in der Schlinge steckte. Es war also besser, abzuwarten, was die Herzogin tun konnte, und darauf zu vertrauen, dass ihre Familie in Sicherheit war.
Wieder schritt sie hin und her und verdrehte dabei nervös die Hände ineinander.
Vor Saxonhursts Wutausbruch wäre sie nicht auf den Gedanken gekommen, dass ihre Geschwister in Gefahr sein könnten, aber jetzt wusste sie es einfach nicht. Sie musste auf Mr Chancellor vertrauen, und auf die Bediensteten – selbst wenn die Hälfte von ihnen selbst Kandidaten für den Galgen waren.
Sie lief im Kreis in dem Zimmer herum und kam sich vor wie ein Bär, den sie einmal gesehen hatte, der sein Leben lang in einem zu kleinen Käfig eingesperrt war. Wann würde sie Nachricht bekommen? Wie lange würde es dauern, bis die Herzogin herausfand, was vor sich ging?
Irgendwo weiter weg schlug volltönend eine Uhr – wahrscheinlich in der Eingangshalle. Zuerst die halbe Stunde, dann die dreiviertel, dann die ganze Stunde und schließlich alle zwölf Schläge. Mittag.
Ein halbes Dutzend Mal ging Meg auf die Tür ins Nachbarzimmer zu, um bei der Herzogin hineinzuplatzen und nach Neuigkeiten zu fragen. Sie hielt jedes Mal wieder inne, aber langsam begannen in ihr nun doch erste Zweifel zu wachsen.
Sie war sich nicht mehr sicher, ob die Herzogin wirklich alles versuchen würde, um Klarheit zu schaffen.
Weshalb?
Instinkt.
Ihr Gefühl sagte ihr, dass irgendetwas hier nicht stimmte. Es drängte sie, bei ihrem Gatten Hilfe zu suchen. Er würde ihr beistehen, und sei es nur deshalb, weil sie seine Angetraute war. Und sie war sicher, dass er dazu auch in der Lage sein würde. Mehr zumindest als eine alte, gebrechliche Frau. Er und Mr Chancellor könnten ihr wahrscheinlich sogar dann helfen, wenn sie Blut an den Händen hätte!
Sobald sich dieser Gedanke bei ihr festsetzte, spürte Meg eine fast schwindelerregende Erleichterung. Ja, sie musste ihn um Hilfe bitten, selbst wenn sie ihm alles beichten musste. Ihm die Wahrheit über die Sheila zu erzählen war ihr als das Schlimmste vorgekommen, aber nun war es das nicht mehr. Nun war das Schlimmstmögliche, gehängt zu werden!
Er würde wegen der Sheila wütend auf sie sein. Und weil sie sich in diese Lage gebracht hatte, indem sie sich aus dem Haus gestohlen und Sir Arthur aufgesucht hatte. Und weil sie zu seiner Großmutter gegangen war, die er hasste. Aber trotz allem, trotz seiner zerstörerischen Ausbrüche, und selbst wenn er sie verstoßen wollte, würde sie sich in seiner Obhut sicherer fühlen als irgendwo sonst.
Sie ging auf die Tür zum Korridor zu, hielt jedoch, die Hand bereits auf dem Türknauf, wieder inne.
Und wenn sie es noch so sehr wollte, es war einfach nicht klug, zum Marlborough Square zu gehen, und sie war entschlossen, die Situation nicht noch schlimmer zu machen. Sie war nicht sicher, ob selbst ein Graf die Behörden davon abhalten konnte, eine des Mordes verdächtige Person zu verhaften, und wenn sie sich verstecken musste, dann war dieser Ort so gut wie jeder andere.
Allerdings sollte sie wohl eine Nachricht schicken, aber eine, die so klug formuliert war, dass man für den Fall, dass sie abgefangen wurde, nicht ihren Aufenthaltsort ausfindig machen konnte.
Nach einem Moment des Zögerns trat sie an Lady Daphnes Reise-Schreibpult. Sie hätte sich keine Sorgen zu machen brauchen. Das mit einer Prägung versehene Briefpapier und die Umschläge lagen in ordentlichen Stapeln da, ohne einen Hinweis auf persönliche Dinge oder Geheimnisse zu liefern.
Sie nahm sich ein Blatt, schnitt mit einer Schere den Briefkopf ab und schrieb dann:
An den sehr ehrenwerten Grafen von Saxonhurst.
Mylord,
das Samtbarett, das Sie haben wollten, befindet sich nun
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