Glühende Leidenschaft
nicht über ihre verworrene Ehe sprechen, und in der Tat schienen ihre Missverständnisse mit Saxonhurst im Vergleich zur jetzigen Situation keine echten Probleme darzustellen. Sie drehte den ungewohnten goldenen Ring an ihrem Finger. »Ich bin verheiratet, Euer Gnaden. Wohin sollte ich sonst gehen?«
»Vielleicht gibt es ja einen Weg, die Ehe ungültig zu erklären. Ist sie vollzogen?«
Ohne nachzudenken, log sie: »Ja.«
Die Herzogin verzog das Gesicht. »Angesichts seines ungezügelten Wesens hätte ich gar nicht erst zu fragen brauchen. Gehen Sie.« Sie deutete auf die Tür zum Nebenzimmer, und Meg gehorchte, froh, der Großinquisitorin entkommen zu sein.
Erst jetzt erinnerte sie sich an ihr Vorhaben, eine Nichtigkeitserklärung ihrer Ehe anzustreben. Warum aber hatte sie bezüglich des Ehevollzugs dann überhaupt gelogen?
Die Wahrheit war, dass sie gar keine Annullierung wollte. Sie wollte mit dem Grafen von Saxonhurst verheiratet bleiben, und sie sehnte sich danach, die sinnliche Reise zu vollenden, die sie gestern begonnen hatten. Ihre missliche Lage würde sie bald in Tränen ausbrechen lassen.
Sie fand sich in einem kleinen, gut ausgestatteten Schlafzimmer wieder, das wegen des spärlichen Lichts aus dem einzigen Fenster allerdings düster war. Als sie den schweren, naturfarbenen Spitzenvorhang davor anhob, sah sie, dass das Fenster auf einen der Vorratsschuppen hinter dem Hotel hinausging. Kein Wunder, dass kein Licht hereinfiel. Zudem befand es sich im Erdgeschoss und war gegen Einbrecher mit Eisenstäben gesichert. Das war zweifellos vernünftig, aber nicht sehr behaglich.
Auf einem Tischchen beim Bett stand eine Lampe. Meg zündete sie an, froh über das warme, gelbe Licht.
Die wenigen Dinge in dem Raum – eine reich verzierte Bibel, eine Haarbürste mit silbernem Griff und ein hölzernes Reise-Schreibpult – ließen vermuten, dass dies Daphnes Zimmer war. Diese langweilige Ansammlung von Gegenständen hatte etwas Trauriges an sich. Meg tat die junge Frau leid, die vierundzwanzig Stunden am Tag mit der Herzoginwitwe zusammen sein musste. Unter solchen Umständen wäre sicher jede Möglichkeit zur Flucht attraktiv gewesen. Vielleicht wäre Daphne sogar eine gute Ehefrau geworden, wenn Saxonhurst seinen zauberhaften Charme auf sie losgelassen hätte. Immerhin konnte er ein Wiesel in ein Schmusekätzchen verwandeln.
Ein paar Tränen entkamen ihr, Tränen, die von Angst, Übermüdung und Verlorenheit herrührten. Sie wischte sie weg; dann gab sie sich der Versuchung hin und ließ sich mit ausgebreiteten Armen in einen Lehnstuhl zurücksinken.
Oh Gott, oh Gott, was für ein Desaster. Ihr Wunsch hatte wahrlich ein dickes Ende nach sich gezogen. Nein, nicht nur eines. Es war, als habe jemand in ein ganzes Wespennest davon gestochen.
Erst jetzt erinnerte sie sich daran, wie ernst der Graf geklungen hatte, als er ihr sagte, sie solle auf keinen Fall dieses Hotel aufsuchen. Natürlich hatte er keine Situation wie diese vorausahnen können, aber Meg wusste dennoch, dass er zornig sein würde. Sie zitterte bei dem Gedanken an seinen maßlosen, zerstörerischen Zorn, den Mr Chancellor zufolge seine Großmutter ausgelöst hatte.
Und nun war sie hier und bat ebendiese Frau um Hilfe.
Sie war so sehr entschlossen gewesen, eine gute Ehefrau zu sein – wie hatte es nur zu diesem Unglück kommen können?
Doch dann setzte sie sich senkrecht auf. Wut hin oder her, in diesem Punkt war er einfach im Unrecht. Der Graf und die Herzogin waren beide der Typ Mensch, der sich lieber ins eigene Fleisch schnitt, und sie würde dem ein Ende setzen. Sie würde dafür sorgen, dass sie sich die Hände reichten.
Und danach würde sie einen Weg finden, seine stürmische Begeisterung und seine Neigung, jeden Dahergelaufenen einzustellen, zu zügeln. Mäßigung in allen Dingen. Sie würde Ruhe und Ordnung in seinen Haushalt bringen und seine Zimmer geschmackvoller einrichten und dann bereit sein, sich wie die perfekte Gräfin zu benehmen, und er würde sie mit Freuden verführen, und alles würde wunderbar sein.
Meg schüttelte den Kopf. Einer der wenigen Ratschläge ihrer Mutter hinsichtlich der Ehe war gewesen: »Glaube niemals, dass du einen Mann ändern kannst, meine Liebe. Heirate ihn nur, wenn du ihn so liebst, wie er ist.«
Gut und schön – wenn man denn eine Wahl hatte!
Allerdings musste sie, wenngleich widerwillig, zugeben, dass sie den Grafen durchaus mochte, so wie er war. Seine heftigen Impulse erschreckten
Weitere Kostenlose Bücher