Glühende Leidenschaft
vernachlässigt, nein, er tut einfach nicht so gern immer das, was man erwartet. Er entscheidet Dinge, indem er eine Münze in die Luft wirft oder würfelt. Er geht keine wirklich großen Risiken ein, aber er benutzt gern Spielkarten und Würfel, um alle möglichen Entscheidungen zu treffen.«
»Sind Sie sicher, dass er nicht in eine Anstalt gehört?«
Susie kicherte. »Oh, Miss!« Doch dann wurde sie wieder ernst. »Es ist wirklich ein ernsthaftes Angebot, und Sie wären dumm, wenn Sie es ausschlagen würden.«
»Dumm? Wenn ich das Angebot ausschlage, einen Exzentriker zu heiraten, womöglich einen Verrückten, den ich noch nie gesehen habe?«
»Er ist ein sehr reicher Exzentriker.«
Geld. Die Wurzel allen Übels, und doch so wichtig, wenn man keines hatte. Das Mädchen hatte recht. Dies war die Chance, ihre Familie vor der Katastrophe zu retten – mit Sicherheit die Gelegenheit, um die sie gebeten hatte. Wie dumm von ihr, hier zu sitzen und das Haar in der Suppe zu suchen. Schließlich wäre sie sogar bereit gewesen, Sir Arthur Jakes Geliebte zu werden, um sie alle zu retten. Konnte dies schlimmer sein? Hier wurde ihr zumindest eine Heirat angeboten.
Sie stand auf. »Ich komme jetzt mit Ihnen, um den Grafen kennenzulernen.«
Doch das Mädchen blieb sitzen. »Tut mir leid, Miss, aber das will er nicht. Wenn Sie es tun wollen, sollen Sie morgen um elf zur Kirche kommen.«
»Zu welcher Kirche?«
»Der von Ihrer Gemeinde. Ich soll Sie danach fragen.«
»Das ist wirklich verrückt! Welchen Grund könnte es denn geben, dass wir uns nicht vorher kennenlernen? Es sei denn, er hat etwas an sich, das mich abschrecken könnte. Aber dann«, fügte sie gedankenverloren hinzu, »kann ich mich ja weigern, mich trauen zu lassen …«
»Genau. Ich weiß nicht, warum er es so haben will, außer dass er einfach so ist, wie er ist. Er warf eine Münze in die Luft und hat sich so für Sie entschieden. Wenn Sie nicht mitmachen, dann zieht er einen Namen von einer der Damen der Gesellschaft aus einem Hut. Und wenn Sie Ja sagen und es sich dann im letzten Augenblick doch anders überlegen, dann will er sich seiner Großmutter fügen.«
»Warf eine Münze!« Aber andererseits, was war daran schlimmer, als einer obszönen Statue einen Wunsch abzuringen? »Beschreiben Sie mir den Grafen.«
»Oh, er sieht gut aus, Miss. Groß, kräftig gebaut.«
Ein kräftiger Irrer.
»Und sein Wesen?«
»Er ist ein angenehmer Gentleman. Charmant mit den Ladys, wenn er will.«
Und wenn er nicht will?, fragte sich Meg sofort und spürte einen leichten Schauer über ihren Rücken wandern. »Sie sagen, er sieht gut aus. Ist er dunkel, oder eher blass …?«
Das Mädchen zog die Brauen zusammen. »Na ja, also, er ist – gelblich, Miss.«
»Gelblich? Sie meinen blond?«
»So ungefähr. Seine Haut ist dunkler als die der meisten Gentlemen, weil er im Sommer gerne segelt und sich nicht darum schert, einen Hut aufzusetzen. Seine Haare sind – na ja, dunkelblond, von der Sonne, wissen Sie –, und seine Augen sind auch so gelblich. Gelblich braun.«
»Sind seine Zähne auch gelb?« Allmählich begann Meg zu glauben, sie wisse, weshalb der Graf keine Braut finden konnte. Vielleicht war diese ganze Geschichte in erster Linie ein Versuch, Gesicht zu wahren.
Susie kicherte. »Nein, Miss! Weiß und kräftig und gesund. Sind die Ihren auch so? Das ist nämlich eines der Dinge, auf denen er besteht.«
Meg sah sie verblüfft an. »Sollen Sie meine Zähne etwa inspizieren?«
Jetzt lehnte sich das Mädchen tatsächlich zurück. »Äh … nein, Miss. Das war jetzt nur so dahingeplappert. Über Ihre Zähne hat er gar nichts gesagt.«
»Das will ich hoffen! Er ist zweifellos verrückt. Sagen Sie mir die Wahrheit. Werden meine Familie und ich bei ihm sicher sein?«
»Sicher?« Das Erstaunen des Mädchens beruhigte Meg. »Natürlich sind Sie das, Miss! Sogar, wenn er seine Wut kriegt, lässt er das niemals an Menschen aus.«
»Seine Wut?«
Susie blickte drein, als hätte sie besser den Mund gehalten. »Na ja, ab und zu geht er eben hoch, und dann schmeißt er Sachen kaputt. Aber eben nur Sachen.«
Meg sank auf ihren Stuhl zurück. Auf eine seltsame Art und Weise fand sie solche Probleme tröstlich. Wäre der Graf von Saxonhurst ein normaler Gentleman gewesen, dann hätte das ihren Argwohn mehr erregt. Nun aber war trotz der Versuche des Mädchens, ein positives Bild von ihm zu zeichnen, klar, dass er ein Mann war, der eben auch seine Probleme hatte.
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