Glühende Leidenschaft
nachlässiger als der Text selbst, wie es bei Unterschriften häufig der Fall war, aber zweifelsohne war dies ein und dieselbe Handschrift.
Meine liebe Miss Gillingham,
ich bin entzückt, dass Sie mein Angebot, Sie zu heiraten, offenbar annehmen wollen, und versichere Ihnen voller Glück, dass ich Ihre Brüder und Schwestern umgehend als meine eigenen betrachten werde, dass sie mit entsprechender Sorgfalt erzogen und ausgebildet werden und dass bestens für sie gesorgt wird.
À demain,
Saxonhurst
Meg las die Nachricht noch einmal, wenngleich sie eindeutig genug war. Sie enthielt sogar eine klare Anerkennung seines Heiratsangebots, die sie nötigenfalls vor Gericht zur Geltendmachung von Forderungen verwenden konnte. Susie hatte recht; er war nicht gerade ein besonnener Mensch.
Doch die Handschrift beschwichtigte sie. Sie hatte die Beobachtung gemacht, dass eine Handschrift etwas über den Schreiber aussagte, und die des Grafen ließ nichts erkennen, was zu Entsetzen Anlass gegeben hätte. Mit einem unbesonnenen, etwas impulsiven Exzentriker würde sie zurechtkommen. Und wenn er körperlich unattraktiv war, dann hatte sie jedenfalls kein Recht, davor zurückzuschrecken.
»Also gut«, sagte sie zu dem Dienstmädchen. »Dann morgen um elf.«
Susie strahlte über das ganze Gesicht. »Sie werden es nicht bereuen, Miss Gillingham! Und falls er Ihnen irgendwelche Schwierigkeiten macht, haben Sie das gesamte Personal auf Ihrer Seite.«
Sobald sich die Tür hinter Susie geschlossen hatte, sank Meg wieder auf ihren Stuhl. Falls er Ihnen irgendwelche Schwierigkeiten macht? Oh mein Gott …
»Was passiert denn morgen um elf?«, wollte Rachel wissen.
Wie verängstigt die Zwillinge waren. Meg hatte gedacht, sie könne den Ernst der Lage besser vor ihnen verbergen.
Sie lächelte ihnen breit zu. »Morgen um elf heirate ich.«
Alle starrten sie an, und nun lachte sie erleichtert auf. Was immer die Konsequenzen sein mochten, sie konnten nur besser sein als das Schlimmste – Sir Arthurs »Entgegenkommen«. »Ich bin nicht durchgedreht, meine Süßen! Ich heirate. Wir werden in ein großes Haus ziehen, und dann müssen wir nicht mehr knausern und sparen, und ihr werdet immer gutes Essen haben.«
Die Zwillinge blickten noch immer zweifelnd. »Wirklich?«
»Wirklich!«
»Aber wen?«, fragte Laura, ziemlich bleich im Gesicht. »Doch nicht etwa … Sir Arthur.«
Meg sprang auf, umarmte sie heftig und dankte dem Himmel, dass sie dem entkommen waren. »Nein, nicht Sir Arthur. Den Grafen von Saxonhurst.«
»Einen Grafen? «
Meg schaute ihr in die Augen, wissend, dass keines der Kinder, und erst recht nicht Laura, argwöhnen durfte, dass sie dies für sie tat. »Du glaubst wohl, ich bin für einen Grafen nicht gut genug?«
Laura errötete. »Natürlich. Du solltest einen Prinzen bekommen! Ich habe nur nicht gewusst, dass du jemanden aus Adelskreisen kennst.«
Meg legte sich hastig eine Geschichte zurecht. »Wir haben uns bei den Ramillys kennengelernt.«
»Aber warum schon morgen? Da bleibt ja gar keine Zeit mehr für Vorbereitungen!«
»Wenn du den Grafen kennst, wirst du merken, dass er sehr impulsiv ist. Und unsere Lage ist ziemlich schlecht, warum also warten? Was mich daran erinnert«, sagte sie und wandte sich wieder dem Hackblock zu, »dass wir heute noch etwas essen müssen.«
Laura begann, Zwiebeln zu schneiden, konnte sich jedoch noch eine weitere Frage nicht verkneifen: »Willst du ihn uns nicht beschreiben?«
»Nein.« Meg setzte den Topf mit dem Suppenknochen auf. »Ihr könnt doch wohl noch bis morgen warten.«
Doch als Jeremy nach Hause kam, war es nicht mehr so leicht. Mit seinen siebzehn Jahren sah er Meg sehr ähnlich; auch er hatte das weiche, braune Haar ihrer Mutter und das breite Kinn vom Vater. Aber er war weitaus klüger und studierte für sein Leben gern. Walter Gillingham hatte vorausgesagt, dass sein älterer Sohn ihn in punkto Gelehrsamkeit einmal weit übertreffen werde.
Das war noch in der guten alten Zeit gewesen, als alle davon ausgegangen waren, dass Jeremy wie schon sein Vater nach Cambridge gehen würde. In letzter Zeit hatte er davon gesprochen, eine Arbeit als Büroangestellter anzunehmen. Es wäre ihm nicht möglich gewesen, seine Studien fortzusetzen, wenn Dr. Pierce nicht darauf bestanden hätte, ihn auch ohne Bezahlung zu unterrichten.
Eine heftig aufwallende Freude trieb Meg Tränen in die Augen. Sie würde Jeremy seine Träume, seine Bestimmung, wieder ermöglichen können.
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