Glühende Leidenschaft
Dort in dem Körbchen auf dem Tisch sollte etwas Obst sein. Sehen wir mal, ob wir ihn bestechen können.«
»Ich weiß nicht, ob das notwendig …«
»Es ist notwendig. Er ist an meine Gesellschaft gewöhnt.«
Durch seine Prioritäten etwas aus der Fassung gebracht, trat Meg an den Tisch. Das Körbchen enthielt Trauben aus einem Gewächshaus! Sie nahm eine und trat hinter ihren Gatten, um sich vor den Vogel zu stellen, doch der drehte sich prompt erneut um.
Der Graf setzte ihn auf seine Hand. »Hübsche Lady«, sagte er und zeigte auf Meg. »Hübsche Lady. Zeig ihm die Traube.«
Meg hielt sie dem Vogel vor, der sie ihr sofort entriss.
»Ich habe nicht gesagt, gib sie ihm. Zeig ihm noch eine.«
Sie begann, dieses Spiel faszinierend zu finden, und hielt eine neue Weintraube so, dass Knox sie nicht erreichen konnte.
»Hübsche Lady«, wiederholte der Graf und streichelte den Vogel geduldig. »Hübsche Lady.«
»Hübsche Lady«, wiederholte Knox schließlich; es klang allerdings nicht aufrichtig.
Meg bot ihm die Traube an. Der Vogel nahm sie, aber sobald der Graf ihn ausließ, hüpfte er auf dessen Schulter und wandte Meg wieder den Rücken zu.
»Er wird sich mit dir vertragen«, meinte der Graf mit einem leisen Lachen, »vor allem, wenn du ihn weiter mit seinem Lieblingsobst fütterst.«
»Wäre es nicht leichter, wenn ich mich einfach von ihm fernhielte?«
»Nicht, wenn du auf meine Gesellschaft Wert legst. Er würde sich sehr grämen, wenn er mich nur gelegentlich zu sehen bekäme.« Mit dem Vogel auf der Schulter öffnete er die Tür zu einem angrenzenden Raum.
Meg versteifte sich, doch er schritt durch sein Schlafzimmer und öffnete die Tür zum nächsten Raum, der sich als ihr Schlafzimmer herausstellte. »Ah, Susie ist die Gastgeberin«, sagte er zu dem Zimmermädchen, das ihn mit einem Knicks begrüßte. »Wie schön.« Er berührte Megs Wange. »Ich bin bald zurück, meine Liebe.«
Sie starrte auf die Tür, die sich hinter ihm schloss. »Seine Cousine Daphne hat recht. Er ist wirklich abscheulich.«
Susie kicherte. »Aber gleichzeitig auch verteufelt charmant, nicht wahr, Mylady?«
Meg zuckte zusammen. Sie hatte vergessen, dass sie nicht allein war. Sein Versprechen, zurückzukommen, brachte sie durcheinander, wie auch der Umstand, dass ihre Hauptrivalen um seine Gunst ein Hund und ein Vogel zu sein schienen.
Und was sie ebenfalls beunruhigte, sie musste es einfach zugeben, das war, wie geschickt er mit diesen beiden »Rivalen« umzugehen wusste. Sie befürchtete, am Ende werde er mit demselben Geschick auch mit ihr so verfahren, sie abrichten oder gar jagen. Sie hatte von dieser Ehe ja so manche Herausforderung erwartet, aber so etwas nicht.
Susie nahm Megs Umhang an sich, und diese ließ es geschehen, doch sie hatte keine Ahnung, wie man mit einer Kammerdienerin umzugehen hatte. Erst recht nicht mit Susie, die viel zu gut über sie Bescheid wusste.
»Kommen Sie, Mylady«, sagte Susie freundlich und führte Meg ins Ankleidezimmer. »Ich habe heißes Wasser zum Waschen, und Ihr Nachthemd ist angewärmt und liegt bereit.«
Wieder fiel Meg auf, dass hier alle Räume angenehm warm waren. Offenbar hauptsächlich um des Papageis willen.
Mit geschickten Fingern nahm ihr die Dienerin Haube und Spenzer ab und begann, die Knöpfe ihres Kleids zu öffnen.
Meg beschloss, wenn sie eine Gräfin war, dann wollte sie eine exzentrische Gräfin sein. Sie trat zur Seite. »Ich kann das selbst machen, Susie.«
»Na klar, aber warum sollten Sie?«, erwiderte die junge Frau forsch. Sie fuhr mit ihrer Arbeit fort, streifte das Kleid ab und löste die Korsettschnur, als sei Meg ein Kind.
Da sie sich von so vielen anderen Dingen bedrängt fühlte, fehlte Meg die Kraft zum Widerstand. Vermutlich wusste die Dienerin bestens, wie sie eine Frau für das Bett des Grafen vorzubereiten hatte. Außerdem war Meg nicht entgangen, dass der Frauen hassende Papagei nicht im Schlafzimmer des Grafen gehalten wurde.
Sie bezweifelte jedoch, dass die Nachthemden der Damenbekanntschaften des Grafen so sittsam und langweilig ausgesehen hatten wie das ihre, das neben dem Kamin auf einem Gestell ausgebreitet war. In ihrem einsamen Bett bei den Ramillys hatte sie nie das Bedürfnis verspürt, sich einmal ein neues zu kaufen, doch inzwischen war aus der schweren, einst weißen Baumwolle ein schäbig-fahles Gelb geworden, und ein säuberlich geflickter Riss sprang geradezu ins Auge.
Als Susie ihr das Unterkleid ausziehen wollte,
Weitere Kostenlose Bücher