Glühende Leidenschaft
Leben größtenteils von purer Angst herrührte, von Angst vor dem Unbekannten, davor, Unwissenheit einzugestehen und sich zu blamieren.
Sogar – und vielleicht vor allem –, was das Bett anbetraf. Was wusste sie schon von solchen Dingen? Aber trotz seiner Bemerkungen über ihre fehlende Keuschheit konnte er nicht von ihr erwarten, irgendetwas darüber zu wissen.
Mit Feiglingen hatte sie nur wenig Geduld, und sie wollte auch selbst keiner sein. Wenn sie also eine Gräfin sein sollte, dann eine exzellente, im Bett genauso wie auch sonst!
Als ersten kleinen Schritt nahm sie das Boudoir in Besitz. Obwohl es einfach Dinge ohne einen wirklichen Wert waren, breitete sie ihren Schmuck auf einem Mahagonitisch aus, der eine Schublade mit Spielfiguren darin hatte. Ihre Bücher stellte sie zu einer ziemlich veralteten Sammlung in einem Regal auf einem Tamburpult dazu. Den Nähkorb ihrer Mutter platzierte sie neben einen mit Brokat bezogenen Stuhl, froh und dankbar darüber, dass er am Ende doch nicht hatte verkauft werden müssen. Sie überlegte, ob der Graf einen Teil ihres Taschengeldes vorstrecken würde, damit sie einige der Dinge, die sie abstoßen musste, wieder zurückkaufen konnte.
Sie wusste zweifelsfrei, wenn sie fragte, würde er sie alle wieder auftreiben und für sie erstehen. Dieser Gedanke brachte ein Lächeln auf ihre Lippen, doch gleichzeitig musste sie dabei den Kopf schütteln. Sie wollte seine ungebärdige Extravaganz nicht bestärken, aber er schien ein außerordentlich freundlicher Mensch zu sein.
Doch die ganze Zeit über sorgte sie sich wegen der Sheila . Sie konnte sich nicht wirklich auf das neue Leben hier einlassen, bevor sie die Statue nicht wiederhatte. Aber wenn sie hier war, wo sollte sie aufbewahrt werden? Hier gab es keinen Platz, der vor den Augen der Dienerschaft sicher gewesen wäre. Der Schreibtisch war zwar abschließbar, aber zu klein für den Stein. Sie konnte ihn auch nicht irgendwo aufstellen; er musste immer in ihrer Nähe und unter ihrer Kontrolle sein.
Vielleicht konnte sie ja doch offen damit umgehen und zum Beispiel behaupten, die Statue sei eine Kuriosität ihrer Familie, die nur sentimentalen Wert besitze. Der Gedanke ließ sie schaudern. Der Graf war doch gerade der Typ Mensch, der so etwas liebend gern öffentlich zur Schau gestellt und es garantiert allen seinen Gästen gezeigt hätte! Meg hatte keine Ahnung, wie viele Menschen die Gabe besaßen, und sie wollte es ganz gewiss auch nicht erfahren.
Sie bemerkte, dass sie einfach nur dastand und auf einen trist wirkenden Garten hinausstarrte, der größtenteils von den kahlen Ästen großer Bäume überhangen wurde. Es war zwecklos, sich Sorgen über die Zukunft zu machen. Das Wichtigste zuerst. Sie musste den Stein so bald wie möglich holen, solange das Haus in der Mallett Street noch leer stand.
Im hinteren Teil des Gartens sah sie eine von Efeu überwachsene Gartentüre. Wenn sie nur jetzt gehen könnte. Aber sie würde dieses Haus niemals unbeobachtet verlassen können, und in der Mallett Street würden ihr die Nachbarn auf Schritt und Tritt auf den Fersen sein.
Nein, sie konnte es nur nachts wagen. Oder vielleicht sehr früh am Morgen. Ja, in aller Frühe, wenn die ersten Bediensteten bereits auf waren und vom Land die frischen Lebensmittel angeliefert wurden; dann waren die Straßen relativ sicher, und trotzdem würden noch nicht viele Leute unterwegs sein.
Bei diesem Gedanken wurde ihr klar, dass sie ihren Gatten auf jeden Fall hinhalten musste. Er hatte sein eigenes Schlafzimmer, aber ihre Eltern hatten zusammen geschlafen. Wenn sie die Ehe heute vollzogen, wollte er womöglich die Nacht über bei ihr bleiben, und dann würde sie es nie schaffen, heimlich das Haus zu verlassen.
Oh Gott, oh Gott.
Sie musste ihn hinhalten.
Aber den Grafen von Saxonhurst hinzuhalten, das war, als wollte man einen Sturmwind aufhalten. Er setzte sich über alles, was sie sagte, hinweg, tat, was immer er wollte. Und, sie musste es zugeben, er riss sie mit sich fort wie ein Schiff unter vollen Segeln.
Meg bemerkte, dass sie begonnen hatte, im Zimmer auf und ab zu gehen, und blieb abrupt stehen. Das machte alles keinen Sinn. Sie würde das Problem angehen, sobald es sich stellte – bei dem Gedanken unterdrückte sie ein Kichern –, indem sie einfach erwidern würde, dass sie noch nicht bereit sei.
Der Graf würde sie nicht vergewaltigen, dessen war sie sich seltsamerweise sicher. Wenn sie einfach nur resolut blieb, wenn sie
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