Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Glühende Lust

Glühende Lust

Titel: Glühende Lust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Simon
Vom Netzwerk:
nicht …« Er stockte. »Damit ich es nicht verlerne. Dieses unnütze Herumlungern bin ich nicht gewohnt.«
    Er holte ein Beutelchen und ein sauberes Tuch aus dem Vorratsraum. Im Schankraum schlug ihm der Geruch frisch geschnittener Zwiebeln entgegen. Aus dem Kessel dampfte es. Nanacht mühte sich, eine Tonflasche zu öffnen. Essiggestank drang heraus. All das ließ ihn befürchten, wieder nur Linsen zu essen zu bekommen. Der schlaksige Alte, mit dem Gesicht eines verbrannten Lederlappens, trug einen kleinen Sack herein, aus dem Linsen rieselten.
    »Panhesi.« Flüchtig sah Nanacht auf. »Nimm den Sack wieder mit, es ist noch reichlich vorhanden. Es kommen ja kaum noch Gäste.«
    »Warum?«
    »Ägyptische Männer halten ihr Kupfer zusammen, falls sie noch welches besitzen, und haben andere Sorgen, als hier einzukehren. Und die Assyrer wollen keine Linsen.«
    »Nicht?« Er kratzte sich den stoppeligen Schädel. »Was mögen sie denn? In meinem Hause haben siealle Vorratssäcke aufgeschlitzt, und im Haus meines Vetters …«
    »Bring den Sack zum Händler zurück und schau, ob du stattdessen gutes Weizenmehl bekommst. Oder eine Gans.«
    »Aber das alles ist teuer jetzt! Und es wird noch schlimmer werden, sie erhöhen die Steuern, erzählt man sich draußen. Wo soll das noch enden? Morgen will sich der Eroberer zum Pharao krönen lassen, und das feiern sie heute schon auf dem Platz vor dem Palast. Sogar die Statue des Stadtgottes sollen sie dorthin geschafft haben. Die darf doch keiner sehen, der nicht Priester ist!« Er warf die Hände hoch, krümmte die Finger und starrte an die fettigen Strohfäden, die von der unverputzten Raumdecke hingen. »Die Maat ist aus den Fugen, Ägypten wird vielleicht nie wieder, was es war!«
    Kopfschüttelnd sah Schanherib zu, wie er in Tränen ausbrach, Nanacht sich zu ihm gesellte, ihn mit schroffen Worten tröstete, eine Brust entblößte und seinen Kopf darauf bettete, was er sich gern gefallen ließ. So wiegte sie ihn eine Weile, dann klopfte sie auf seine Schulter und wies ihn auf die Gasse hinaus.
    »Du verschwendest dein Kupfer, falls du noch welches hast«, warf Schanherib ein. »Weder aus Brot noch aus einer Gans verstehst du etwas zu machen. Dein Bier ist erträglich, aber das allein und deine körperlichen Reize werden dich nicht über Wasser halten.«
    »Du vermisst sicher Dattelrauschtrank und Heuschrecken?« Sie schaute ihn so angewidert an wie zuvor Merit das schmutzige Geschirr. »Warum gehst du nicht einfach? Fieber hast du keines mehr, kein Dämon jagt mehr durch die Kanäle deines Körpers.«
    »Vielleicht hast du recht.« Er schritt zur Tür, riss sie auf und stapfte ins Freie.

    Merit starrte die Tür an. Er würde wiederkehren, er hatte ja seine Rüstung und seine Waffe hier. Ihr schwindelte, als ihr bewusst wurde, dass er sie nicht tragen würde – nicht tragen durfte , wenn er dort draußen als Ägypter durchgehen wollte.
    Für ihn gab es keinen Grund, zu bleiben. Lass ihn gehen, so ist es richtig, seine Welt ist nicht deine, sprach sie sich Vernunft zu, von ihren Tränen sofort wieder fortgeschwemmt.
    »Jetzt heulst du auch noch?«, rief Nanacht. »Hab ich nur greinende Kinder um mich? Soll ich dir die andere Brust geben?«
    Wenn es nur einen Grund gäbe, ihn aufzuhalten! Merit nagte an ihren Nägeln. Wenigstens für einen Augenblick der Erklärung, des Abschieds, war er ihr das nicht schuldig? Sie keuchte auf. Das Amulett! Erleichtert stürzte sie auf die Gasse, Nanachts Schimpfen im Ohr. Sie würde ihr Amulett zurückfordern, alles andere fand sich dann vielleicht …
    Selbst inmitten der Menschen, am andern Ende der Gasse und beinahe außer Sichtweite, war er in seiner Größe unverkennbar. Sein nicht ganz so nachtdunkles Haar, das ihm bis weit auf die Schulterblätter fiel, unterschied ihn. Die breiten Schultern, die Leinenbinde um die Brust. Merit hastete durch das Gewühl. Die Stadt war zu neuem Leben erwacht. Lägen nicht vor vielen Eingängen Haufen von Möbeln, Gefäßen und anderen mutwillig von den Eroberern zerstörten Dingen, welche die Bewohner aus ihren Häusern geschafft hatten, so mochte man glauben, es habe sich nicht vielverändert. Doch beim näheren Hinsehen wirkten die Gesichter missmutiger. Die Unterhaltungen waren gedämpfter; die Frauen vor dem Gemeinschaftsbackofen schwiegen, statt wie sonst zu lachen und zu streiten. Und da waren nach wie vor die assyrischen Männer, die jedoch nicht mehr sehr kampfbereit wirkten und miteinander

Weitere Kostenlose Bücher