Glühende Lust
umfangen. Sie lag nur starr.
»Dein Duft steckt mir in der Nase, kleine Göttin«, sagte er auf Ägyptisch. »So sehr beherrschst du mich schon.« Er stemmte sich hoch, fasste sich an die Wunde.Erschrocken wurde Merit gewahr, dass er über sie stolpern würde, wenn er jetzt umkehrte. Doch er schritt ins Wasser. Fort von ihr, fort …
»Schanherib!«
Sie kämpfte sich auf die Füße und rannte ihm nach. Ihr Ruf hallte noch in ihrem Ohr.
»Merit? Bei Assurs Hörnern! Wieso bist du mir gefolgt?«
»Kannst du überhaupt schwimmen?«, platzte sie heraus. Bei Sobek, fiel ihr nichts Dümmeres ein?
»Ich ersauf schon nicht«, antwortete er belustigt.
»Du kannst nicht einfach so verschwinden!«
»Verschwinden? Wohin denn?« Er spreizte die Arme. Sie vermochte zu erkennen, dass er bis zu den Oberschenkeln im Wasser stand, sonst kaum mehr. In ihrer Vorstellung war dort ein Nachen gewesen, den er besteigen wollte. Das alles, auch dass sie hier war, kam ihr jetzt völlig unsinnig vor.
»Ins Wasser, meine ich«, sagte sie fest und kehrte ihm den Rücken zu, als wolle sie wieder gehen. »Es ist nicht gut, wenn das schlammige Wasser an deine Wunde kommt.«
»Das weiß ich. Ich bin nicht hergekommen, um wegzuschwimmen, sondern um mich zu waschen.«
Zu waschen. Deshalb das Tuch und der kleine Beutel in seiner Hand. Ein Beutel mit Natron. Ihr Gesicht erhitzte sich vor Scham.
»Was ist, willst du jetzt wieder fort?«
Sie stockte. Wandte sich um, suchte seine Augen, sah aber nur seine Umrisse, die wuchsen. Er stand vor ihr, berührte ihren Arm und ertastete ihren Ellbogen.
»Was geht nur in deinem Kopf herum?«
»Hat dir der Brunnen im Hof nicht genügt?«
Er seufzte, als wüsste er nichts Rechtes anzufangen mit ihren sprunghaften Äußerungen, und kehrte zum Wasser zurück. »Du denkst sicher, ein Assyrer ist glücklich mit dem Schweiß etlicher Tage auf der Haut. Ich verstehe, dass man Feinde mit Dreck überschütten möchte, wenn sie es selber nicht tun. Aber ich sitze in Nanachts Hinterhofgärtchen nicht, weil ich es ihr wegnehmen will, sondern weil es mich, so erbärmlich es ist, ein bisschen erfreut. Mein Volk liebt seine Gärten an Wäldern und Flussufern und den Palästen in Ninive und Assur. Wo man hier die Wände bemalt, zieht man dort Pflanzen. Wer es sich leisten kann, wohnt im Sommer am Fuß des Zagros, wo die Bäche und Quellen überreichlich fließen. Dort pflegen sie ihre Obstgärten und Rinderherden und die Schöße ihrer Frauen.«
»Ihr bemalt eure Wände mit toten Gefangenen, wie ihr sie an Nasenringen durch eure Städte treibt und dann ihre Köpfe an Ästen aufhängt. Eure Flüsse färben sich rot, heißt es.«
»Du willst nur das Hässliche sehen. Deshalb hast du mir wohl auch den Bart abgenommen? Weil du den nicht ertragen konntest?«
»So war es nicht«, hauchte sie matt.
»Du bist eine Suchende, die noch nicht weiß, wonach sie sich sehnt«, sprach er mit rauer Stimme in die Nacht. »Sicher nicht nach deiner Dienerin, der du die Brüste leckst, während sie ihre Finger in dir hat. Ich weiß es ja besser, mich begehrst du, sonst wärst du nicht hier. Aber ich weiß auch, dass du mich verachtest, wie es eine Ägypterin tun muss.«
Er schlug sie mit Worten, aber sie wollte sich nicht ducken. Was fiel ihm ein, ihr irgendetwas vorzuwerfen,da er es war, der ihr Land betreten hatte, um es als Teil des fremden Heeres zu erobern? »Ja!«, schrie sie und stapfte ihm nach. Das Wasser umspülte ihre Knie. »Ich bin dir nachgelaufen, weil ich nicht glauben konnte, dass du ohne einen Dank verschwindest. Das hätte ich nicht einmal einem Assyrer zugetraut!«
»Lass es, du kannst einfach nicht überzeugend schwindeln.« Seine Hand umschloss ihr Handgelenk. Sie wankte, der schlammige Grund bot keinen sicheren Halt. Das Wasser geriet in Bewegung, gluckerte und schickte erdigen Geruch herauf. Sein anderer Arm umfasste ihren Nacken und hielt sie aufrecht. »Merit-Sobek, ich hatte nicht vor, die Schenke heute oder morgen zu verlassen, denn mir geht es zwar besser, aber das ändert nichts an dem, was mich bedroht. Ich muss das erst gut durchdenken. Vielleicht suche ich meine Gefolgsleute auf, andererseits möchte ich sie nicht in Schwierigkeiten bringen. Wie auch immer, bis dahin hätten sich noch viele Gelegenheiten gefunden, dir zu danken.«
Er ließ ihr keine Zeit, nach jener Bedrohung zu fragen; er neigte sich ihr zu und ertastete mit den Lippen ihr Gesicht. Zitternd hielt sie still. Seine Finger glitten
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