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Glühende Lust

Glühende Lust

Titel: Glühende Lust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Simon
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die Dammkrone erreicht. Schanherib hockte sich auf die dürre Grasnarbe und zog sie an seine Seite. »Nein«, sagte sie, allerdings wusste sie nicht, wie es um ihren Mut beschaffen war, sollte sie je einem Krokodil ins Auge blicken. »Sobek ist mein Schutzgott.«
    »Warum?«, verlangte er zu wissen.
    »Die Priester haben mir meinen Namen gegeben. Das ist hier so üblich. Und als ich fünf Jahre alt war, fiel ich einmal bei der Entenjagd vom Boot ins Wasser. Ich hatte mein erstes Wurfholz geschenkt bekommen und konnte natürlich gar nicht damit umgehen, es war viel zu groß und zu schwer. Es entglitt mir, und ich sprang hinterher, denn schwimmen konnte ich schon. Am Ufer waren drei oder vier Krokodile. Mein Vater flehte Sobek an, sie zurückzuhalten, und sie rührten sich tatsächlich nicht. Ich weiß davon nichts mehr, erinnern kann ich mich nur noch, dass ich danach meinAmulett um den Hals gelegt bekam. Von da an war Sobek mein Schutzgott.«
    »Unglaublich«, brummte er, und ihr schwoll schon die Brust vor Stolz auf dieses Erlebnis, aber dann fügte er an: »Das Jagen bringt man hier kleinen Kindern bei, aber später nicht das Kämpfen.«
    »Ich habe sowieso nie eine Ente getroffen.« Sie legte die Hand in seine Ellbogenbeuge. »Und du? Warum bist du hier?«
    »Warum nicht? Es ist der Wille der Götter, dass Assyrien die Welt beherrscht.«
    Wie selbstverständlich er das sagte! »Wie kommt es, dass ein assyrischer Krieger Ägyptisch spricht, obwohl er vorher nie in Ägypten war? Das finde ich seltsam.«
    »Daran ist gar nichts seltsam. In Assyrien will jeder entweder Soldat oder Schreiber werden. Also lernt man Kämpfen und Schreiben von klein auf. Ich habe das Tontafelhaus in Ninive besucht, wie schon mein Vater und dessen Vater, die hochrangige Würdenträger am Hof waren. Bis ich gemerkt habe, dass mir diese intrigengeschwängerte Palastluft nicht gefällt und mein Talent wohl doch auf dem anderen Gebiet liegt.«
    »Das könnte ich nicht beurteilen. Ägyptisch reden höre ich dich, und das hervorragend, aber kämpfen sah ich dich nie.«
    »Freches Ding.« Er schlug ihr spielerisch gegen die Wange – ein Streicheln vielmehr, das sich in ihrem ganzen Körper fortzusetzen schien. Sie fröstelte.
    »Weißt du, dass das bei uns ähnlich ist?«, murmelte sie rau. »Auch die ägyptischen Jungen wollen alle Schreiber werden oder für den Pharao kämpfen.«
    »Nur dass sie eher zum Schreiben als zum Kämpfen taugen.«
    Ihr lag eine Frage auf der Zunge, die sie lieber herunterschlucken würde. Aber dann würde sie daran ersticken, also fasste sie Mut: »Wartet in Ninive jemand auf dich?«
    »Meine Eltern?« Sein lauernder Tonfall schien zu sagen: Ich weiß, was du meinst, aber sprich es aus.
    Sie musste heftig schlucken. »Eine Frau«, flüsterte sie.
    »Nein. Dazu gefiel es mir im Heer viel zu gut, aber ich glaube, die schlichte Wahrheit ist, dass ich noch keine gefunden habe. Ich kämpfe, weil ich es kann und weil es guttut, auf einem Pferderücken in die Schlacht zu reiten, aber ich wär’s auch zufrieden, meinen Gilzaner über eigenes Land zu lenken, das ich mit meinen Händen bearbeite.«
    Warum erfüllten sie diese Worte so sehr mit Erleichterung? Sie versuchte sich vorzustellen, wie er eine Harke in fruchtbaren Boden trieb oder Heuschrecken von jungen Trieben pflückte.
    »Sag, stimmt das wirklich? Das mit den Heuschrecken?«
    »Heuschrecken?«
    »Und Dattelrauschtrank.«
    Er lachte wieder so herrlich. »Der wäre nichts für dich, kleine Göttin, aber geröstete Heuschrecken solltest du probieren, sie sind mit das Beste, was ich kenne.«
    »Niemals!«
    »O doch. Wir gehen gleich auf dieses Fest vor dem Palast. Gehorche, kleine besiegte Ägypterin.« Sein Atem strich über ihr Gesicht. Ihr Mund öffnete sich, und dann empfing sie seine Lippen erneut. Ihre Hände trafen sich in seinem Nacken. Er wiegte sie, strichüber ihren Rücken, die Rundungen ihrer Schultern, die Arme hinab. Seine Finger entdeckten das Amulett in ihrer Hand. Kurzerhand streifte sie es ihm über den Kopf.
    »Und warum das nun?«, fragte er verwundert.
    »Weil … damit du besser für einen Ägypter gehalten wirst, wenn wir dorthin gehen.«
    »Du kannst immer noch nicht schwindeln.«
    Merit biss sich auf die Unterlippe. »Gut, es ist, damit … ach.« Durfte sie das wirklich aussprechen? »Damit du nicht einfach verschwinden kannst«, hauchte sie und zog sich verlegen eine ihrer kurzen Haarsträhnen an die Lippen. Gut, dass es so dunkel war,

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