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Glühende Lust

Glühende Lust

Titel: Glühende Lust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Simon
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Tag demütigen!«, fauchte der Assyrer verächtlich. »Dafür sind sie dir dann gut genug, ja?«
    Rasch hob Mentuhotep die Hände. »Du solltest schleunigst deine Stimme senken, wenn du nicht willst, dass sie auch so hereingestürmt kommen.«
    Er hatte streng gesprochen, aber zu Nefertems Verwunderung nickte Schanherib nur. In der Tat wirkte er sehr erschöpft, wie er ständig das Gewicht von einem Fuß auf den anderen verlagerte. Auf seiner Brust rann der Schweiß. Als Mentuhotep sie berühren wollte, wich er einen halben Schritt zurück.
    »Das … das ist Merits …«, des Vaters Stimme versagte. Er wankte zurück zu seinem Stuhl, wo er sich ächzend niederließ. »Oder gibt es das noch einmal?«
    »Das Amulett? Sie gab es mir.«
    »Was sagst du da?« Nefertem krümmte sich, vor Abscheu zitternd. Es fehlte nicht mehr viel, und er würde brüllen, um diesen Hurensohn ans Messer zu liefern. »Du hast sie aus dem Fluss geholt und es ihr entrissen, ihr oder ihrem Leichnam!«
    »Vergiss vor lauter Hass das Nachdenken nicht«, schnaubte Schanherib. »Du und ich sind zusammen in die Stadt geritten, das wirst du ja wohl noch wissen. Merit und ich trafen später aufeinander; wie und warum, das tut jetzt nichts zur Sache. Sie selbst hat den Schmuck um meinen Hals gelegt.«
    Nefertem stürzte zu Mentuhotep, dem der Mund offen stand. »Vater, das ist eine Lüge!« Über den Vater gebeugt, starrte er den Assyrer an. »Warum behauptest du das? Was soll das Ganze überhaupt?«
    Unter der Haut des Assyrers brodelte sichtlich die Ungeduld. »Ich wusste nicht, wer sie war; sie wusste es von mir ebenso nicht. Bis vorhin. Dann ist sie weggelaufen, und ich habe nicht die leiseste Ahnung, wohin. Ich hatte gehofft, sie sei hier, aber ganz offensichtlich wisst ihr ja noch weniger als ich.«
    Mentuhotep bedeutete Nefertem, zurückzutreten. Dann streckte er den Rücken und verschränkte die Hände vor dem aufgeworfenen Bauch. »Mir kommt ein ziemlich erstaunlicher Verdacht: Du und Merit – ihr wart zusammen?«
    »Das könnte man so sagen.«
    »Hast du sie etwa beschlafen?«, fragte Mentuhotep scharf, und Nefertem beobachtete erstaunt, dass der Assyrer zur Seite blickte.
    »Also … wenn ich davon ausgehe, dass man hierzulande das Gleiche darunter versteht …«
    »Das Gleiche?«, rief Mentuhotep.
    Schanherib funkelte ihn an. »Bei Assurs Gemächt – den Schwanz in ihr zu versenken! Nein, das tat ich noch nicht!«
    Es war Nefertem unerträglich, diese Verhöhnung seiner vermutlich toten Schwester länger mitanzuhören. Er machte auf der Ferse kehrt und stapfte zur Tür.
    »Ja, geh hinaus«, rief Schanherib mit unterdrückter Stimme hinter ihm her. »Vernichte die vielleicht einzige Möglichkeit, deiner Schwester zu helfen. Oder sag mir, wo sie sein könnte.«
    »Wir wissen doch überhaupt nichts«, klagte Mentuhotep.
    Nefertem hielt inne. Wenn Merit wirklich noch lebte und sie weder zu Hause noch in irgendeinem Tempel, noch in eines anderen Edlen Haus Zufluchtfinden konnte – sollte er da seinem Groll nachgeben? »Ich weiß vielleicht einen Ort.« Zögernd wandte er sich um. Er meinte wieder den Schlag des Gürtels auf der Schulter zu spüren. Den Staub des langen Rittes zu schmecken. Den Schlachtruf dieses Mannes zu hören. Und doch schien Schanherib der Einzige zu sein, der Merit beistehen konnte. Die Maat war wirklich aus den Fugen. »Dort war sie jedoch zuletzt vor ein paar Jahren. Ich sagte ihr damals, dass es zu gefährlich wäre, und seitdem hat sie es sein lassen, sich dorthin zu schleichen. Weiter nördlich im Papyruswald, ein alter, längst vergessener Schrein des Sobek …«
    »Wie finde ich den?«, fragte Schanherib. Die Mattigkeit schien von ihm abzufallen wie ein lästig gewordenes Kleidungsstück.
    »Jenseits der Guten Ausfahrt müsstest du einfach am Fluss nach Norden laufen. Jetzt dürfte die Überschwemmung bis dicht an den Schrein reichen. Er ist aus hellem Sandstein, vielleicht siehst du ihn ja.«
    Schon war der Assyrer an der Wand und reckte sich nach dem Fenster. Da stemmte sich Mentuhotep aus dem Sessel, langte nach einem Stoffbeutel auf dem Tisch und lief auf ihn so rasch zu, dass sein Bauch schaukelte. Schanherib ließ die Hand sinken und blickte fragend auf ihn herab. Mentuhotep drückte ihm den Beutel in den Arm. Schwer atmete er, und auch Nefertem stockte der Atem, als sein Vater die Hände hob. Deutlich war der Kampf zu sehen, den er mit sich selbst ausfocht. Dann überwand er sich und ergriff die

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