Glut der Herzen - Roman
ich so extreme Albträume, dass ich in kalten Schweiß gebadet und unter Herzklopfen erwache.«
»Ich verstehe«, sagte sie leise.
Ein Gangsterboss hat sicher viele Gründe für Albträume, dachte sie bei sich. Sie verkniff sich die Bemerkung, dass es vielleicht sein Gewissen war, das ihm die schlimmen Träume schickte, doch sie bezweifelte, dass er ihre
Worte gut aufnehmen würde. Was die Halluzinationen betraf, hatte sie keine so einfache Erklärung.
Griffin schob den Samtbeutel herunter und enthüllte die Lampe. Lange Zeit stand er reglos da. Adelaide spürte die Energie, die um ihn schwebte.
»Kein Zweifel«, sagte er leise. »Das ist die echte Leuchte.«
Adelaide trat näher heran. Ihre Handflächen prickelten. Im Laufe der Jahre hatte sie das Objekt sehr oft untersucht, es faszinierte sie jedes Mal so sehr, dass ihr Schauer über den Rücken liefen.
Die Lampe war an die achtzehn Zoll hoch und schimmerte im schwachen Licht, sie ähnelte eher einer Metallvase als einer alten Öllampe. Der sich verjüngende untere Teil ging in eine massive Basis mit eingravierten alchemistischen Symbolen über. Nach oben wurde die Lampe breiter und endete in einem von glanzlosen, grauen Kristallen gezierten Rand.
»Was spüren Sie?«, fragte Griffin, der den Blick nicht von der Lampe losreißen konnte.
»Traumlicht«, sagte sie. »Sehr große Mengen.«
»Können Sie damit arbeiten?«
»Möglich. Aber nicht allein. Im Laufe der Zeit versuchte ich hin und wieder, Zugang zu der Energie in der Lampe zu finden. Ich kann sie nur ganz schwach zum Leuchten bringen. Aber eines kann ich Ihnen versichern: Wenn sie erst richtig brennt, gibt es kein Zurück mehr.«
Er griff nach der Lampe und trug sie zu dem kleinen Dachfenster, um sie besser untersuchen zu können. »Wie kann ich sie zum Brennen bringen?«
»Das wissen Sie nicht?«
»Als ich jünger war, versuchte ich es einige Male, doch ich schaffte es nie, sie zu aktivieren. Mein Vater glaubte, es läge daran, dass ich den Fluch nicht geerbt hätte. Als ich fünfzehn war, wurde die Lampe gestohlen. Heute sehe ich sie nach zwei Jahrzehnten zum ersten Mal wieder.«
»Was ist mit Nicholas’ Tagebuch? Hinterließ er keine Anweisungen für den Umgang mit der Lampe?«
»Wenn Sie schon mit alten Alchemisten zu tun gehabt hätten, dann wüssten Sie, dass sie von ihren Geheimnissen geradezu besessen sind. Nicholas hinterließ nicht viele direkte Anweisungen. Er nahm wohl an, dass derjenige, der Zugang zur Energie in der Lampe suchen würde, sich von seiner eigenen Intuition und jener der Traumlicht-Deuterin leiten lassen würde.«
»Ich verstehe.«
»Nun, Mrs Pyne? Können Sie die Lampe für mich aktivieren und den Prozess rückgängig machen, der eingesetzt hat? Werden Sie mich retten?«
Sie öffnete ihre Sinne und betrachtete seine Traumspuren, die in die Dielenbretter eingebrannt waren. Er glaubt an die Legende, dachte sie. Ob die Geschichte nun auf Wahrheit beruht oder nicht, er ist überzeugt, dass er den Fluch der Winters geerbt hat .
»Ich will es versuchen«, sagte sie.
»Danke.«
»Aber ich möchte das Tagebuch Ihres Ahnherrn lesen, ehe ich mich daran mache, die Energie der Lampe zu manipulieren.«
»Das ist sicher sinnvoll. Sie sollen es noch heute Abend bekommen.«
»Das geht leider nicht. Ich bin heute mit Freunden im Theater verabredet. Sicher eilt es nicht so sehr. Nach Ihren Traumspuren zu schließen, stehen Sie keineswegs am Rande einer psychischen Katastrophe. Bringen Sie mir das Tagebuch morgen früh. Ich werde es studieren und mich dann für eine Vorgehensweise entscheiden.«
Er widersprach nicht, wenngleich die Verzögerung ihm nicht behagte.
»Vielleicht haben Sie recht«, sagte er. »Mein Schicksal liegt in Ihren Händen. Ich bezahle Ihnen jeden Preis.«
»Ach ja, mein Honorar. Nun, ich brauche Ihr Geld nicht. Ich bin eine reiche Frau.«
»Ich verstehe. Umso tiefer stehe ich in Ihrer Schuld. Wenn es etwas gibt, das ein Mann in meiner Position für Sie tun kann, lassen Sie es mich wissen.«
»Tatsächlich möchte ich Sie um einen Gefallen bitten«, sagte sie.
Er sah sie an. Seine Augen waren plötzlich sehr grün und so glühend wie seine Traumspuren. Energie überflutete ihre Nerven. Sie hätte schwören mögen, dass es im Raum dunkler geworden war.
»Ach ja, das Übereinkommen, von dem Sie sprachen«, sagte er ganz leise. »Was wollen Sie dafür, dass Sie mich retten, Mrs Pyne?«
Sie stählte ihre Nerven. »Ihre Erfahrung und Ihren
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