Glut der Herzen - Roman
hatten er und Bertram ihre finanziellen Gönner öfter gewechselt als ihre Socken. Es wurde allmählich ungemütlich, doch es gab keine Alternative. Der Dienst an der Wissenschaft erforderte Geld, viel Geld. Und das Geld kam von Männern wie Luttrell.
Alles in allem stellte der Gangsterboss aber eine Verbesserung gegenüber dem letzten Gönner dar, dachte Hulsey. Luttrell war wenigstens ehrlich, was Beruf und gesellschaftlichen Status betraf, während es sich gezeigt hatte, dass die Männer des »Siebenten Kreises«, die sich für Gentlemen hielten, um nichts besser waren als die verächtlichsten Straßenganoven.
Er blickte zur offenen Tür am anderen Ende des Labors.
»Bertram«, rief er, »bring bitte die Geräte heraus. Mr Luttrell will sie abholen.«
Bertram erschien, in jeder Hand trug er einen großen Leinwandsack. »Ich konnte ein halbes Dutzend vorbereiten. Hoffentlich reicht das.«
Bertram ist mein Ebenbild im Alter von dreiundzwanzig Jahren, dachte Hulsey; ein gelehrt aussehender, bebrillter junger Mann mit zurückweichendem Haaransatz. Doch Bertrams Talent war der eigentliche Grund für seinen väterlichen Stolz. Die psychischen Fähigkeiten seines Sohnes stimmten mit den seinen nicht völlig überein, da es nie zwei Talente gab, die identisch waren. Aber Bertram war ebenso stark, wenn nicht stärker als er.
Gemeinsam würden sie große Fortschritte auf dem Gebiet der Traumforschung machen, vorausgesetzt, die finanzielle Seite war gesichert. Nach seinem Tod würde Bertram nicht nur das große Werk fortsetzen, sondern auch Nachkommen in die Welt setzen, die die psychischen Gaben der Hulseys für wissenschaftliche Forschung mitbekommen würden. Ihre Blutlinie würde enormen Einfluss auf künftige Generationen ausüben. Eine geradezu berauschende Vorstellung.
»Sechs Geräte werden für das ausreichen, was mir vorschwebt«, sagte Luttrell. »Liefern sie die erwünschten Ergebnisse, werde ich aber noch einige zusätzlich brauchen.«
»Gewiss, Sir«, sagte Bertram zuvorkommend und hob die Säcke auf den Arbeitstisch.
Luttrells Gesicht erhellte sich mit geradezu beunruhigender Erregung.
Hulsey und Bertram hatten den in den kleinen Apparaten entstehenden Dunst nur für ein zufälliges Nebenprodukt eines Experimentes mit dem Farn gehalten. Als Luttrell jedoch die Wirkung dieses Produkts in einem Käfig voller Ratten gesehen hatte, war ihm sofort klar gewesen, welches Potenzial für die Erzeugung von Waffen sich hier bot.
Er sah begierig zu, als Bertram einen der Metallbehälter aus dem Sack zog.
»Zeigen Sie mir, wie es funktioniert«, befahl er.
Bertram zeigte es ihm. »Drücken Sie einfach auf diese Stelle. Das Ventil öffnet sich, und das Gas tritt sofort aus. Es ist sehr stark und verbreitet sich rasch. Wer dieses Gerät bedient, sollte Nase und Mund mit einem dicken Tuch bedecken und die Dämpfe meiden, bis sie sich verflüchtigen.«
»Ausgezeichnet.« Luttrell griff nach dem Kanister und drehte und wendete ihn. »Ja, das scheint mir ein sehr praktisches Gerät zu sein.«
Luttrell war nun bester Laune, und Hulsey wollte den Augenblick nutzen. Wie immer, wenn er Angst verspürte, nahm er seine Brille ab und putzte die Gläser mit seinem schmutzigen Taschentuch.
»Das neue Mikroskop, Mr Luttrell...«, setzte er zögernd an.
»Ja, schon gut, gehen Sie und besorgen Sie es«, sagte Luttrell mit seinem Vipernlächeln. »Wissenschaftlichem Fortschritt soll man nicht im Wege stehen.«
»Wir benötigen auch neue Chemikalien und Kräuter«, setzte Hulsey hinzu.
»Machen Sie eine Aufstellung und geben Sie diese wie immer Thacker. Er ist da, um alles für Sie zu erledigen.«
Luttrell bedeutete dem Gorilla, die Säcke zu nehmen, und ging dann voraus aus dem Labor.
Hulsey sah den beiden nach. Als sich die Tür hinter ihnen schloss, stieß Bertram einen tiefen, resignierten Seufzer aus.
»Ich kann nicht glauben, dass wir für einen der mächtigsten Gangsterbosse der Stadt arbeiten«, sagte er.
»Wieder müssen wir gefährliches Spielzeug für einen Finanzier herstellen, der das große Werk nicht zu schätzen weiß.« Hulsey setzte seine Brille wieder auf die Nase. »Das ist heutzutage wohl der Preis für wissenschaftlichen Fortschritt.«
»Man kann nur hoffen, dass künftig jenen von uns, die sich ernsthafter paranormaler Forschung widmen, mehr Wertschätzung entgegengebracht wird«, antwortete Bertram.
16. KAPITEL
Fünf Tage später stand Delbert am Küchenfenster, in der Hand hielt er eine
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