Glut der Herzen - Roman
dir Gedanken über die Eindringlinge und die Gasbehälter gemacht?«
»Nein, ich dachte an den Abend, als ich angeschossen wurde.«
Erstaunt öffnete sie die Tür weiter. »Ich höre.«
Er trat in den Raum, als wäre es sein gutes Recht. Wie ein Ehemann, dachte sie, oder ein langjähriger Liebhaber. Schließlich war es ja sein Haus .
»Zunächst schien die Annahme logisch, dass Luttrell
oder einer der anderen Bordellbesitzer jemanden ins Theater schickten, der dich töten sollte«, sagte er. »Doch angesichts dessen, was sich hier vor einigen Stunden ereignete, neige ich eher zu der Ansicht, dass diese Annahme falsch war.«
»Wie meinst du das?«
»Was ist, wenn der Revolverheld dich im Theater nicht töten, sondern entführen wollte?«
»Warum hat er dann versucht, mich zu erschießen?«
»Vielleicht warst ja nicht du das Ziel«, gab Griffin zu bedenken. »Vielleicht wollte er nur verhindern, dass ich dich zuerst zu fassen kriege.«
Ein sonderbarer Schock der Erkenntnis durchschoss sie. Sie entfernte sich von der Tür und sank langsam auf den Stuhl vor dem Frisiertisch nieder.
»Jetzt verstehe ich«, flüsterte sie.
Griffin durchmaß den kleinen Raum. »Die Episode im Theater hat nichts mit den Bordellüberfällen zu tun. Es ging um die verdammte Lampe.«
»Aber wer kann wissen, dass ich sie besitze oder dass ich sie aktivieren kann?« Sie hob die offenen Hände. »Wer außer dir könnte sich für das verdammte Ding interessieren?«
»Die Person, von der wir mit Sicherheit wissen, dass sie schon einmal lebhaftes Interesse an dir und der Lampe zeigte.«
»Der Mann, der mich kaufte, als ich fünfzehn war«, flüsterte sie. »Mr Smith.«
»Ja.«
»Ich kenne seine wahre Identität nicht. Sein Gesicht konnte ich nicht sehen, da er damals eine Maske trug.«
»Aber du würdest seine Traumspuren wiedererkennen, wenn du sie sähest, habe ich recht?«
Sie schauderte. »Ja. Aber wie können wir ihn finden?«
»Ich glaube zu wissen, wo wir mit unserer Suche beginnen.« Im Begriff sich umzudrehen, hielt er inne. »Ach, du tätest gut daran, eine Tasche zu packen.«
»Warum sollte ich das, um Himmels willen?«
»Weil wir beide eine Weile verschwinden werden.«
25. KAPITEL
»Sie fahren nicht in die Flitterwochen, Mrs Trevelyan«, brummte Delbert. »Sie verstecken sich.«
»Das ist mir klar«, sagte Susan Trevelyan, die ein stattliches Stück Käse in braunes Papier wickelte. »Deshalb sollen sie nicht hungern.«
»Das werden sie sicher nicht.« Delbert beäugte den frischen Brotlaib, das Glas mit sauer eingelegtem Gemüse und die Äpfel, die sie schon in der Tasche verstaut hatte. »Nicht mit diesem Riesenproviant.«
»Schließlich weiß man ja nicht, wie lange sie fort sein werden.«
»Nur abends«, sagte Delbert. »Richtig verschwinden kann der Boss nicht. Er muss sich um die Angelegenheiten des Konsortiums kümmern. Immerhin hat er einen Ruf zu verteidigen. Er möchte nur sichergehen, dass niemand weiß, wo Mrs Pyne sich nachts aufhält.«
»Ich verstehe.« Sie steckte das Stück Käse in die Tasche. »Ziemlich romantisch, wie Sie zugeben müssen.«
Delbert runzelte die Stirn. »Wie kommen Sie darauf?«
»Sich einfach zusammen davonzumachen, die Nacht an einem geheimen Ort zu verbringen, ganz allein. Das ist wie in einer Liebesgeschichte in einem Roman, finden Sie nicht?«
»Hab’ nie einen Roman gelesen.«
»Dann wissen Sie nicht, was Ihnen entgangen ist.«
»Nein, weiß ich nicht.« Delbert behielt sie genau im Auge. »Und was ist mit Ihnen, Mrs Trevelyan? Würden Sie gern mit einem Liebhaber durchbrennen?«
»Um Himmels willen, nein.« Sie schloss die Segeltuchtasche. »Ich bin jetzt neununddreißig und seit meinem zehnten Lebensjahr im Dienst. Sie können sicher sein, dass ich schon seit Jahren mit Romantik nichts mehr am Hut habe.«
»Was wurde aus Mr Trevelyan?«
»Der existierte niemals. Ich gab mich als verheiratete Frau aus, als ich mich um meine erste Stelle als Haushälterin bewarb. Ich dachte, es würde mich älter und erfahrener machen. Jetzt bin ich natürlich alt und erfahren und könnte wahrscheinlich auf das ›Mrs‹ verzichten, aber ich habe mich daran gewöhnt.«
Delbert nickte. »Verstehe. Merkwürdig, wie die Zeit vergeht, finden Sie nicht? Eben noch war man jung und hatte tolle Zukunftspläne, dann ist die Zukunft da und sieht so ganz anders aus, als man sie sich vorstellte.«
»Und was ist mit Ihnen, Mr Voyle? Gab es einmal eine Mrs Voyle?«
»Ja. Das ist lange
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