Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Glut der Verheißung - Kleypas, L: Glut der Verheißung - Seduce me at sunrise

Glut der Verheißung - Kleypas, L: Glut der Verheißung - Seduce me at sunrise

Titel: Glut der Verheißung - Kleypas, L: Glut der Verheißung - Seduce me at sunrise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Kleypas
Vom Netzwerk:
oder »Aufpassen!«, als zöge ein einziger falscher Tritt auf dem holprigen Pflaster unweigerlich ihren Tod nach sich.
    »Kev«, empörte sie sich schließlich, »ich bin nicht zerbrechlich.«
    »Das weiß ich.«
    »Dann behandle mich nicht, als könnte ich bei jedem Schritt zusammenbrechen.«
    Merripen murrte leise vor sich hin und nuschelte, die Straße sei nicht gut genug für sie. Viel zu uneben. Zu schmutzig.
    Win kam nicht umhin, über seine Bedenken zu schmunzeln. »Um Himmels willen! Selbst wenn die Straße mit Gold gepflastert wäre und Engel sie fegten, würdest du immer noch behaupten, sie sei zu uneben und schmutzig für mich. Du solltest schleunigst die Angewohnheit ablegen, mich ständig beschützen zu wollen.«
    »Nie im Leben.«
    Win schwieg und hielt seinen Arm fester. Die Leidenschaft, die tief unter diesen schroffen Worten
vergraben lag, erfüllte sie mit einer geradezu unanständigen Freude. So einfach war es für ihn, bis in die tiefsten Regionen ihres Herzens vorzudringen.
    »Es wäre mir lieber, du stelltest mich nicht auf ein Podest«, sagte sie schließlich.
    »Du stehst auf keinem Podest. Du bist …« Aber er verstummte und schüttelte rasch den Kopf, als sei er überrascht, was er beinahe preisgegeben hätte. Was auch immer an diesem Tag geschehen war, hatte seine Selbstbeherrschung kräftig durcheinandergebracht.
    Win fragte sich, was Shuri ihm womöglich offenbart haben könnte. Etwas über die Verbindung zwischen Cam Rohan und Merripen …
    »Kev.« Win zügelte ihr Tempo und zwang ihn, ebenfalls langsamer zu gehen. »Noch vor meiner Abreise nach Frankreich hat mich das Gefühl beschlichen, dass diese Tätowierungen eine enge Verbindung zwischen dir und Mr Rohan darstellen. Während meiner Krankheit hatte ich kaum etwas zu tun, außer die Menschen in meiner Umgebung zu beobachten. Ich habe Dinge bemerkt, für die sich sonst niemand die Zeit nahm. Und ich war dir schon immer besonders zugeneigt.« Mit einem raschen Seitenblick überprüfte sie seine Reaktion und sah, dass ihm ihre Worte nicht gefielen. Er wollte nicht verstanden oder beobachtet werden. Er wollte seine gepanzerte Einsamkeit um keinen Preis aufgeben.
    »Und als ich Mr Rohan getroffen habe«, fuhr Win in beiläufigem Ton fort, als führten sie eine belanglose Unterhaltung, »fielen mir viele Ähnlichkeiten zwischen euch beiden auf. Seine Kopfhaltung, dieses süffisante Lächeln … die Art, wie er mit den Händen
gestikuliert … hatte ich schon einmal an dir gesehen. Und ich habe mir im Stillen gedacht: Ich wäre nicht überrascht, eines Tages zu erfahren, dass die beiden … Brüder … sind .«
    Merripen zuckte augenblicklich zusammen. Er drehte sich zu ihr und blieb breitbeinig stehen, während die anderen Fußgänger um sie herumgehen mussten und sich leise beschwerten, wie unhöflich es sei, einen öffentlichen Fußweg zu versperren. Win sah in seine rabenschwarzen Augen empor und hob, einem Unschuldslamm gleich, die Schultern. Und wartete auf seine Antwort.
    »Das halte ich für unwahrscheinlich«, erwiderte er barsch.
    »Unwahrscheinliche Dinge geschehen jeden Tag«, sagte Win. »Insbesondere in unserer Familie.« Sie starrte ihn weiterhin an, versuchte, in seiner Miene zu lesen. »Es stimmt, nicht wahr?«, fragte sie verwundert. »Er ist dein Bruder?«
    Kev zögerte. Sein Flüstern war so leise, dass sie ihn kaum verstand. »Mein jüngerer Bruder.«
    »Ich freue mich für dich. Für euch beide.« Sie lächelte ihn zögerlich an, bis sich sein Mundwinkel ironisch nach oben bog.
    »Ich nicht.«
    »Eines Tages wirst du es.«
    Nach einem kurzen Moment nahm er wieder ihren Arm, und sie setzten ihren Spaziergang fort.
    »Wenn du und Mr Rohan Brüder seid«, sagte Win, »dann bist du ein halber Gadjo . So wie er. Tut dir das leid?«
    »Nein, ich …« Er schluckte und dachte über die Worte nach. »Ich war nicht so überrascht, wie ich
es eigentlich hätte sein müssen. Ich habe mich immer gleichzeitig wie ein Rom und … etwas anderes gefühlt.«
    Und Win wusste, was er nicht aussprechen wollte. Im Gegensatz zu Rohan war er nicht erpicht darauf, die andere Seite seiner Identität kennenzulernen. »Wirst du mit der Familie darüber sprechen?«, fragte sie bedächtig. Da sie Merripen gut kannte, wusste sie, dass er die Information erst preisgäbe, wenn er ihre Tragweite und Bedeutung aus jedem nur erdenklichen Winkel betrachtet hatte.
    Er schüttelte den Kopf. »Es gibt Fragen, auf die ich erst noch Antworten finden muss.

Weitere Kostenlose Bücher