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Glut der Verheißung - Kleypas, L: Glut der Verheißung - Seduce me at sunrise

Glut der Verheißung - Kleypas, L: Glut der Verheißung - Seduce me at sunrise

Titel: Glut der Verheißung - Kleypas, L: Glut der Verheißung - Seduce me at sunrise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Kleypas
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Merripen wirkte empört. »Du brauchst mehr Schutz.«
    »Wir machen nur einen kleinen Spaziergang bis zum Marble Arch«, sagte sie belustigt.
    »Bist du vollkommen übergeschnappt? Hast du auch nur die geringste Ahnung, was dir alles im Hyde Park zustoßen könnte? Es wimmelt dort von Taschendieben, Betrügern und Räuberbanden, die nur auf ein hübsches kleines Täubchen wie dich warten.«
    Anstatt Anstoß an Merripens Worten zu nehmen, sagte Charles hastig: »Vielleicht hat Mr Merripen recht, Miss Hathaway. Es ist wahrlich weit … und man weiß nie …«
    »Willst du damit etwa andeuten, dass du anstelle von Charles mit mir spazieren gehen willst?«, fragte sie Merripen.
    Wie erwartet, setzte er eine mürrische Miene auf. »Ich habe wohl keine andere Wahl, wenn die Alternative bedeutet, dass du ungeschützt durch die Londoner Straßen streifst und jeden Verbrecher im Umkreis vieler Meilen anlockst.« Er sah Charles stirnrunzelnd an. »Ihr braucht uns nicht zu begleiten. Es wäre mir lieber, wenn ich nicht auch noch auf Euch aufpassen muss.«
    »Ja, Sir«, kam die dankbare Antwort des Lakaien,
und er ging die Treppe mit viel mehr Enthusiasmus hinauf, als er sie heruntergestiegen war.
    Win hakte sich bei Merripen ein und spürte die verbissene Anspannung seiner Muskeln. Irgendetwas hatte ihn schrecklich aufgewühlt, davon war sie überzeugt. Irgendetwas Bedeutsameres als ihre Turnkleidung oder die Aussicht, mit ihr zum Hyde Park zu spazieren.
    Sie verließen das Hotel, und Merripens lange Beine hielten mühelos Schritt mit ihrem raschen Tempo. Win schlug einen zwanglosen, fröhlichen Ton an. »Wie kühl und erfrischend die Luft heute ist.«
    »Sie ist mit verbrannter Kohle verschmutzt«, sagte er und führte sie entschlossen um eine Pfütze, als stellten nasse Füße eine tödliche Bedrohung für sie dar.
    »Eigentlich kann ich nur einen starken Geruch nach Rauch an deinem Überzieher ausmachen. Es ist allerdings kein Tabakrauch. Wo wart du und Mr Rohan heute Morgen?«
    »In einem Zigeunerlager.«
    »Aus welchem Grund?«, hakte Win nach. Bei Merripen durfte man sich nicht durch seine Schroffheit abschrecken lassen, denn andernfalls bekäme man nie etwas aus ihm heraus.
    »Rohan glaubte, dort jemanden aus meiner Sippe zu finden.«
    »Und?«, fragte sie leise, da sie wusste, wie sehr ihn dieses Thema bedrückte.
    Seine Muskeln unter ihrer Hand verkrampften sich. »Nein.«
    »Doch, das habt ihr. Deine Grübelei hat dich verraten.«

    Merripen blickte auf sie herab und bemerkte, wie eindringlich sie ihn musterte. Er seufzte. »In meiner Sippe gab es ein Mädchen namens Shuri …«
    Brennende Eifersucht stieg in Win hoch. Ein Mädchen, das er gekannt und bisher mit keiner einzigen Silbe erwähnt hatte. »Sie ist kaum wiederzuerkennen. Früher war sie wunderschön, aber sie ist vorzeitig gealtert.«
    »Oh, das ist schlimm«, sagte Win und versuchte, aufrichtig zu klingen.
    »Ihr Gatte, der Rom Baro , war mein Onkel. Er war … kein guter Mann.«
    Das war nicht überraschend, wenn man den Zustand bedachte, in dem sie Merripen damals vorgefunden hatten. Verwundet, ausgesetzt und so zornig, als sei er ein wildes Tier.
    Win war voller Mitleid. Sie wünschte, sie befänden sich an einem privateren Ort, an dem sie Merripen überreden könnte, ihr alles zu erzählen. Sie wünschte, sie könnte ihn umarmen, nicht wie einen Geliebten, sondern wie einen guten Freund. Zweifelsohne fänden es viele Menschen drollig, dass sie sich um einen solch unverwüstlich aussehenden Mann sorgte. Aber unter dieser harten und undurchdringlichen Schale besaß Merripen ein ungewöhnlich weiches Herz. Das wusste sie. Und sie wusste ebenfalls, dass er diesen Umstand bis zu seinem Sterbebett abstreiten würde.
    »Hat Mr Rohan Shuri von der Tätowierung erzählt?«, fragte Win. »Dass sie identisch mit deiner ist?«
    »Ja.«
    »Und was hat Shuri gesagt?«

    »Nichts.« Seine Antwort kam eine Spur zu hastig.
    Zwei Straßenverkäufer, der eine mit einer Unmenge an Brunnenkresse, der andere mit unzähligen Regenschirmen, steuerten hoffnungsvoll auf sie zu. Doch ein finsteres Funkeln von Merripen genügte: Sie huschten aus dem Weg, dem gefährlichen Strom an Kutschen, Karren und Pferden trotzend, und flohen auf die andere Straßenseite.
    Win schwieg für ein oder zwei Minuten und hielt einfach Merripens Arm, während er sie mit unerbittlicher Entschlossenheit über das Pflaster führte und ständig murmelte: »Nicht dorthin treten!« oder »Hier entlang!«

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