Glut der Versuchung
alter Stiefonkel, woraufhin der neue Earl of Danvers, Marcus Pierce, zu ihrem Vormund wurde. Nicht willens, mit drei ledigen Damen belastet zu sein, hatte er seine Absicht erklärt, für sie alle passende Ehemänner zu finden. Mit diesem Ansinnen verärgerte er vor allem die älteste Schwester, Arabella, in solchem Maße, dass sie sich auf einen erbitterten Kampf mit ihm um ihre Unabhängigkeit einließ, der gänzlich unerwartet mit ihrer gemeinsamen Verlobung endete.
Roslyn freute sich sehr für Arabella und war auch um ihretwillen dankbar, denn Marcus hatte seinen beiden Jüngeren Mündeln großzügig gesetzliche und finanzielle Unabhängigkeit geschenkt, auf dass sie ihre Zukunft selbst bestimmen könnten.
Was für eine Zukunft sie wollte, wusste Roslyn ganz genau, wenngleich sie sich nicht sicher war, wie sie ihre Vorstellungen verwirklichen könnte. Deshalb hatte sie sich an Fanny Irwin gewandt, die sie bereits seit ihrer Kindheit kannte und von der Roslyn einiges zu lernen gedachte. Fanny war einst eine junge Adlige von untadeligem Ruf gewesen, hatte dann aber mit sechzehn ihr Zuhause verlassen, um zu einem der begehrtesten Freudenmädchen Londons zu avancieren.
Als Roslyn das Thema letzte Woche erstmals aufbrachte' war Fanny allerdings konsterniert gewesen. »Du hast hoffentlich nicht vor, das Leben einer Kurtisane aufzunehmen, Roslyn! «
»Nein, ganz und gar nicht. «
»Gut, denn ich habe nicht die Absicht, dich zu verderben.«
Roslyn hatte gelächelt. »Ich möchte auch nicht verdorben werden, Fanny. Ich möchte lediglich in ein paar deiner Geheimnisse eingeweiht werden ... insbesondere in die Kunst, einen Gentleman in mich verliebt zu machen.«
»Wozu in aller Welt? «
»Weil ich hoffe, in absehbarer Zeit eine respektable Vermählung einzugehen, aber ich wünsche mir, dass mein Gatte mich liebt. Wie es scheint, verlieben sich Gentlemen gemeinhin in ihre Mätressen, weit seltener indes in ihre Ehefrauen, weshalb ich zu dem Schluss kam, dass es hilfreich wäre zu erfahren, wie eine begabte Mätresse es anstellt, einen Mann für sich einzunehmen,«
Fanny hatte sie eine Weile lang mit großen Augen an gesehen, bevor sie anfing, herzlich zu lachen. »Ich hatte fast vergessen, wie wissenschaftlich du an alles herangehst, meine Liebe.«
»So bin ich nun einmal«, hatte Roslyn ihr beigepflichtet. »Aber leider verfüge ich über keinerlei Kenntnisse was die Fertigkeiten betrifft, die es braucht, das Herz eines Mannes zu gewinnen. Und du bist die erfolgreichste Kurtisane, die ich kenne.«
»Ich bin die einzige Kurtisane, die du kennst«, hatte Fanny erwidert.
»Richtig, dennoch könnte ich gewiss eine andere finden, die mich anleitet.«
Fanny hatte eine Grimasse gezogen. »Arabella würde den Kopf abreißen, ließe ich das zu. Hast du schon einen bestimmten Ehemann im Kopf? «
»Ja, habe ich. Den Earl of Haviland. Kennst du ihn? «
»Ich habe seine Bekanntschaft gemacht. Haviland kam erst kürzlich zu seinem Titel und dem beträchtlichen Vermögen, nicht wahr? «
»Ja, und sein Anwesen auf dem Land grenzt an Danvers Hall. «
»Ist er denn auf der Suche nach einer Braut?«, hatte Fanny gefragt.
»Es geht zumindest das Gerücht um, er wäre es.«
»Und du möchtest als Kandidatin in Betracht gezogen werden?«
Prompt war Roslyn errötet. »Nach allem, was ich in den letzten Monaten gesehen habe, glaube ich, dass Haviland ein guter Ehemann für mich sein könnte. Wir haben uns ein wenig angefreundet, und ich denke, er fühlt eine gewisse ... Sympathie für mich, von der ich hoffe, dass sie zu etwas weit Stärkerem wachsen kann. Ich traue mir aber nicht zu, sein Herz zu erobern. «
Fanny war nachdenklich geworden. »Ist es nicht recht anspruchsvoll, auf eine Liebesheirat mit Haviland zu hoffen? Du weißt, dass es Alternativen gibt, nicht wahr? Trotz deiner Familiengeschichte bist du die Tochter eines Baronets und außerdem eine der größten Schönheiten des Landes. Noch dazu bist du mit zweiundzwanzig noch keine alte Jungfer, und da Lord Danvers dich und Lily mit solch großzügigen Summen ausgestattet hat, kannst du frei unter einer Vielzahl von Bewerbern wählen und eine sehr zufriedenstellende Vernunftehe eingehen. «
»Nein! «, hatte Roslyn vehement widersprochen. »Das Letzte, was ich will, ist eine arrangierte Hochzeit. Du weißt doch, wie die Vernunftehe zwischen meinen Eltern aussah. « Es war furchtbar gewesen, wie sehr ihre Eltern es genossen, sich gegenseitig zu verletzen. »Ich
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