Glut der Versuchung
und verharrte. Unwillkürlich machte sie einen Schritt zurück. Sie war inkognito hier, ihre obere Gesichtshälfte von einer Maske bedeckt und ihr hellblondes Haar unter einer gepuderten Perücke sowie einer breitkrempigen Haube verborgen.
Aber vielleicht war es ihre Einzigartigkeit, die seine Aufmerksamkeit fesselte. Obwohl das Schäferinnenkleid, das sie sich von Fanny geliehen hatte, ein für Roslyns Begriffe sehr tiefes Dekolleté hatte, war ihr Kostüm doch eher keusch verglichen mit denen anderer Damen. Die meisten waren auffallend spärlich gewandet, verkleidet als griechische Göttinnen, römische Sklavinnen oder türkische Haremsschönheiten. Fanny war als Kleopatra gekommen, was sehr gut zu ihren exotischen Zügen und ihrem rabenschwarzen Haar passte.
Als Roslyn bemerkte, dass Arden sie immer noch ansah, setzte ihr Herz kurzzeitig aus. Trotz der räumlichen Distanz fühlte sie die Wirkung seines durchdringenden Blicks.
»Er sieht mich direkt an«, murmelte sie.
»Das überrascht mich nicht«, entgegnete Fanny amüsiert. »Bei einem solchen Fest sind Eleganz und Unschuld, wie du sie in dir vereinst, ein rarer Anblick. Du bist eine seltene englische Rose inmitten der hier käuflichen exotischeren Blüten.«
Roslyn warf ihrer Freundin einen empörten Blick zu. »Du weißt sehr wohl, dass ich nicht käuflich bin. «
»Aber er weiß es nicht. Arden nimmt selbstverständlich an, dass du hier bist, um deine Reize zu zeigen und deine Dienste zu verkaufen.«
»Nun, das bin ich nicht. Ich kam lediglich hierher, um mir anzusehen, wie deine Kolleginnen sich ihren Kunden gegenüber verhalten. «
»Du solltest dich geschmeichelt fühlen, das Interesse seiner Durchlaucht zu wecken«, bemerkte ihre Freundin scherzhaft.
»Gütiger Himmel, ich fühle mich nicht geschmeichelt, Fanny! Vielmehr bin ich schockiert. Arden darf unter keinen Umständen herausfinden, wer ich bin. In zwei Wochen begegnen wir uns in der Kirche wieder, und ich möchte nicht, dass er meinem neuen Vormund peinliche Geschichten über mich zuträgt. Am besten suche ich mir eine große Pflanze, hinter der ich mich verstecken kann. Oh nein, er kommt auf uns zu! «
Roslyn trat noch einen Schritt zurück und schlich hinter eine Marmorsäule. Ihr entging das Lachen in den Augen ihrer Freundin nicht.
»Du kannst aufhören, dich darüber zu amüsieren, Verräterin«, murmelte Roslyn. »Es ist nicht deine Reputation, die hier in Gefahr ist. «
»Nein, wohl kaum, denn meine habe ich bereits vor Jahren drangegeben. « Auf einmal wurde Fanny etwas ernster. »Und es ist umso besser, dass du kein Interesse an Arden hast, Roslyn. Er mag ein umwerfender Liebhaber sein, aber angeblich hat er kein Herz. Und du wünschst dir einen Mann, der imstande ist, sich zu verlieben. «
»Ja, ganz genau. «
Sie beabsichtigte, eines Tages aus Liebe zu heiraten, und zynische, verwegene Dukes waren nicht unbedingt berühmt dafür, dass sie Verbindungen aus anderen Gründen als Pflichterfüllung und Bequemlichkeit eingingen.
Roslyn neigte den Kopf leicht, um hinter der Säule hervorzulinsen. »Er kommt näher! « Beunruhigt sah sie sich zu den Türen weiter hinten um. »Hier kann ich nicht bleiben. Ich muss mich irgendwo verstecken, bis er wieder gegangen ist.«
»Weiter hinten gibt es eine Galerie mit zahlreichen Nischen, in denen die Paare etwas intimer sein können. Gewiss sind sie noch nicht alle besetzt, denn die Nacht ist ja noch jung. Was hältst du davon, wenn du dich in eine von ihnen zurückziehst? Arden bleibt nie lange auf diesen Anlässen. Ich hole dich, sobald er fort ist.«
»Eine hervorragende Idee! «, sagte Roslyn und drehte sich rasch um.
»Lauf nicht zu schnell«, riet Fanny ihr. »Das weckt höchstens seinen männlichen Jagdinstinkt.«
Roslyn zwang sich, stehen zu bleiben, und blickte über die Schulter zurück. »Ich habe nicht vor, irgendeines Mannes Beute zu werden. Und falls er dich anspricht, Fanny, erwähne mich bitte mit keinem Wort. «
Ihre Freundin tat über-trieben verletzt. »Wie kannst du so etwas denken? Ich bin die Dis kretion in Person. Und jetzt geh! Er wird dich vergessen, wenn er dich nicht finden kann. Sollte er dennoch beharrlich bleiben, versuche ich, ihn in die Irre zu führen.«
»Ich wünschte, du würdest ihn zum Teufel jagen«, flüsterte Roslyn und ging. Sie ärgerte sich, dass Arden durch sein unerwartetes Erscheinen ihre Pläne für den heutigen Abend ruinierte. Sie war hier, um zu ergründen, wie eine Dame die
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