Glut in samtbraunen Augen
Worte mit dem Kellner gewechselt hatte, wurden sie durch den überfüllten Gastraum des Lokals hinaus auf die große Terrasse geführt, auf der sich nur ein einziger Tisch befand. In einer schlanken milchigweißen Vase stand eine einzelne cremefarbene Rose, die Vanessa an das Geschenk denken ließ, das Cesare ihr gemacht hatte und das sie in ihrer Handtasche bei sich trug.
„Werden wir etwa allein hier draußen essen?“, fragte sie verwundert, denn sie konnte sich vorstellen, dass auch die meisten anderen Gäste des Restaurants bei diesem herrlichen Wetter lieber draußen an der frischen Luft gespeist hätten.
Cesare lächelte. „Ich habe bereits heute früh telefonisch durch mein Büro die gesamte Terrasse für uns reservieren lassen“, sagte er. „Geschäftliche Dinge bespreche ich lieber unter vier … scusa , ich meine natürlich unter sechs Augen. Signor Umberto müsste eigentlich jeden Moment eintreffen. Ich …“
Er verstummte, als der Kellner mit einem Telefon hinaus auf die Terrasse trat. „Hier ist ein dringender Anruf für Sie, Signore .“
Cesare nahm den Hörer entgegen und meldete sich. Das Gespräch dauerte nicht allzu lange, doch Vanessa konnte seiner angespannten Miene entnehmen, dass es keine erfreulichen Neuigkeiten gab.
„Schlechte Nachrichten?“, fragte sie, nachdem er aufgelegt und dem Kellner das Telefon zurückgegeben hatte.
„Signor Umberto lässt sich entschuldigen“, entgegnete er betont gleichmütig, doch man merkte ihm deutlich an, dass es unter der Oberfläche brodelte. „Aufgrund eines dringenden familiären Notfalles kann er unsere Verabredung nicht einhalten.“
Unwillkürlich fragte Vanessa sich, warum das Treffen mit dem alten Freund seines Vaters so wichtig für Cesare sein mochte, verzichtete aber lieber darauf, ihn darauf anzusprechen. Vermutlich hätte er ihr ohnehin nicht geantwortet.
„Leider wirst du beim Dinner wohl allein mit meiner Gesellschaft vorlieb nehmen müssen“, sprach er weiter. „Du hast doch hoffentlich nichts dagegen?“
Es handelte sich lediglich um eine rhetorische Frage, daher ersparte Vanessa sich die Antwort. Sie hatte den ganzen Tag in Cesares Nähe verbracht und die meiste Zeit davon wirklich genossen. Trotzdem fürchtete sie sich ein bisschen davor, die nächsten Stunden hier allein mit ihm zu sein, was vor allem an der romantischen Atmosphäre lag, die dieser Ort ausstrahlte.
Die Terrasse bot eine ganz einzigartige Aussicht auf die faszinierende Landschaft, die sich unterhalb der Ortschaft erstreckte.
Cesare trat hinter sie. „Beeindruckend, nicht wahr? Es sieht fast aus wie von einer anderen Welt. Siehst du diese tiefen Abbrüche und Grate? Sie sind durch Regenwasser entstanden, das nicht versickern kann und den Boden auseinanderreißt.“ Er verhielt sich jetzt fast wie immer. Entweder, er hatte seinen Ärger über das in letzter Minute abgesagte Treffen bereits überwunden, oder es gelang ihm einfach nur meisterlich, seine wahren Gefühle zu verbergen.
Sie drehte sich zu ihm um, ihr Herz fing an heftiger zu klopfen, als sie merkte, wie nah er ihr war. Der markante Duft seines Rasierwassers stieg ihr in die Nase und ließ sie wohlig erschauern. Sie wollte etwas sagen, brachte jedoch keinen Laut über die Lippen.
Als er sie unvermittelt aufforderte, sich zu setzen, war sie ihm dankbar, dass er diese für sie mehr als irritierende Situation beendete.
Sie nahmen Platz, und sofort eilte der Kellner herbei, um die Kerze, die auf dem Tisch stand, zu entzünden und die Menükarten zu bringen. Überrascht, zugleich ein wenig amüsiert und verärgert stellte Vanessa fest, dass Cesare den genauen Speiseablauf bereits festgelegt hatte. Einmal mehr zeigte sich, dass er ein Mann war, der genau wusste, was er wollte. Dennoch regte sie sich ein bisschen darüber auf, dass er sie einfach so überging, ohne sie auch nur nach ihren Vorstellungen zu fragen.
Umso mehr verblüffte es sie, als er plötzlich sagte: „Ich hoffe, du bist mit dem Menü, das ich zusammengestellt habe, einverstanden. Wenn dir etwas nicht zusagt, kannst du es gern nach deinen Wünschen abändern.“
Ein versonnenes Lächeln umspielte ihre Mundwinkel. Irgendwie gelang es Cesare doch immer wieder, sie in Erstaunen zu versetzen. Jedes Mal, wenn sie dachte, sie habe ihn durchschaut, gab er eine andere, vollkommen neue Seite von sich preis.
Da sie über dieses Thema lieber nicht weiter nachdenken wollte, widmete sie sich der Menükarte. „Acquacotta?“ , fragte
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