Glut in samtbraunen Augen
stand am Fenster und drehte sich nicht einmal um. „Habe ich mich nicht deutlich ausgedrückt? Ich will allein sein!“
Vanessa erstarrte. Auch wenn die Worte nicht ihr galten, so erschrak sie doch über Cesares momentanen Gemütszustand. Irgendetwas musste vorgefallen sein. Aber was?
Sie räusperte sich. „Es tut mir leid, ich …“
Cesare wirbelte herum.
„Was willst du?“ Seine Stimme klirrte wie Eis, und sein Blick war so durchdringend und voller Hass, dass Vanessa erbleichte.
So hatte sie Cesare noch nie erlebt.
„Ich …“ Sie straffte die Schultern und nahm all ihren Mut zusammen. „Ich muss dir etwas sagen, Cesare. Aber wenn es gerade ungünstig ist …“
„Das ist es“, unterbrach er sie harsch. „Jetzt und in Zukunft.“
Sie kniff die Augen zusammen. „Was willst du damit sagen? Was …?“
„Was ich damit sagen will?“ Er erwiderte ihren Blick, dann ging er wortlos zu seinem Schreibtisch und nahm eine blaue Mappe auf. „Ich muss sagen, du bist deinem Onkel wirklich sehr ähnlich“, sagte er, schlug die Mappe auf und legte sie so zurück auf den Tisch, dass Vanessa sie einsehen konnte, wenn sie näher trat. „Einen feinen Plan habt ihr euch da zurechtgelegt, das muss ich schon sagen. Und in ein paar Monaten wärst du dann ganz überrascht gewesen, dass sich bei uns noch immer kein Nachwuchs ankündigt, habe ich recht? Und nach einem Besuch beim Arzt hättest du mir wahrscheinlich die verzweifelte Ehefrau vorgespielt, die gerade erst erfahren hat, dass sie keine Kinder bekommen kann. Wirklich rührend.“
Vanessa war, als hätte man ihr den Boden unter den Füßen weggerissen. Fassungslos starrte sie Cesare an, nicht fähig, auch nur ein Wort über die Lippen zu bringen. Wie mechanisch setzte sie einen Fuß vor den anderen und ging zum Schreibtisch hinüber.
Das muss ein Traum sein, sagte sie sich dabei immer wieder. Das muss ein böser Traum sein!
Doch ein Blick in die aufgeschlagene Mappe genügte, um diese Illusion zu zerstören.
„Nein!“, stieß sie entsetzt aus, während ihr das Blut aus dem Gesicht wich. „Das kann nicht sein!“
Vor ihr lag eine Kopie ihrer Krankenakte. Mit neongelbem Textmarker war eine bestimmte Passage farblich hervorgehoben, und Vanessa hatte das Gefühl, dass die Worte ihr förmlich entgegensprangen.
Schwere Verletzungen … Quetschungen des Unterleibs … kann mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit niemals Kinder bekommen … unfruchtbar …
Tränen schossen ihr in die Augen, ihre Kehle war wie zugeschnürt. „Wo hast du das her?“ Ihre Stimme war kaum mehr als ein Flüstern.
Wütend hieb Cesare die Faust auf den Tisch. „Es spielt keine Rolle, woher ich diese Unterlagen habe. Wichtig ist nur, dass ich sie habe!“
„Bitte, Cesare, so lass mich doch erklären! Ich …“
„No!“ , fiel er ihr ins Wort. „Deine Ausflüchte interessieren mich ebenso wenig wie du selbst mich noch interessierst! Richte deinem Onkel aus, dass ich nicht vorhabe, diese Unterlagen“, er deutete auf die Mappe, „als Beweise gegen ihn und sein skrupelloses Vorhaben einzusetzen. Zwar wäre es mir ein Leichtes, ihn mit meinem neu gewonnen Wissen zur Strecke zu bringen, aber ich will nicht mehr. Wenn er die Firma meines Vaters zurückhaben will, dann soll er sie bekommen. Er hat sie ohnehin bereits ruiniert, und an irgendwelchen Experimenten mit neuen Produktserien bin ich auch nicht länger interessiert.“
Vanessa schluckte. „Aber … was wird denn aus uns? Ich meine …“
„Uns?“ Er kniff die Augen zusammen. „Es gibt kein ‚uns‘ mehr, Vanessa. Falls du es noch nicht begriffen hast: Ich werde Adriano anweisen, die Scheidung einzureichen. Ich will dich nie wieder sehen!“
„Aber so höre mich doch wenigstens an!“ Vanessa trat um den Schreibtisch herum, wollte Cesare berühren, doch er wich zurück. Tränen strömten über ihre Wangen. Jetzt, in diesem Moment, war es ihr zum ersten Mal vollkommen gleichgültig, ob er sie weinen sah oder nicht. Sie wollte nur noch eines: ihm alles erklären. „Interessiert dich denn gar nicht, warum ich das alles getan habe? Warum ich …“
„Nein, es interessiert mich nicht! Begreif es endlich, Vanessa: Nichts, was mit dir zu tun hat, interessiert mich mehr. Es war ein Fehler, mich auf das Angebot deines Onkels einzulassen, es war ein Fehler, dich zu heiraten. Der größte Fehler aber war, mit dir zu schlafen.“ Er atmete tief durch. „Und jetzt geh endlich hinauf und pack deine Sachen. Ich
Weitere Kostenlose Bücher