Glut und Asche
auf seine Frage war. A n drej verstand trotzdem.
»Ihr seid mitten durch die Flammen gelaufen«, vermutete er.
»Wir«, verbesserte ihn Abu Dun. »Und sie hat ihn mit ihrem eigenen Körper beschützt.«
Einem Körper, dem ein paar Flammen nicht viel anhaben können, dachte Andrej bitter Aber Marcus war aus verwundb a rem Fleisch und Blut, und es war schon fast ein Wunder, dass er überhaupt noch lebte.
»Warum sorgst du dich eigentlich um diesen Mann?«, fragte Abu Dun, indem er sich vom Fenster abwandte und neben ihn trat. Er schüttelte den Kopf. »Ich war nicht dabei, aber was ich in dieser verdammten Zelle gesehen habe, das hat mir gereicht. Warum hast du ihm nicht sofort die Kehle durchgeschnitten, als du die Gelegenheit dazu hattest?«
»Weil er nun einmal so ist, wie er ist«, sagte Meruhe von der Tür her. »Muss ich das ausgerechnet dir erklären, Pirat?«
Abu Dun riss erstaunt die Augen auf und konnte einen übe r raschten Blick zum Fenster hin nicht mehr ganz zurückhalten. Seit er seinen Beobachtungsposten dort aufgegeben hatte, w a ren kaum wenige Atemzüge verstrichen.
»Ich habe für ihn getan was ich konnte, Andrej«, sagte Meruhe, während sie mit raschen Schritten und besorgtem G e sicht näher kam. »Es gab nur noch diesen einen Weg hinaus. Ihn oben auf dem Dach zurückzulassen, wäre sein sicherer Tod gewesen.«
»Aber jetzt stirbt er auch«, sagte Andrej. Meruhe nickte nur.
»Hilf ihm«, verlangte Andrej.
»Du weißt, dass ich das nicht kann«, antwortete Meruhe traurig.
»Ich weiß, dass das nicht stimmt«, erwiderte Andrej. »Ich weiß, dass du es kannst. Ich habe gesehen, wie du einen Mann von den Toten zurückgeholt hast.«
Meruhe schwieg. Etwas geschah mit ihrem Gesicht, das er nicht in Worte fassen konnte, das ihn aber erschreckte.
Doch schließlich nickte sie knapp. »Ganz wie du willst.«
Andrej stand auf, um Ihr Platz zu machen, und Meruhe ließ sich neben dem fiebernden Mann auf die Knie nieder und legte erst die flache Hand auf seine Stirn und dann die andere auf seine Brust. Andrej konnte nicht sehen, was sie tat, und er füh l te auch nichts Außergewöhnliches, doch schon nach kurzer Zelt begann Marcus' rasselnder Atem sich zu beruhigen, auch sein gequältes Wimmern wurde leiser und verstummte schließlich ganz.
»Mehr kann Ich nicht tun.« Meruhe zog die Hand zurück und stand auf. Sie wankte leicht, und tiefe Erschöpfung malte sich auf Ihrem Gesicht ab. Was Immer sie getan hatte, mochte nur wenige Augenblicke gedauert haben, hatte sie aber dennoch sichtbar große Kraft gekostet. »Den Rest muss die Natur erl e digen. Wenn eure Götter der Meinung sind, dass er leben sollte, dann wird es wohl so sein.«
Wäre sie nicht derselben Meinung gewesen, dachte Andrej, hätte sie sich wohl kaum die Mühe gemacht, Marcus vom Dach des brennenden Turms zu tragen. Er schwieg jedoch.
»Wie lange bleiben wir hier?«, fragte Abu Dun, nachdem gerade genug Zelt verstrichen war, um das Schwelgen unbeha g lich werden zu lassen.
Meruhe schien In sich h i ne i nzulauschen, bevor sie antwort e te. »Nicht lange«, sagte sie. »Andrej muss sich ausruhen. Wir h a ben einen langen Weg vor uns, nahezu quer durch die Stadt. Und es könnte sein, dass wir angegriffen werden.«
»Dann hilf Ihm«, verlangte Abu Dun.
Meruhe schüttelte den Kopf. »Glaubst du, Ich hätte das nicht längst getan, wenn es möglich wäre?«, fragte sie.
Abu Dun sah vorwurfsvoll auf den schlafenden Marcus hi n ab, doch Meruhe schüttelte nur noch einmal heftiger den Kopf. »Das war etwas anderes«, sagte sie, bevor Abu Dun auch nur den Mund aufmachen konnte.
»Well sich dein Zauber verbraucht?«, spöttelte Abu Dun.
Meruhe funkelte Ihn an, und Andrej konnte Ihr ansehen, dass sie überlegte, ob diese Frage überhaupt den Atem wert war, den sie für eine Antwort benötigte. Schließlich tat sie es doch. »Wie viele eurer eigenen Art hast du getötet, Pirat?«
»Möglicherweise nicht genug«, sagte Abu Dun feindselig. »Warum?«
»Möchtest du, dass er auch so wird wie die, die du getötet hast?«
Zumindest seinem Gesichtsausdruck nach zu urteilen konnte Abu Dun mit dieser Antwort ebenso wenig anfangen wie A n drej, doch Meruhe gab Ihm gar nicht erst die Gelegenheit, eine weitere Frage zu stellen, sondern schnitt Ihm mit einer entspr e chenden Geste vorsorglich das Wort ab und wandte sich direkt an Andrej. »Ich muss noch etwas überprüfen. Du solltest die Zelt nutzen, um dich auszuruhen und zu Kräften zu
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